Augsburger Allgemeine (Land West)
„In Augsburg wird dieser WM-Titel nie in Vergessenheit geraten“
Im Sommer ist der Slalom-Kanute Sideris Tasiadis vor seinem heimischem Publikum Weltmeister geworden. Wie er sein sportliches Jahr bewertet und wie er die Qualifikation für Olympia 2024 in Frankreich angeht.
2022 war für Sie ein ganz besonderes Jahr. Bei der KanuslalomWeltmeisterschaft in Ihrer Heimatstadt Augsburg haben Sie sich den Einzeltitel im Kajak-Einer geholt. Wie blicken Sie auf dieses erfolgreiche Jahr zurück?
Sideris Tasiadis: Es war ein fast perfektes Jahr für mich, denn ich habe bei den großen Wettkämpfen, der Weltmeisterschaft und der Europameisterschaft, jeweils eine Medaille mitgenommen. Immer beim Saisonhöhepunkt hat es geklappt. Gold bei der WM und bei der EM der Vize-Europameistertitel und Silber. Das war schon der Wahnsinn.
Wie besonders war es, den ersten WM-Titel in Ihrer Karriere auf Ihrer Heimstrecke am Augsburger Eiskanal herauszufahren?
Tasiadis: Es war sehr besonders, denn das wird hier bei uns in Augsburg nie in Vergessenheit geraten. Ich finde, die WM war sportlich gesehen das Event des Jahres in der Stadt. Auch die Sportler haben das so wahrgenommen. Sie haben das Gefühl mitbekommen, dass diese historische WM 50 Jahre nach den Spielen 1972, bei denen unsere Sportart olympisch geworden ist, etwas ganz besonders ist. Und dass es dann noch ausverkauft war, hätte man im Vorfeld nie erwartet.
War die Begeisterung und der Zuschaueransturm mit rund 33.000 Menschen an den fünf Tagen auch für Sie überraschend?
Tasiadis: Die Stimmung war natürlich der Wahnsinn. Ich habe einiges mitbekommen, auch wenn ich während meinen Läufen ganz auf mich fokussiert war. Aber auch die Party am Ende der WM auf dem Parkplatz am Gelände war einfach genial. Alle, die am letzten Tag noch länger dageblieben sind,
die Nationen, die Betreuer und die Helfer, sind da zusammengekommen, rund 200 bis 300 Leute. Das fand ich sehr schön.
Wie ging es für Sie nach dem WMTitel weiter?
Tasiadis: Die Begeisterung für die Sportart hat danach noch lange Zeit angehalten, da hatte ich dann auch sehr, sehr viele Termine mit Sponsoren oder Medien. Aber das nimmt man ja auch gerne mit.
Waren Sie nach den WM-Tagen von Augsburg Ende Juli dann im Anschluss noch weiter sportlich im Einsatz?
Tasiadis: Nein, ich habe gesagt „Jetzt ist gut“und die Saison wirklich mit dem WM-Titel abgeschlossen. Mehr hätte ich eh nicht rausholen können. Die Saison lief ja danach auch nur noch einen Monat. Deshalb habe ich mich schon bald auf die Vorbereitung für das nächste Jahr konzentriert.
Stichpunkt 2023, was erwartet Sie da an sportlichen Herausforderungen?
Tasiadis: Am Anfang der Saison stehen wieder die Nationale Qualifikation in Augsburg und in Markkleeberg an. Wie üblich vier Rennen über zwei Wochenenden. Die besten drei Boote in jeder Klasse kommen in die Nationalmannschaft. Ich finde es allerdings ein wenig schade, dass wir vom Verband als Goldmedaillengewinner keinen WM-Bonus bekommen. Anfang August ist Kanuslalom dann erstmals bei den European Games dabei, was mich sehr freut. Sie finden nur alle drei Jahre statt und sind eine Art europäische olympische Spiele mit ganz vielen verschiedenen Sportarten. Da werden dann auch schon die ersten Quotenplätze für die Olympischen Spiele in Frankreich 2024 ausgefahren. Der Saisonhöhepunkt ist aber wieder die Weltmeisterschaft, die nächstes Jahr in London stattfindet.
Mit London werden Sie gute Erinnerungen verbinden. 2012 gewannen Sie dort bei den Olympischen Spielen die Silbermedaille. Wie paddelt es sich nun auf dem Olympiakanal?
Tasiadis: Eigentlich ganz gut. Hier und da wurde an der Strecke und an den Hindernissen natürlich ein bisschen was verändert, aber es ist echt schön. Man muss sehr physisch und präzise fahren. Im Prinzip wie bei uns am Eiskanal. In den nächsten Monaten sind wir öfters dort zum Training, auch in diesem Jahr waren wir schon einmal da, in eineinhalb Stunden Flug ist das ja ganz gut erreichbar.
Das heißt aber, Sie werden mit 32 Jahren noch einmal die Knochentour der Vorbereitung und Qualifikation für die Olympischen Spiele auf sich nehmen. Das vierte Mal in ihrer Karriere.
Tasiadis : Ja, einmal nehme ich das auf alle Fälle noch auf mich.
Wie sehen Sie die nationale Konkurrenz in ihrer Bootsklasse im Canadier Einer? Sie und Franz Anton aus Leipzig dominieren diese Disziplin seit Jahren, aber dahinter tut sich nicht viel?
Tasiadis :
Man muss sagen, Franz und ich sind wirklich ein Level höher. Für die Jungen ist es schwierig. Vielleicht überraschen sie uns im nächsten Jahr. Man hat aber schon dieses Jahr gesehen, dass sie nicht konstant sind. Die Jungs hauen schon mal einen guten Lauf raus, aber wenn es um die Wurst geht, versagen leider auch oft die Nerven.
Haben Sie den neuen Olympiakanal in Frankreich außerhalb von Paris schon einmal befahren?
Tasiadis: Da werde ich erstmals Ende Februar sein. Ein junger französische Paddler hat mich eingeladen, eine Woche dort zu trainieren. Das wird spannend. Und ich finde es auch gut, dieses Training mal privat zu machen und nicht über den Verband. Ich mag das ja sehr gern, immer ein wenig auf mich selbst zu hören und zu schauen, was ich brauche und was nicht.