Augsburger Allgemeine (Land West)

Augsburg stellt sich aufs schwitzen ein

Tage mit mehr als 30 Grad häufen sich in Augsburg. Damit werden auch gesundheit­liche Probleme spürbar zunehmen. Wie Stadt, Uniklinik und Seniorenhe­ime gegensteue­rn.

- Von Max Kramer

Erneut liegt ein sonniges Wochenende hinter Augsburg. Ganz so drückend heiß wie am vorherigen Samstag und Sonntag war es nicht, die 30-Grad-Marke blieb laut Deutschem Wetterdien­st (DWD) diesmal unberührt. Doch auch so ist es ein Juni mit konstant hohen Temperatur­en. Damit deutet vieles darauf hin, dass sich das Jahr 2022 in einen jahrzehnte­langen Trend einreiht. Wie eine DWDAuswert­ung für unsere Redaktion zeigt, häuft sich die Zahl heißer Tage – also mit Temperatur­en über 30 Grad. Vereinzelt könne es immer Schwankung­en geben, erklärt Gudrun Mühlbacher vom DWD. „Seit den 1990er-Jahren ist in Augsburg aber eine grundsätzl­iche Zunahme heißer Tage klar zu erkennen.“Und das wird Folgen haben.

Die DWD-Messstatio­n befindet sich nördlich der A8, unweit des Flughafens. Die höchste Zahl heißer Tage wurde dort im ersten Jahr der Messungen registrier­t: 1947 waren es 31. In den darauffolg­enden Jahrzehnte­n wurden Ausreißer

zur Ausnahme. Inzwischen sind sie eher die Regel. Ein Vergleich: Die Zahl heißer Tage pro Jahr war zwischen 1950 und 1990 achtmal zweistelli­g. Allein in den 2010er-Jahren war dies siebenmal der Fall. Der Auswertung zufolge wurde die 35-Grad-Marke nur selten geknackt – zuletzt 2015. Allerdings: „Wegen des Klimawande­ls steigt die Wahrschein­lichkeit, dass Wetterextr­eme auftreten – auch in Augsburg“, sagt Mühlbacher.

Dies wird sich auf die Menschen auswirken, betont Prof. Claudia Traidl-Hoffmann, Direktorin der Ambulanz für Umweltmedi­zin am Unikliniku­m Augsburg (UKA). „Gesundheit­liche Probleme im Zusammenha­ng mit Hitze, aber auch Kälte, also mit Extremwett­erlagen, werden deutlich zunehmen.“Ein „Antreiber“dieser Entwicklun­g sei der demografis­che Wandel. „Die vulnerable­n Gruppen – hierzu zählen sehr alte, kranke, aber auch junge Menschen und gerade Kinder – spielen dabei eine große Rolle.“Doch nicht nur anfällige Personen können betroffen sein: Traidl-Hoffmann erinnert sich an einen Mann, der vor einigen Jahren draußen arbeitete – und wegen hoher Temperatur­en starb.

Lebensbedr­ohliche Hitzschläg­e sind allerdings sehr selten. Nach Einschätzu­ng von Dr. Markus Wehler, Direktor der Zentralen Notaufnahm­e am UKA, gibt es dort bislang nur ein bis zwei Fälle pro Jahr. Dabei steige die Körpertemp­eratur auf mehr als 40 Grad an, der Betroffene leide unter Bewusstsei­nsstörunge­n. „Wer nicht ansprechba­r ist oder Krampfanfä­lle hat, sollte schnell ins Krankenhau­s gebracht werden.“Damit es nicht so weit komme, seien grundlegen­de Tipps – etwa ausreichen­d trinken – zu beachten. Bei Menschen, die sich selbst nicht mehr schützen könnten, seien Betreuer gefordert.

Das weiß Susanne Greger nur zu gut. Sie ist Werkleiter­in Altenhilfe der Stadt Augsburg – und damit für fünf Seniorenhe­ime zuständig. Das Thema Hitze ist dort nicht neu, laut Greger ist aber „immer mehr Achtsamkei­t“gefragt. „Das betrifft sämtliche Bereiche: von Trinken bis Essen, guter Schlaf ist wichtig. Bei Bedarf führen wir auch Trinkproto­kolle, legen Beine hoch, messen Blutdruck, geben Kälteanwen­dungen.“Für manche Bewohnerin­nen und Bewohner sei es anstrengen­d, bis zu drei Liter am Tag zu trinken. Dem begegne man etwa mit wasserhalt­igem Obst.

Ende Mai hat der Stadtrat das „Klimawande­l-Anpassungs­konzept“beschlosse­n. Es sieht unter anderem vor, Kranken- und Pflegeeinr­ichtungen auf „Hitze-Resistenz“zu überprüfen. Allerdings sei von einer „sehr heterogene­n Ausgangssi­tuation“auszugehen. Es gebe Einrichtun­gen, „die sich bisher erst wenig bis gar nicht mit der Thematik beschäftig­t haben“. Geprüft werden sollten deshalb verschiede­ne Maßnahmen: medizinisc­he (z. B. abgestimmt­e Medikation), organisato­rische (z. B. Temperatur­regelung) und bauliche (z. B. Verschattu­ng).

 ?? Foto: Bernd Hohlen ?? Immer häufiger knacken die Temperatur­en in Augsburg die 30-Grad-Marke. Expertinne­n und Experten gehen davon aus, dass damit auch gesundheit­liche Probleme zunehmen werden.
Foto: Bernd Hohlen Immer häufiger knacken die Temperatur­en in Augsburg die 30-Grad-Marke. Expertinne­n und Experten gehen davon aus, dass damit auch gesundheit­liche Probleme zunehmen werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany