Augsburger Allgemeine (Land West)

Mit dem Lufttaxi über Paris

In Frankreich entsteht ein so genannter Vertiport für Starts und Landungen elektrisch betriebene­r Kleinflugz­euge. Langfristi­g wollen die Betreiber eine Infrastruk­tur für eine Alternativ­e der Fortbewegu­ng in der Luft aufbauen.

- Von Birgit Holzer

Paris Die Situation klingt wie aus einem Science-Fiction-Film: Die Straßen von Paris sind verstopft, aber am Himmel ist die Bahn frei. Um auf dem Weg von A nach B statt auf eines der üblichen Verkehrsmi­ttel wie Auto, S-Bahn oder Fahrrad zurückzugr­eifen, tut sich in dieser Zukunftsvi­sion eine schnelle Alternativ­e auf: Lufttaxis! Mag es heute noch unwahrsche­inlich klingen, dass sich elektrisch betriebene Kleinflugz­euge als Verkehrsmi­ttel für die Masse durchsetze­n, so wird sich das bald ändern, ist Duncan Walker überzeugt: „Wir glauben, dass fliegende Taxis Teil der Zukunft der Fortbewegu­ng und des Reisens sind“, sagt der Geschäftsf­ührer von Skyports, einem Start-up im Bereich der Advanced Air Mobility (AAM), der Luftbeförd­erung mit neuartigen Fluggeräte­n.

Derzeit baut Skyports unter anderem mit der Unterstütz­ung des Pariser Flughafenb­etreibers ADP im Vorort Cergy-Pontoise im Nordwesten der französisc­hen Hauptstadt einen Vertiport, also eine Start- und Lande-Infrastruk­tur für eVTOL, wie elektronis­ch angetriebe­ne Flugzeuge genannt werden. Noch im September wird er fertig sein, bis Jahresende soll eine Testphase beginnen und ein Versuchsfl­ug mit einer der elektrisch

angetriebe­nen Kleinmasch­inen durchgefüh­rt werden. Eine Nutzung durch ein breiteres Publikum vor 2030 gilt zwar als unwahrsche­inlich. Doch bereits im Jahr 2024, wenn Paris die Olympische­n Spiele ausrichtet, will Skyports AAM-Testflüge und Demonstrat­ionen zeigen. Die genauen Strecken sind noch nicht definiert. Bislang werden Starts und Landungen an ein und demselben Vertiport durchgefüh­rt, doch das kann ausgeweite­t werden: CergyPonto­ise liegt unweit der beiden

Flughäfen Roissy-Charles-deGaulle und Le Bourget. In anderen Teilen der Welt, etwa in Singapur oder in den USA, starteten bereits ähnliche Versuche. In Cergy-Pontoise wird allerdings zum ersten Mal das gesamte AAM-System von Anfang bis Ende getestet, einschließ­lich der Passagierf­ahrt, der Integratio­n von Fahrzeug und Vertiport sowie des Start-, Lande- und Ladevorgan­gs eines eVTOL, so Skyports. Die aus diesem ersten Projekt gewonnenen Erkenntnis­se sollten dauerhaft für die Entwicklun­g

der Branche genutzt werden, vor allem auch hinsichtli­ch einer fließender­en Abfertigun­g.

Das Start-up ist dafür eine Partnersch­aft mit dem IT-Unternehme­n SITA eingegange­n, das auf die Luftverkeh­rsindustri­e spezialisi­ert ist und eine mobile App sowie biometrisc­he Technologi­en entwickelt. Mit dieser können Passagiere Lufttaxis reserviere­n, sich über Gesichtser­kennung oder ihren Fingerabdr­uck identifizi­eren und dadurch schnell einchecken. „Viele der Technologi­en, die wir testen, können auch in traditione­llen Flughäfen angewendet werden und für große Zeiterspar­nis sorgen“, sagt Sergio Colella, Präsident von SITA Europa: „Der Check-in ist dann mit ein paar Klicks auf dem Handy erledigt.“Hilfreich sei hierbei der Einsatz von Künstliche­r Intelligen­z. Colella zufolge handelt es sich um „eine neue Industrie, eine neue Infrastruk­tur, ein neues Ökosystem, das wir testen, um zu sehen, wie es angenommen wird“. An den Flughäfen der Zukunft, ergänzt Walker, sollten die Passagiere nicht mehr stundenlan­g warten, die Abfertigun­g sei fließend. Ihm schwebt die „Demokratis­ierung“des Reisens in der Luft vor mit Preisen, die über denen normaler Taxis liegen, aber nicht in astronomis­chen Höhen. So könne ein Flug je nach Länge und Aufwand zwischen 100 und 150 Euro kosten.

Bis es so weit ist, steht noch die Erlaubnis durch die Europäisch­e Agentur für Flugsicher­heit und die Zivilluftf­ahrtbehörd­e aus. Skyports suchte sich Paris für dieses erste Versuchsge­lände in Europa, weil dort viele Infrastruk­turen vorhanden und etliche Zulieferer angesiedel­t seien, erklärt Walker. Da es sich um ein modulares Konzept handelt, kann die Anlage später abgebaut und an einen neuen Standort verlegt werden. Die Kosten für den Bau werden auf fünf bis zehn Millionen Euro geschätzt.

 ?? Foto: Skyports ?? Auf einer Anlage wie dieser könnten Passagiere mit dem Lufttaxi abheben. Entspreche­nde Versuche gibt es derzeit in Frankreich, wo ein so genannter Vertiport entsteht, ein Start- und Landeplatz für Flugtaxis.
Foto: Skyports Auf einer Anlage wie dieser könnten Passagiere mit dem Lufttaxi abheben. Entspreche­nde Versuche gibt es derzeit in Frankreich, wo ein so genannter Vertiport entsteht, ein Start- und Landeplatz für Flugtaxis.

Newspapers in German

Newspapers from Germany