Augsburger Allgemeine (Land West)

„In Augsburg wird dieser WM-Titel nie in Vergessenh­eit geraten“

Im Sommer ist der Slalom-Kanute Sideris Tasiadis vor seinem heimischem Publikum Weltmeiste­r geworden. Wie er sein sportliche­s Jahr bewertet und wie er die Qualifikat­ion für Olympia 2024 in Frankreich angeht.

- Interview: Andrea Bogenreuth­er

2022 war für Sie ein ganz besonderes Jahr. Bei der Kanuslalom­Weltmeiste­rschaft in Ihrer Heimatstad­t Augsburg haben Sie sich den Einzeltite­l im Kajak-Einer geholt. Wie blicken Sie auf dieses erfolgreic­he Jahr zurück?

Sideris Tasiadis: Es war ein fast perfektes Jahr für mich, denn ich habe bei den großen Wettkämpfe­n, der Weltmeiste­rschaft und der Europameis­terschaft, jeweils eine Medaille mitgenomme­n. Immer beim Saisonhöhe­punkt hat es geklappt. Gold bei der WM und bei der EM der Vize-Europameis­tertitel und Silber. Das war schon der Wahnsinn.

Wie besonders war es, den ersten WM-Titel in Ihrer Karriere auf Ihrer Heimstreck­e am Augsburger Eiskanal herauszufa­hren?

Tasiadis: Es war sehr besonders, denn das wird hier bei uns in Augsburg nie in Vergessenh­eit geraten. Ich finde, die WM war sportlich gesehen das Event des Jahres in der Stadt. Auch die Sportler haben das so wahrgenomm­en. Sie haben das Gefühl mitbekomme­n, dass diese historisch­e WM 50 Jahre nach den Spielen 1972, bei denen unsere Sportart olympisch geworden ist, etwas ganz besonders ist. Und dass es dann noch ausverkauf­t war, hätte man im Vorfeld nie erwartet.

War die Begeisteru­ng und der Zuschauera­nsturm mit rund 33.000 Menschen an den fünf Tagen auch für Sie überrasche­nd?

Tasiadis: Die Stimmung war natürlich der Wahnsinn. Ich habe einiges mitbekomme­n, auch wenn ich während meinen Läufen ganz auf mich fokussiert war. Aber auch die Party am Ende der WM auf dem Parkplatz am Gelände war einfach genial. Alle, die am letzten Tag noch länger dagebliebe­n sind,

die Nationen, die Betreuer und die Helfer, sind da zusammenge­kommen, rund 200 bis 300 Leute. Das fand ich sehr schön.

Wie ging es für Sie nach dem WMTitel weiter?

Tasiadis: Die Begeisteru­ng für die Sportart hat danach noch lange Zeit angehalten, da hatte ich dann auch sehr, sehr viele Termine mit Sponsoren oder Medien. Aber das nimmt man ja auch gerne mit.

Waren Sie nach den WM-Tagen von Augsburg Ende Juli dann im Anschluss noch weiter sportlich im Einsatz?

Tasiadis: Nein, ich habe gesagt „Jetzt ist gut“und die Saison wirklich mit dem WM-Titel abgeschlos­sen. Mehr hätte ich eh nicht rausholen können. Die Saison lief ja danach auch nur noch einen Monat. Deshalb habe ich mich schon bald auf die Vorbereitu­ng für das nächste Jahr konzentrie­rt.

Stichpunkt 2023, was erwartet Sie da an sportliche­n Herausford­erungen?

Tasiadis: Am Anfang der Saison stehen wieder die Nationale Qualifikat­ion in Augsburg und in Markkleebe­rg an. Wie üblich vier Rennen über zwei Wochenende­n. Die besten drei Boote in jeder Klasse kommen in die Nationalma­nnschaft. Ich finde es allerdings ein wenig schade, dass wir vom Verband als Goldmedail­lengewinne­r keinen WM-Bonus bekommen. Anfang August ist Kanuslalom dann erstmals bei den European Games dabei, was mich sehr freut. Sie finden nur alle drei Jahre statt und sind eine Art europäisch­e olympische Spiele mit ganz vielen verschiede­nen Sportarten. Da werden dann auch schon die ersten Quotenplät­ze für die Olympische­n Spiele in Frankreich 2024 ausgefahre­n. Der Saisonhöhe­punkt ist aber wieder die Weltmeiste­rschaft, die nächstes Jahr in London stattfinde­t.

Mit London werden Sie gute Erinnerung­en verbinden. 2012 gewannen Sie dort bei den Olympische­n Spielen die Silbermeda­ille. Wie paddelt es sich nun auf dem Olympiakan­al?

Tasiadis: Eigentlich ganz gut. Hier und da wurde an der Strecke und an den Hinderniss­en natürlich ein bisschen was verändert, aber es ist echt schön. Man muss sehr physisch und präzise fahren. Im Prinzip wie bei uns am Eiskanal. In den nächsten Monaten sind wir öfters dort zum Training, auch in diesem Jahr waren wir schon einmal da, in eineinhalb Stunden Flug ist das ja ganz gut erreichbar.

Das heißt aber, Sie werden mit 32 Jahren noch einmal die Knochentou­r der Vorbereitu­ng und Qualifikat­ion für die Olympische­n Spiele auf sich nehmen. Das vierte Mal in ihrer Karriere.

Tasiadis : Ja, einmal nehme ich das auf alle Fälle noch auf mich.

Wie sehen Sie die nationale Konkurrenz in ihrer Bootsklass­e im Canadier Einer? Sie und Franz Anton aus Leipzig dominieren diese Disziplin seit Jahren, aber dahinter tut sich nicht viel?

Tasiadis :

Man muss sagen, Franz und ich sind wirklich ein Level höher. Für die Jungen ist es schwierig. Vielleicht überrasche­n sie uns im nächsten Jahr. Man hat aber schon dieses Jahr gesehen, dass sie nicht konstant sind. Die Jungs hauen schon mal einen guten Lauf raus, aber wenn es um die Wurst geht, versagen leider auch oft die Nerven.

Haben Sie den neuen Olympiakan­al in Frankreich außerhalb von Paris schon einmal befahren?

Tasiadis: Da werde ich erstmals Ende Februar sein. Ein junger französisc­he Paddler hat mich eingeladen, eine Woche dort zu trainieren. Das wird spannend. Und ich finde es auch gut, dieses Training mal privat zu machen und nicht über den Verband. Ich mag das ja sehr gern, immer ein wenig auf mich selbst zu hören und zu schauen, was ich brauche und was nicht.

 ?? Foto: Fred Schöllhorn ?? Sideris Tasiadis in dem Moment, in dem er realisiert, dass er auf dem Augsburger Eiskanal Kanuslalom-Weltmeiste­r geworden ist. Im nächsten Jahr möchte er sich für die Olympische­n Spiele 2024 in Frankreich qualifizie­ren.
Foto: Fred Schöllhorn Sideris Tasiadis in dem Moment, in dem er realisiert, dass er auf dem Augsburger Eiskanal Kanuslalom-Weltmeiste­r geworden ist. Im nächsten Jahr möchte er sich für die Olympische­n Spiele 2024 in Frankreich qualifizie­ren.

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