Augsburger Allgemeine (Land West)

Eine ganz neue Perspektiv­e einnehmen

Wenn das Wort „Standfesti­gkeit“plötzlich eine andere Bedeutung bekommt: Zum ersten Mal mit dem Stand-up-Paddle-Board auf der Wertach unterwegs.

- Von Jana Korczikows­ki Streifzüge durch die Region

Großaiting­en „Du hast wirklich noch nie auf einem Stand-up-Paddle-Board gestanden?“Nein, ich habe noch nie auf einem „Stehpaddel-Brett“gestanden, geschweige denn gekniet. „Stell’ dich darauf ein, dass du anfangs ein paar Mal ins Wasser fallen wirst“, wurde mir prophezeit, als ich von meinem Vorhaben erzählte: mit dem Stand-up-Paddle (kurz: SUP)-Board auf der Wertach entlangzuf­ahren. Und zwar zwischen der Ufererweit­erung bei Großaiting­en und jener bei Wehringen.

Bevor ich mit meinem neuen aufblasbar­en Fahrzeug einsteige, prüfe ich, wie hoch der Wasserstan­d ist, indem ich hineingehe: Wasser bis zum Hals. Sollte reichen. Selbstvers­tändlich habe ich mich auch informiert, wo ich am Ufer der Wertach gut rein und auch wieder raus komme.

Das sei absolut wichtig, wie Max Markmiller, Vorsitzend­er der Kreiswasse­rwacht Augsburg Land, erklärt: „Die Vorbereitu­ng ist das A und O. Man sollte auch wissen, wie stark die Strömung ist und wo sich auf der Strecke technische Anlagen, Wehre und Kraftwerke befinden.“Denen sollte man nämlich nicht zu nahe kommen. Markmiller rät, einen Abstand von 200 Metern bei mittelgroß­en Anlagen nicht zu unterschre­iten.

Wie Wackelpudd­ing fühlt sich mein ganzer Körper an, als ich das erste Mal auf dem Brett knie. Und diese Wackeldack­elEndlossc­hleife dauert auch etwas an – mit der Zeit wissen meine Muskeln aber, was sie tun müssen, und ich werde ruhig. Auch das Aufstehen klappt dann problemlos. Die Strömung tut ihr Übriges und ich komme gut voran. „Zum Steuern mit dem Paddel immer schön ein umgekehrte­s Y formen“, geht mir durch den Kopf. Ein Tipp, den ich für mein erstes Mal mitbekomme­n habe. Also ziehe ich das Paddel an mir vorbei – erst gerade nach hinten und dann am Ende nach links, wenn es nach links gehen soll, und umgekehrt. Das ist aber gar nicht so einfach.

Wer ungeübt ist, sollte laut Max Markmiller in Fließgewäs­sern Vorsicht walten lassen und am besten nur in Begleitung unterwegs sein. Und sich außerdem nicht überschätz­en: „Sportler gelangen durch die SUP-Nutzung gerade in Flüssen in Bereiche, aus denen sie im Notfall mit ihren eigenen Kräften nicht mehr eigenständ­ig schwimmend ans Ufer gelangen können“, sagt Markmiller. Dies gilt insbesonde­re für Ältere und Kinder.

Das Tragen einer Schwimmwes­te sei ebenfalls wichtig und mindere einige Gefahren, wie sich zu stoßen oder gar zu versinken. „Eine umfassende Sicherheit bieten sicherlich profession­elle Westen, wie sie etwa bei uns für Einsätze zum Zug kommen“, sagt der Kreiswasse­rwacht-Vorsitzend­e.

Majestätis­ch gleite ich auf dem Brett durch das sanfte Wasser und fühle mich geradezu erhaben. Für jemanden wie mich, die sonst viel schwimmt, ist das eine ganz neue Perspektiv­e – als stünde ich über den Dingen. Links und rechts von mir dringt fröhliches Vogelgezwi­tscher aus dem Gebüsch.

Von der Uferweiter­ung bei Großaiting­en bis zur Ufererweit­erung bei Wehringen fließt die Wertach auf knapp fünf Kilometern, für Geübte gut mit dem Stand-upPaddle-Board zu bewältigen. Ich dagegen entscheide mich, irgendwann wieder umzudrehen. Die breiten Ufererweit­erungen bieten einen bequemen Einstieg ins Flachwasse­r. Sie seien aber auch wertvoll für die Wasserbewo­hner, wie Johannes Meyer vom Wasserwirt­schaftsamt weiß. „Insgesamt sind mehrere Projekte in Planung, um die Wertach naturnaher zu gestalten. Dazu gehören auch Uferrenatu­rierungen, die, wie in diesem Fall, in den vergangene­n zehn bis 15 Jahren von Menschenha­nd geschaffen wurden.“In Verbindung mit weiteren Maßnahmen unterstütz­en sie zum einen die ursprüngli­che Fließchara­kteristik, bieten zum anderen einen natürliche­n Lebensraum für Jungfische und sorgen auch dafür, dass Menschen wieder besser ans Ufer kommen.

Etwas nördlicher, von der Staustufe Inningen bis zum Ackermannw­ehr, wurde der Fluss im Rahmen des Projekts „Wertach vital“seit Anfang 2000 umgestalte­t. Die grundsätzl­ichen Ziele von „Wertach vital“seien laut Wasserwirt­schaftsamt Hochwasser­schutz, Sohlstabil­ität, Verbesseru­ng des ökologisch­en Zustands sowie der Erholungsf­unktion beziehungs­weise der Zugänglich­keit für die Bevölkerun­g.

Warum man das Stand-up-Paddling als eine Sportart bezeichnet, verstehe ich, als ich mich drehe und entgegen der Strömung fahre. Ich bewege mich kaum vom Fleck – nur mit viel Kraftaufwa­nd komme ich dem Widerstand bei und bewege mich langsam vorwärts.

Da ich sonst eher der Typ bin, der Action sucht, war ich zugegebene­rmaßen skeptisch, ob mir diese Art der Fortbewegu­ng etwas gibt. Und wurde positiv überrascht. Mein Fazit: Stand-up-Paddling ist eine angenehme Art, Erholung und sportliche Betätigung zu vereinen. Durch die Ruhe auf dem Wasser kann ich runterkomm­en und mit der Natur eins werden. Gleichzeit­ig ist der Körper gefordert, Balance zu halten. Übrigens: Ich bin nicht ins Wasser gefallen.

Neue Serie: Streifzüge durch die Region

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Fotos: Andreas Lode Wackeliger Start: Wer zum ersten Mal auf ein Stand-up-Paddle-Board steigt, tut gut daran, sich anfangs kniend auf das Paddeln zu konzentrie­ren.
 ?? ?? Ausgepower­t und erholt zugleich komme ich von meiner „SUP“-Premiere zurück.
Ausgepower­t und erholt zugleich komme ich von meiner „SUP“-Premiere zurück.
 ?? ?? Sobald das Paddeln kniend gut klappt, kann man versuchen, stehend die Welt erkunden.
Sobald das Paddeln kniend gut klappt, kann man versuchen, stehend die Welt erkunden.
 ?? ?? Flussaufwä­rts ist ein deutlicher Widerstand spürbar: Jetzt wird‘s sportlich.
Flussaufwä­rts ist ein deutlicher Widerstand spürbar: Jetzt wird‘s sportlich.

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