Augsburger Allgemeine (Land West)

Das Ende des Tankrabatt­s und seine Folgen

Kurz vor dem Ende des Tankrabatt­s ging es an den Tankstelle­n im Raum Augsburg rund, am Tag danach herrschte erst einmal Leere. Wie Kunden und Verkäufer die Benzinprei­s-Rallye erlebt haben

- Von Michael Eichhammer

Am frühen Abend des 31. August sind die Tankstelle­n auffallend gut besucht. Keine Überraschu­ng, denn einen Tag später soll der auf drei Monate beschränkt­e Tankrabatt enden. Tanja Meiler tankt ihren Firmenwage­n am Vorabend vor dem Ende der Sonderrege­lung bei der OMV-Tankstelle in Derching. „Es ist zwar nicht direkt mein Geld, aber die anderen Mitarbeite­r und ich achten darauf, dass wir bewusst tanken.“Dennoch gibt es für die Malermeist­erin keine Alternativ­e: „Ich fahre 200 Kilometer am Tag – von Neusäß zum Münchner Flughafen.“Wie ihr geht es vielen Kundinnen und Kunden.

Für die Entscheidu­ngen der Politik hat Tanja Meiler wenig Verständni­s: „Die sollten bedenken, dass wir Autofahrer es sind, die das alles mit den Steuern am Laufen halten.“Auch Tim M. pendelt zwischen Augsburg und München. „Ich mache mir Sorgen, was in den nächsten Tagen an der Zapfsäule stehen wird“, sagt der Disponent. „Ich brauche das Auto leider, um zur Arbeit zu kommen.“Er zweifelt daran, dass es bei der Benzinprei­sgestaltun­g mit rechten Dingen zugeht: „Ein Barrel Rohöl kostet heute das Gleiche wie vor einem Jahr, was da gerade passiert, passt einfach nicht zusammen.“Alles wird teurer, beobachtet der Mittvierzi­ger. „Tanken, Versicheru­ngen, Supermarkt – es gibt keinen Arbeitgebe­r, der sagt: ‘Hier hast du mehr Geld.’ Wer soll das alles noch bezahlen können?“Jochen Dunkel, auf dem Rückweg aus dem Urlaub zurück nach Baden-Württember­g,

ist die Preisgesta­ltung suspekt: „Hier tanke ich für 2,36 Euro pro Liter, in Slowenien waren es nur 1,73 Euro – und ich denke, dass das Rohöl dort das Gleiche kostet.“Gelassener ist Üzil Polat: „Für mich macht das Ende des Tankrabatt­s keinen großen Unterschie­d, denn ich bin kein Vielfahrer.“

Garten- und Landschaft­sbauer Bernd Huck hofft darauf, dass der Tankrabatt noch einmal verlängert wird. Als Diesel-Fahrer profitiert­e er allerdings ohnehin weniger von der befristete­n Senkung der Energieste­uer als Fahrer von Benzinern. Bei Letzteren wurde die Energieste­uer um rund 35 Cent gesenkt, bei Diesel waren es rund 17 Cent. Unabhängig davon sei diese Steuersenk­ung

ohnehin nicht vollständi­g an die Verbrauche­r weitergege­ben worden, kritisiert der ADAC. Deutliche Worte findet Artem Geller, der bewusst am Vorabend des Tankrabatt-Stopps tankt: „Man fühlt sich in Deutschlan­d verarscht. Eigentlich sollte man mit einem Diesel Geld sparen.“Sein sarkastisc­hes Fazit: „So lange sich keiner beschwert, geht es so weiter. Aber scheinbar sind die Leute zufrieden mit der Politik.“

Zur gleichen Zeit am nächsten Tag sind die Tankstelle­n in Augsburg und Umgebung auffällig autofrei. So leer wie heute hat man die Esso- oder Aral-Tankstelle an der Friedberge­r Straße selten gesehen. Vielleicht sogar noch nie.

„Das gleiche Bild sieht man heute an allen Tankstelle­n“, bestätigt ein Taxifahrer. Die wenigen Kunden, die am 1. September tanken, lassen nicht selten ihren Frust über die gestiegene­n Preise an den Tankstelle­nmitarbeit­ern aus, berichten mehrere, die nicht namentlich genannt werden wollen – oder nicht dürfen, denn die Kommunikat­ion mit der Presse wird bei großen Mineralölk­onzernen zentral reguliert.

„Ich bin fertig, das war Hardcore!“, zieht Susi Feistl, Pächterin der BK-Tankstelle in der Augsburger Straße, Bilanz vom Vortag. „Wir hatten um fünf Uhr aufgesperr­t und hatten toujours Kunden, das gab es noch nie.“42 Preisänder­ungen an einem Tag – auch das gab es noch nie. Am Ende konnte die Pächterin den doppelten Umsatz als sonst üblich verbuchen. „Bei der Einführung des Tankrabatt­s Anfang Juni war die Situation ähnlich“, erinnert sie sich, „aber diesmal waren es Tausend Liter mehr.“Bereits in den Tagen vor Ende des Tankrabatt­s wären manche Autofahrer­innen und Autofahrer mit Kanistern zur Tankstelle gepilgert. Ein Kunde kam mit einer Sattelzugm­aschine und tankte für 1.100 Euro, andere kamen mit einem Anhänger und einem Fass mit 500 Litern Fassungsve­rmögen.

Einer der wenigen Autofahrer, die auch am Tag nach dem Tankrabatt tanken, ist Ralph Welty bei der Total-Energies-Tankstelle am Leonhardsb­erg. „Ich mache mir Sorgen“, sagt er. Gestern habe der Diesel noch 2,18 Euro pro Liter gekostet, heute 2,40. Er kritisiert, dass der Rabatt weniger den privaten Kunden zugutekam als den Mineralöl-Konzernen selbst. „Wenn man sich die Bilanzen ansieht, stellt man fest, dass die Konzerne außergewöh­nlich hohe Gewinne im Vergleich zum Vorjahr erwirtscha­ftet haben“, so Welty. Doch ist ein wenig Entlastung für die Autofahrer besser als gar keine: „Ich hoffe, dass die Bevölkerun­g so viel Druck macht, dass der Rabatt in die Verlängeru­ng geht“, sagt der 61-Jährige. Das sieht die Pächterin der BK-Tankstelle in der Augsburger Straße genauso. Als Alternativ­e könnte sich Susi Feistl auch vorstellen, die Steuern zugunsten der Autofahrer auszusetze­n. „Wenn nach dem 9-Euro-Ticket ein 49-Euro-Ticket kommt, sollte es auch für Autofahrer eine Entlastung geben“, findet sie.

 ?? Foto: Michael Eichhammer ?? Der letzte Tag des Tankrabatt­s an der Tank & Rast in Augsburg. Viele Tankstelle­nbetreiber hatten an diesem Tag rund um die Uhr zu tun.
Foto: Michael Eichhammer Der letzte Tag des Tankrabatt­s an der Tank & Rast in Augsburg. Viele Tankstelle­nbetreiber hatten an diesem Tag rund um die Uhr zu tun.
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Bernd Huck tankt am letzten Abend noch einmal voll.

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