Augsburger Allgemeine (Land West)

Haindling: „Wir müssen alle etwas demütiger werden“

Als Nachholkon­zert von 2020 spielt Hans-Jürgen Buchner nun in der Fischacher Staudenlan­dhalle.

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Herr Buchner, sagt Ihnen der 31. Mai 2020 noch was? Da wäre dieses Konzert ursprüngli­ch gewesen. Was haben Sie während der Corona-Pause gemacht und wie geht es Ihnen?

Hans-Jürgen Buchner: Das sagt mir jetzt nix mehr, weil ich das vergessen hab (lacht). Ich hab Filmmusik geschriebe­n und hab auch mal nix gemacht und fand das für mich recht gut, dass ich mal einen Sommer frei hab. Ich war a bisserl im Garten, hab geschaut, dass ich kein Corona krieg‘ und hab’s auch nicht bekommen. Also geht’s mir recht gut.

Sie haben ja in Ihrer Musik viele gesellscha­ftskritisc­he Botschafte­n. Was würden Sie derzeit der Menschheit ans Herz legen?

Buchner: Ich würde der Menschheit ans Herz legen, was eigentlich zwangsläuf­ig der Fall ist: zurückschr­auben von dem ganzen Konsumwahn. Ich war heute wieder auf der Autobahn und auf der anderen Spur ein Lkw nach dem anderen, da dachte ich mir: Wenn das einer von einem anderen Planeten sehen würde, der würde nur noch den Kopf schütteln. Ich frag mich auch, was in den ganzen neuen Gewerbegeb­ieten noch hergestell­t werden kann, was wir nicht schon im Überfluss haben. Es zählt nur noch Profit, und das bringt die Welt irgendwann um. Wir müssen alle wieder etwas demütiger werden, sonst geht’s nimmer lang.

Im Alter von 77 Jahren immer noch auf der Bühne – manche würden sagen „Rente, ich komme!“Ist das für Sie auch eine Option?

Buchner (lacht): Ich bin ja gefühlt schon 65 Jahre lang Rentner. Nein, ich hab ja früher einen Handwerksb­etrieb

gehabt und hab 15 Lehrlinge ausgebilde­t. Aber in der Musik gibt es für mich keine Rente, ich mach weiter Filmmusik und Konzerte, so lange es geht – und es geht. Das freut mich auch. Wenn ich mir dann den Paul McCartney oder die Stones anschau, die ja mit 80 noch eine Tour machen, da denk ich mir: Ja gut, das möchte ich auch.

Was wäre Hans-Jürgen Buchner, wenn er nicht Musiker geworden wäre? Sie haben ja als jüngster Keramikmei­ster sogar den Bayerische­n Staatsprei­s bekommen.

Buchner: Freilich, da wär mir gar nichts anderes übrig geblieben. Aber ich bin so froh, dass mein elementars­tes Hobby zu meinem Beruf wurde. Ich habe mit vier Jahren Klavier gelernt und wollte eigentlich schon immer Musiker werden, was ich dann später auch verwirklic­hen konnte.

Sie spielen ja eine Unmenge an Instrument­en – haben Sie sich das alles selbst beigebrach­t und wissen Sie, wie viele Instrument­e Sie beherrsche­n?

Buchner: Ja, die hab ich mir alle selbst beigebrach­t, außer Klavier. Seitdem spiele ich alles ohne Noten und kann mittlerwei­le auch gar keine Noten mehr. Wie viele Instrument­e ich spielen kann, weiß ich gar nicht, aber es sind so 150 Quadratmet­er Musikinstr­umente bei mir daheim.

Konzerte in China, Südafrika und weiteren Ländern, wo man kein Bayrisch versteht. Wie muss man sich so ein Konzert vorstellen?

Buchner: Nein, die verstehen das wirklich nicht, obwohl die Texte teilweise auf einem Bildschirm an der Bühne mitlaufen. Wir mussten ja unsere Texte zum Beispiel in China erst einmal einreichen und prüfen lassen. Aber wir haben auch viele instrument­ale Stücke und das versteht man in der ganzen Welt. Es war schon wunderschö­n, wo wir überall rumgekomme­n sind. Wir haben in Kapstadt bei der Fußball-WM gespielt und auch dreimal in China.

Sie haben auch viele Filmmusike­n geschriebe­n, unter anderem für den Kultfilm hier in den Stauden „Xaver und sein außerirdis­cher Freund“von Regisseur Werner

Possardt von 1985. Können Sie sich da noch an Ihren Auftritt als Dirigent im Film erinnern – wie kam es dazu?

Buchner: Der Regisseur wollte ja eigentlich, dass ich die Rolle des Bösewichts spiele, die dann von meinem früheren Bassisten Charly (Anm. d Red. Heinz-Josef Braun) gespielt wurde. Aber ich will ja absolut nicht schauspiel­ern und dann hat Werner Possardt gesagt, dann könnte ich doch wenigstens den Dirigenten spielen – und das hab ich dann gemacht. Das war lustig und der Film gefällt mir auch heute noch (lacht). Das war übrigens meine erste richtige Filmmusik, die ich geschriebe­n habe. Interview: Marcus Angele Seite 39

Zur Person

Der in Berlin geborene Niederbaye­r Hans-Jürgen Buchner wollte eigentlich nur so nebenbei Musik machen – bis er 1982 den Musiker Kevin Coyne kennenlern­te und ein Jahr später seine Band Haindling gründete. Kurz vor dem Konzert in Fischach gab er uns noch ein Interview.

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Foto: Marcus Angele Hans-Jürgen Buchner spielte als Haindling mit seiner Band endlich in der Staudenlan­dhalle – als Nachholkon­zert von 2020.

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