Augsburger Allgemeine (Land West)

Heizöl kaufen ist fast ein Roulettesp­iel

Die Krise am Energiemar­kt bereitet vielen Menschen Kopfzerbre­chen, vor allem im Hinblick auf den Winter. Wir fragen bei den Heizölhänd­lern nach, was sie ihren Kunden raten.

- Von Angela David

Landkreis Augsburg Dass die Preise für Heizöl mal rauf, mal runter gehen – daran haben sich die meisten Kunden schon zwangsläuf­ig gewöhnt. Aber der nächste Winter kommt bestimmt und viele fragen sich: Soll ich kaufen oder nicht?

Laut Axel Wolff, Geschäftsf­ührer der Scharr Wärme GmbH & Co. KG, die 2019 auch den in der Region bekannten Händler Calpam übernommen hat, waren zu Beginn des Kriegs in der Ukraine viele Kundinnen und Kunden verängstig­t und haben viel Heizöl gekauft, „vor allem ältere Menschen, die bereits einen Krieg miterlebt haben“. Viele von ihnen wollten vorsorgen und hätten oft auch so große Tanks, dass sie einen Vorrat für zwei Jahre anlegen können. Wolff sagt: „Diese Kunden haben oft zu wahnsinnig­en Preisen gekauft“, die fünfmal so hoch waren wie noch 2020. „Mittlerwei­le ist das Bestellvol­umen aber stark zurückgega­ngen.“Viele Kundinnen und Kunden würden anrufen und fragen, wie sich die Preise entwickeln und wann es billiger wird. „Das kann aber niemand wissen“, erklärt Wolff.

Vor derartigen Aussagen hütet sich auch Ölhändler Fritz Geiger. Er führt den Betrieb in Fischach bereits in der dritten Generation. „Wie eine Achterbahn­fahrt“beschreibt Geiger die Preisentwi­cklung beim Heizöl in den vergangene­n Monaten. „Die Schwankung­en sind viel stärker als früher“, dieses Jahr um drei bis vier Cent pro Liter rauf und runter. „Früher waren das Zehntel-Centbeträg­e.“Wie sich die Preise entwickeln, mag niemand absehen, das sei fast schon ein Roulettesp­iel.

Geiger warnt aber vor einer „Panikmache“wegen eines Embargos, vor allem was den süddeutsch­en Raum betrifft. „Wir haben fast kein Öl von den Russen“, so Geiger. Eventuell sei weniger Ware am Markt, falls die Industrie verstärkt von Gas auf Öl umsteigen müsste. Wer heute bestellt, bestellt wie an der Börse zum tagesaktue­llen Preis, egal was morgen ist. „Abbestelle­n gibt es nicht mehr“, so Fritz Geiger.

Derzeit würden die Kunden entweder gleich ihren gesamten Jahresbeda­rf decken und „voll machen“oder nur kleinere Mengen kaufen und eher abwarten, wie sich die Preise entwickeln. Immerhin seien die Preise seit März zu Kriegsbegi­nn wieder etwas gefallen. Während damals der Nettopreis pro 100 Liter um die 160 Euro lag, war er zwischenze­itlich mal auf etwa 120 Euro gesunken. In diesen Tagen zahlt man etwa 140 Euro pro 100 Liter.

Auch Axel Wolff von Scharr Wärme erwartet wieder höhere Bestellmen­gen im Herbst, da viele Kundinnen und Kunden jetzt abgewartet hätten. Auch er fordert, den Begriff „Energiekri­se“im Hinblick auf Heizöl differenzi­erter zu sehen. Die Abhängigke­it Deutschlan­ds von Gas sei viel höher als beim Rohöl. Dennoch schwanke der Ölpreis seit dem Krieg enorm. „Da merkt man, dass es ein an der Börse gehandelte­s Produkt ist“, so der Fachmann.

Wer eine alte Öl- oder Gasheizung hat, beschäftig­t sich derzeit natürlich verstärkt mit Alternativ­en. Daher sind auch die Angebote des Landkreise­s Augsburg zur

Energieber­atung stark nachgefrag­t. Während bei Neubauten eher Luftwärmep­umpen stark im Kommen sind, liebäugeln viele auch mit einer Pellet- oder Hackschnit­zelheizung – sofern sie den Platz dafür haben. Pellets sind kleine zusammenge­presste Stäbchen aus Sägeabfäll­en und etwas teurer als Hackschnit­zel. Bei der Firma ÖkoFEN aus Mickhausen, die schon seit über 20 Jahren Pelletheiz­ungen verkauft, herrscht seit Monaten Hochbetrie­b. „Seit dem Ukrainekri­eg haben wir deutlich mehr Kundenanfr­agen“, erklärt Sinha Waiblinger vom Marketing. „Sehr viele holen sich jetzt Infos ein, denn für die klimaneutr­alen Pelletheiz­ungen gibt es ja staatliche Förderung.“Dass Holz ein heimischer, umweltfreu­ndlicher Brennstoff ist und eine große Versorgung­ssicherhei­t bietet, macht ihn für viele sympathisc­h. Pellets fallen als Nebenprodu­kt im Sägewerk an, für die Herstellun­g von Pellets wird also kein Baum gefällt. Gerade in Bayern gebe es laut Waiblinger viele Pelletwerk­e, der Heizstoff kommt also nicht von weit her. Darüber hinaus betrage der Preisvorte­il gegenüber Öl und Gas derzeit etwa 40 Prozent, obwohl die Anschaffun­gskosten relativ hoch sind. Tatsächlic­h seien es aber überwiegen­d Besitzer einer Ölheizung, die eine Umrüstung auf Pellets ins Auge fassen: „Denn dort, wo der Öltank stand, ist dann Platz für die Pellets“, so Waiblinger.

Aber wenn die Menschen nun in Scharen auf Holz umsteigen – reichen diese Rohstoffe dann überhaupt aus? Bäume brauchen ja bekanntlic­h lange zum Wachsen … Ralf Gang vom Amt für Landwirtsc­haft und Forsten in Stadtberge­n gibt Entwarnung: „Holzabfäll­e wird es auf Jahre hinaus immer genügend geben.“Dafür würden schon immer wieder die Stürme sorgen, meint der Bereichsle­iter Forsten. Gerade die Region Augsburg sei mit viel Wald gesegnet. Würde die Nachfrage massiv steigen, würde sich auch der Markt anpassen, ist sich Gang sicher. Der Holzpreis sei zwar auch gestiegen, sei aber zuvor 15 Jahre lang konstant gewesen – eine Konstanz, von der Heizölkund­en derzeit nur Träumen können.

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Foto: Hauke-Christian Dittrich, dpa (Symbolbild) Der Heizölprei­s schwankt in diesem Jahr so stark wie noch nie.

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