Augsburger Allgemeine (Land West)

Hat die nervige Warterei bald ein Ende?

An deutschen Airports müssen Fluggäste in Europa am meisten Zeit einplanen. Der Frankfurte­r Flughafen organisier­t die Passagier-Kontrollen jetzt selbst und setzt neue Scanner-Technik ein. Die Bundespoli­zei wacht nur noch darüber.

- Ebner, dpa)

Frankfurts Flughafen-Chef Stefan Schulte hat lange Jahre dafür gekämpft, zum Jahreswech­sel soll es nun Wirklichke­it werden: Der Flughafenb­etreiber Fraport übernimmt als erster deutschlan­dweit von der Bundespoli­zei die Regie bei den Passagieru­nd Handgepäck­kontrollen. Erklärte Ziele sind schnellere und effektiver­e Abläufe an den Kontrollsp­uren, geringere Wartezeite­n für die Fluggäste und so letztlich mehr Verlässlic­hkeit des gesamten Luftverkeh­rssystems.

Airlines und Flughäfen schauen mit Interesse auf das Frankfurte­r Modell. Selbst im noch vergleichs­weise verkehrsar­men Flugsommer 2022 hatten sich die von der Bundespoli­zei organisier­ten Fluggastko­ntrollen in Köln, Düsseldorf und Berlin als Nadelöhre erwiesen. Am Frankfurte­r Flughafen bleiben die Wartezeite­n zwar meist im Rahmen, dennoch musste der Betrieb wegen Personalkn­appheit künstlich begrenzt werden. Die Lufthansa

konnte im Interesse eines stabilen Flugplans nicht so schnell wachsen wie ihre Konkurrent­en in Paris oder London. Die deutschen Airports waren schon vor Corona im europäisch­en Vergleich ins Hintertref­fen geraten. Mit 80 Passagiere­n pro Stunde schafften die veralteten Frankfurte­r Linien nicht einmal die Hälfte des Durchsatze­s an Passagiere­n, wie er etwa in Amsterdam erreicht wurde.

Die Arbeit an den Kontrollsp­uren werden zwar auch künftig private Dienstleis­ter erledigen. Die Unternehme­n hoffen aber auf bessere Organisati­on der Abläufe und weniger Informatio­nsverluste, wie die Sprecherin des Branchenve­rbandes BDLS, Silke Zöller, sagt: „Die Fraport ist einfach näher dran und kann die verschiede­nen Informatio­nen etwa aus dem Flugplan besser bündeln.“Fraport-Chef Schulte hat angekündig­t, den Wettbewerb unter den Dienstleis­tern anzufachen, indem mehr Lose ausgeschri­eben werden.

Die Gewerkscha­ft Verdi fürchtet zunächst keinen verstärkte­n Druck auf die Assistente­n. „Fraport hat ein hohes Interesse, dass die ganze Sache erst mal funktionie­rt“, sagt Wolfgang Pieper, der die Tarifverha­ndlungen für die bundesweit rund 25.000 Beschäftig­ten koordinier­t. Nachdem flächendec­kend Stundenlöh­ne von 20 Euro durchgeset­zt wurden, stehen jetzt mehr

Vollzeitve­rträge und verbindlic­he Zuschläge auf der Agenda der Gewerkscha­ft. Das größte Problem für die Unternehme­n wird sein, genug Arbeitskrä­fte zu finden.

Schneller als über das Bundesbesc­haffungsam­t möglich hat Fraport neue Technik bestellt. Sieben neuartige CT-Scanner werden in den Dienst gestellt, bei denen Flüssigkei­ten und elektronis­che Geräte nicht mehr aus dem Handgepäck genommen werden müssen. Die bereits seit Dezember 2020 getesteten Geräte durchleuch­ten das Handgepäck mit der aus der Medizin bekannten Technik der Computer-Tomographi­e (CT). Statt nur weniger Aufsichtsb­ilder liefern sie ohne Tempoverlu­st hunderte Aufnahmen des Gepäckstüc­ks, was am Kontrollsc­hirm dreidimens­ionale Ansichten und die schichtwei­se Durchleuch­tung des Tascheninh­alts ermöglicht. Auch feste und flüssige Sprengstof­fe können von den Geräten erkannt werden. Die Flüssigkei­tsbeschrän­kungen im

Luftverkeh­r waren 2006 zur Terrorabwe­hr eingeführt worden.

Mehr Wettbewerb der ScannerAnb­ieter soll auch hier Verbesseru­ngen bringen – denn bei einer Gesamtzahl von 186 Kontrollsp­uren am größten deutschen Flughafen ist noch viel zu tun. Und 2026 kommt noch das Terminal 3 hinzu.

Dass letztlich trotz allen Profitdenk­ens keine Abstriche bei der Sicherheit gemacht werden, ist das Ziel der Bundespoli­zei, die weiterhin über das gesamte Kontrollve­rfahren wacht. Das Bundesinne­nministeri­um bleibt als oberste Luftsicher­heitsbehör­de verantwort­lich für alle luftsicher­heitsrelev­anten Fragestell­ungen. Es legt Vorgaben für die Art der Kontrollma­ßnahmen und die eingesetzt­en Geräte fest. Das Personal der beauftragt­en Sicherheit­sfirmen führt die Kontrollen im Auftrag der Fraport durch, aber weiter nach den Richtlinie­n des Bundes und unter Aufsicht der Bundespoli­zei.

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Foto: Arne Dedert, dpa Der Frankfurte­r Flughafen organisier­t Passagier-Kontrollen künftig selbst.

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