Augsburger Allgemeine (Land West)
Das Ende des Tankrabatts und seine Folgen
Kurz vor dem Ende des Tankrabatts ging es an den Tankstellen im Raum Augsburg rund, am Tag danach herrschte erst einmal Leere. Wie Kunden und Verkäufer die Benzinpreis-Rallye erlebt haben
Am frühen Abend des 31. August sind die Tankstellen auffallend gut besucht. Keine Überraschung, denn einen Tag später soll der auf drei Monate beschränkte Tankrabatt enden. Tanja Meiler tankt ihren Firmenwagen am Vorabend vor dem Ende der Sonderregelung bei der OMV-Tankstelle in Derching. „Es ist zwar nicht direkt mein Geld, aber die anderen Mitarbeiter und ich achten darauf, dass wir bewusst tanken.“Dennoch gibt es für die Malermeisterin keine Alternative: „Ich fahre 200 Kilometer am Tag – von Neusäß zum Münchner Flughafen.“Wie ihr geht es vielen Kundinnen und Kunden.
Für die Entscheidungen der Politik hat Tanja Meiler wenig Verständnis: „Die sollten bedenken, dass wir Autofahrer es sind, die das alles mit den Steuern am Laufen halten.“Auch Tim M. pendelt zwischen Augsburg und München. „Ich mache mir Sorgen, was in den nächsten Tagen an der Zapfsäule stehen wird“, sagt der Disponent. „Ich brauche das Auto leider, um zur Arbeit zu kommen.“Er zweifelt daran, dass es bei der Benzinpreisgestaltung mit rechten Dingen zugeht: „Ein Barrel Rohöl kostet heute das Gleiche wie vor einem Jahr, was da gerade passiert, passt einfach nicht zusammen.“Alles wird teurer, beobachtet der Mittvierziger. „Tanken, Versicherungen, Supermarkt – es gibt keinen Arbeitgeber, der sagt: ‘Hier hast du mehr Geld.’ Wer soll das alles noch bezahlen können?“Jochen Dunkel, auf dem Rückweg aus dem Urlaub zurück nach Baden-Württemberg,
ist die Preisgestaltung suspekt: „Hier tanke ich für 2,36 Euro pro Liter, in Slowenien waren es nur 1,73 Euro – und ich denke, dass das Rohöl dort das Gleiche kostet.“Gelassener ist Üzil Polat: „Für mich macht das Ende des Tankrabatts keinen großen Unterschied, denn ich bin kein Vielfahrer.“
Garten- und Landschaftsbauer Bernd Huck hofft darauf, dass der Tankrabatt noch einmal verlängert wird. Als Diesel-Fahrer profitierte er allerdings ohnehin weniger von der befristeten Senkung der Energiesteuer als Fahrer von Benzinern. Bei Letzteren wurde die Energiesteuer um rund 35 Cent gesenkt, bei Diesel waren es rund 17 Cent. Unabhängig davon sei diese Steuersenkung
ohnehin nicht vollständig an die Verbraucher weitergegeben worden, kritisiert der ADAC. Deutliche Worte findet Artem Geller, der bewusst am Vorabend des Tankrabatt-Stopps tankt: „Man fühlt sich in Deutschland verarscht. Eigentlich sollte man mit einem Diesel Geld sparen.“Sein sarkastisches Fazit: „So lange sich keiner beschwert, geht es so weiter. Aber scheinbar sind die Leute zufrieden mit der Politik.“
Zur gleichen Zeit am nächsten Tag sind die Tankstellen in Augsburg und Umgebung auffällig autofrei. So leer wie heute hat man die Esso- oder Aral-Tankstelle an der Friedberger Straße selten gesehen. Vielleicht sogar noch nie.
„Das gleiche Bild sieht man heute an allen Tankstellen“, bestätigt ein Taxifahrer. Die wenigen Kunden, die am 1. September tanken, lassen nicht selten ihren Frust über die gestiegenen Preise an den Tankstellenmitarbeitern aus, berichten mehrere, die nicht namentlich genannt werden wollen – oder nicht dürfen, denn die Kommunikation mit der Presse wird bei großen Mineralölkonzernen zentral reguliert.
„Ich bin fertig, das war Hardcore!“, zieht Susi Feistl, Pächterin der BK-Tankstelle in der Augsburger Straße, Bilanz vom Vortag. „Wir hatten um fünf Uhr aufgesperrt und hatten toujours Kunden, das gab es noch nie.“42 Preisänderungen an einem Tag – auch das gab es noch nie. Am Ende konnte die Pächterin den doppelten Umsatz als sonst üblich verbuchen. „Bei der Einführung des Tankrabatts Anfang Juni war die Situation ähnlich“, erinnert sie sich, „aber diesmal waren es Tausend Liter mehr.“Bereits in den Tagen vor Ende des Tankrabatts wären manche Autofahrerinnen und Autofahrer mit Kanistern zur Tankstelle gepilgert. Ein Kunde kam mit einer Sattelzugmaschine und tankte für 1.100 Euro, andere kamen mit einem Anhänger und einem Fass mit 500 Litern Fassungsvermögen.
Einer der wenigen Autofahrer, die auch am Tag nach dem Tankrabatt tanken, ist Ralph Welty bei der Total-Energies-Tankstelle am Leonhardsberg. „Ich mache mir Sorgen“, sagt er. Gestern habe der Diesel noch 2,18 Euro pro Liter gekostet, heute 2,40. Er kritisiert, dass der Rabatt weniger den privaten Kunden zugutekam als den Mineralöl-Konzernen selbst. „Wenn man sich die Bilanzen ansieht, stellt man fest, dass die Konzerne außergewöhnlich hohe Gewinne im Vergleich zum Vorjahr erwirtschaftet haben“, so Welty. Doch ist ein wenig Entlastung für die Autofahrer besser als gar keine: „Ich hoffe, dass die Bevölkerung so viel Druck macht, dass der Rabatt in die Verlängerung geht“, sagt der 61-Jährige. Das sieht die Pächterin der BK-Tankstelle in der Augsburger Straße genauso. Als Alternative könnte sich Susi Feistl auch vorstellen, die Steuern zugunsten der Autofahrer auszusetzen. „Wenn nach dem 9-Euro-Ticket ein 49-Euro-Ticket kommt, sollte es auch für Autofahrer eine Entlastung geben“, findet sie.