Augsburger Allgemeine (Land West)
Mordanschlag auf Cristina Kirchner
Die argentinische Vizepräsidentin bleibt unverletzt
Buenos Aires Argentiniens ehemalige Präsidentin Cristina Kirchner ist nach Angaben des heutigen Staatschefs Alberto Fernández nur knapp einem Mordanschlag entgangen. Ein bewaffneter Mann hielt der 69-Jährigen am Donnerstagabend (Ortszeit) vor ihrem Haus in Buenos Aires eine geladene Waffe ins Gesicht. Fernández berichtete später in einer Fernsehansprache an die Nation, dass der Angreifer auch den Abzug gezogen habe. Es habe sich aber kein Schuss gelöst. Der mutmaßliche Attentäter wurde festgenommen. Kirchner blieb nach Medienberichten unverletzt. Kirchner war Präsidentin des Landes von 2007 bis 2015 und hat auch heute noch großen Einfluss. Sie steht für den linken Flügel der derzeitigen Regierungskoalition.
Auf Videos ist zu sehen, wie die Politikerin gegen 21.00 Uhr vor ihrem Wohnhaus im eleganten Stadtteil Recoleta eintrifft. Dort warten – wie seit Tagen – zahlreiche Anhänger auf sie. Plötzlich zielt ihr aus der Menschenmenge heraus jemand aus nächster Nähe ins Gesicht. Sie duckt sich und hält schützend die Hand hoch. Augenzeugen berichteten, auch das Abdrücken des Abzugs sei zu hören gewesen. Der 35 Jahre alte Mann – angeblich ein Brasilianer – sei von Anwesenden sowie den Leibwächtern der Politikerin überwältigt und später festgenommen worden. Zudem sei eine Pistole des Kalibers 32 gefunden worden. Die Hintergründe waren zunächst unklar. Fernández sprach vom schwerwiegendsten politischen Vorfall seit dem Ende der Militärdiktatur
(1976–1983) in Argentinien. Der Staatschef erklärte den Freitag kurzfristig zum Feiertag, weil der soziale Frieden in dem südamerikanischen Land gestört worden sei. Kirchners Anwalt Gregorio Dalbón sagte örtlichen Medien, der Angriff sei ein Resultat des Hasses und öffentlicher Drohungen gegen die Politikerin. „Diese wurden bislang als Spaß abgetan“, kritisierte er. Nun müsse alles vollständig aufgeklärt werden.
Vor Kirchners Haus hatten sich in den vergangenen Tagen chaotische Szenen abgespielt. Zahlreiche Anhänger kampieren als Unterstützung für die ebenso populäre wie umstrittene Politikerin derzeit auf der Straße. In einem Korruptionsprozess gegen Kirchner hatte die Staatsanwaltschaft kürzlich zwölf Jahre Haft und eine lebenslange Sperre für öffentliche Ämter gefordert. Sie soll Anführerin einer kriminellen Vereinigung gewesen sein und den Staat um umgerechnet etwa eine Milliarde Euro gebracht haben. Gemeinsam mit ihrem Mann habe sie einem befreundeten Bauunternehmer ohne Ausschreibung eine ganze Reihe von öffentlichen Aufträgen beschafft, hieß es. Ein Teil der überhöhten Baukosten floss demnach später wieder an das Paar zurück. Die Vizepräsidentin weist die Vorwürfe zurück und wirft der Justiz vor, aus politischen Motiven gegen sie zu ermitteln. (dpa)