Augsburger Allgemeine (Land West)
Im Binswanger-Zelt übernimmt die nächste Generation
Thomas Kempter und Monika Hatzelmann samt Partnern haben von ihren Eltern das Festzelt auf dem Plärrer übernommen. Sie arbeiten als Team – es darf aber auch mal krachen.
Das Bierzelt ist ihre Welt. Thomas Kempter und seine Schwester Monika Hatzelmann haben gemeinsam mit ihren Partnern in diesem Jahr die Geschäfte im BinswangerZelt übernommen. Für die Geschwister aus der Festwirtsfamilie Binswanger-Kempter stand etwas anderes nie zur Diskussion. „Das ist unser Leben“, sagt die 37-Jährige. Im Team wollen sie die Arbeit ihrer Großeltern und Eltern fortführen.
2022 ist für die beiden Paare ein besonderes Jahr. Nicht nur dass sie nach zwei Jahren Corona-Pause wieder Gäste in ihrem Bierzelt begrüßen können – nun tragen sie auch die Verantwortung für das Geschäft. „Man merkt den Unterschied schon“, sagt Thomas Kempter. Etwa als er beim Fassanstich am Anfang des Osterplärrers seine erste Ansprache hielt. „Da war ich natürlich nervös. Aber ich wusste, dass das jetzt eben so ist und mit dazugehört.“Die Verantwortung wurde auf mehrere Schultern verteilt: Thomas Kempter kümmert sich um Auf- und Abbau, den Ausschank, die Sicherheit und ist überall dort zu finden, „wo es brennt“. In den Bereich seiner Frau Sonja falle Küche, Dekoration und Bestellungen.
Buchhaltung, Büro und Bar werden von Monika Hatzelmann betreut, ihr Mann Markus ist verantwortlich für die Licht- und Tontechnik. Die vier neuen Zeltchefs sind ein eingespieltes Team, wo es zwischendurch aber auch mal krachen darf. „Klar trifft man im Stress nicht immer den richtigen Ton. Aber das ist schnell vergessen“, sagt Sonja Kempter. Alle „großen Entscheidungen“treffe man gemeinsam. Momentan sind bei diesen Treffen die Eltern Reiner und Angelika Kempter noch dabei. „Sie wollten nach der Corona-Pause nicht mehr in Erscheinung treten“, erklärt ihr Sohn Thomas.
Die offizielle Geschäftsübergabe soll Ende des Jahres erfolgen.
Seit 1997 betreibt die Familie ihr Zelt auf dem Augsburger Plärrer. Zuerst die Großeltern und Eltern – jetzt tritt die nächste Generation in ihre Fußstapfen. Änderungen wird es im Grunde keine geben. Am Namen des Zelts wird nicht gerüttelt – auch wenn die Generation den Namen nicht mehr trägt. „Es wird immer Binswanger-Zelt heißen“, sagt Thomas Kempter. Das habe Tradition.
2018 wurde die Metzgerei Binswanger & Kempter in Gersthofen aufgegeben – gegründet wurde sie 1963 von Alois Binswanger, der seit 1983 den Festzeltbetrieb führte. Sein Enkel, Thomas Kempter, absolvierte nach seiner Schullaufbahn ebenfalls eine Ausbildung zum Metzger und arbeitete im Betrieb mit. Nach der Schließung der Metzgerei wollte sich die Familie vor allem auf den Festzeltbetrieb und Catering konzentrieren. Doch dann kam Corona und damit eine Zwangspause.
Thomas Kempter und Schwester Monika Hatzelmann konnten im vergangenen Jahr erstmals mit ihren Partnern und Kindern in den Sommerferien verreisen. „Normalerweise waren wir immer da, weil der Herbstplärrer losging. Das war schon ein komisches Gefühl“, sagt die 37-Jährige. In diesem Jahr verläuft alles wieder im Takt der Volksfeste.
Los ging es mit dem Gögginger Frühlingsfest. Dann folgte der Osterplärrer und in diesem Jahr erstmals das Friedberger Volksfest. Es sei ein guter Einstand gewesen, ist sich das Quartett einig. Bei den drei Festen sei deutlich zu spüren gewesen, wie sehr die Menschen die Stimmung im Bierzelt vermisst hätten. „Es kommen auch viele jungen Menschen, die einfach in den vergangenen zwei Jahren nicht ins Zelt gehen konnten und teilweise aufgrund von Corona noch nie eins besucht haben“, erzählt Monika Hatzelmann.
Die Faszination Bierzelt teilen sie mit ihren Gästen. „Hier können einfach schöne Stunden erlebt werden, in denen man den Alltag und die Probleme vergisst“, weiß Thomas Kempter. Er selber besuche auch privat gerne mal ein Bierzelt. Vor wenigen Wochen wurden seine Frau Sonja und er von Mitarbeitenden und Freunden sogar mit einem kleinen Bierzelt überrascht. „Wir hatten im kleinen Kreis geheiratet. Aufgrund von Corona hatte sich unsere Hochzeit verschoben, und dann kam die Überraschung mit dem Bierzelt. So bin ich auch mal zu einem Fassanstich gekommen“, erzählt die 38-Jährige. Drei
„Das ist unser Leben.“
Monika Hatzelmann
Schläge und ein paar „kleinere hinterher“habe sie benötigt, wird mit einem Lächeln erzählt.
Der Herbstplärrer laufe bislang gut. Corona sei kein Thema mehr. „Nur beim Seniorennachmittag war weniger los als in den vergangenen Jahren. Die älteren Menschen trauen sich noch nicht so recht“, berichtet Thomas Kempter. Nach dem Plärrer folgen noch das Neusässer Volksfest und ein paar Events.
In Göggingen, Friedberg und in Neusäß ist die Familie mit einem kleineren Zelt vertreten, das rund 2000 Besucherinnen und Besucher fasst. In Augsburg wird das große Zelt für rund 4000 Gäste aufgebaut. „Wir haben zwei Zelthüllen. Küche, Bestuhlung und Beleuchtung wird von Zelt zu Zelt gebracht“, sagt der 33-Jährige. Viel Routine erleichtere ihnen in ihrem ersten Jahr die Arbeit.
Der Festzeltbetrieb sei ihnen in die Wiege gelegt. Wie vielleicht auch den vier Kindern der beiden Paare. Sie werden während des Plärrers von ihrer Uroma Margarethe Binswanger betreut. „Sie spielen dort Bierzelt und Plärrerbüro“, erzählt Monika Hatzelmann lachend. Vielleicht üben sie ja einfach schon für später.