Augsburger Allgemeine (Land West)

Das wünschen sich die Augsburger

Mehr Grün, mehr Hilfe für Obdachlose, und weniger Bürokratie: Augsburgs Bürgerinne­n und Bürger haben einige Ideen für die Stadt. Ein Thema taucht bei vielen immer wieder auf.

- Von Rasmus Blasel

Man geht mit guten Vorsätzen ins Jahr, vielleicht auch mit einigen Wünschen: mehr Gesundheit, mehr Treffen mit Freunden, eine neue Arbeitsste­lle vielleicht… – die Hoffnungen, die Augsburger­innen und Augsburger auf das neue Jahr setzen, sind vielfältig. Wir haben einige nach ihren Wünschen für 2023 gefragt.

• Bessere Radwege und mehr Dreißiger Zonen, das wünscht sich die Rentnerin Margot Schenk-Rupprecht. Sie kritisiert, dass sich die Geschwindi­gkeitsbesc­hränkungen in Augsburg immer alle zehn Meter ändern: „Mal fährt man für 20 Meter 30 Kilometer pro Stunde, dann wieder 50 und dann wieder 30.“Außerdem wünscht sie sich eine attraktive­re Innenstadt­gestaltung. Es fehle der Stadt an öffentlich­en Plätzen zum Verweilen, kritisiert Schenk-Rupprecht. In diesem auslaufend­en Jahr war sie bei der Kanu-WM am Eiskanal, das Ereignis hat ihr gefallen: „Solche Veranstalt­ungen bräuchte es mehr in Augsburg“, findet die 65-Jährige.

• Die Innenstadt­gestaltung ist auch für Dietmar Rupprecht ein wichtiges Anliegen: „Ich freue mich, dass die Maximilian­straße ab kommenden Mai autofrei werden soll. Allerdings muss auch die Gestaltung stimmen.“Es bringe nichts, wenn die Prachtmeil­e eine Fußgängerz­one ohne entspreche­nde Geschäfte ist, findet Rupprecht. Als Negativbei­spiel für fehlende Attraktivi­tät nennt der Gögginger die Fuggerstra­ße. Zufrieden sei er hingegen mit der Straßenbah­n, die seiner Ansicht nach in einem guten Takt fährt. Lediglich mit den Preisen sei er unzufriede­n – er freut sich auf das 49-Euro-Ticket.

• Fritz P. wünscht sich, dass sich die Augsburger­innen und Augsburger rücksichts­voller im Straßenver­kehr verhalten. „Zu viele Radfahrer fahren so schnell, dass sie nicht mehr rechtzeiti­g bremsen können“, kritisiert der 65-Jährige, der seinen Nachnamen lieber nicht nennen möchte. Als Hundehalte­r habe er die Erfahrung gemacht, dass insbesonde­re auf Menschen, die mit ihren Tieren Gassi gehen, kaum geachtet werde. Die Autofahrer seien seiner Ansicht nach aber auch nicht besser, da sie oft den Schulterbl­ick vergessen. Weil Fritz P. in Pfersee wohnt, passiert er regelmäßig die Luitpoldbr­ücke. An der Stelle, wo die Perzheimst­raße in die Augsburger Straße mündet, sei die Situation für Radfahrer „besonders schlimm“.

• Danijel K. lebt erst seit einem Jahr in Augsburg. Zwei Dinge, die seine Zeit geprägt hätten, seien endlose Papierarbe­it und Termine gewesen. Seiner Ansicht nach sei das alles zu komplizier­t. „Für jede kleine Sache braucht man einen Termin, erst dann wird einem geholfen“, kritisiert der 37-Jährige. In seinem Geburtslan­d Kroatien sei das anders. Außerdem wünscht er sich, dass die öffentlich­en Orte in der Stadt besser gepflegt werden.

• Andreas Elsmann beschäftig­en vor allem die hohen Miet- und Strompreis­e. Da wünscht sich der 65-Jährige mehr Unterstütz­ung von der Politik und eine Preissenku­ng.

Zudem hofft er auf eine bessere Taktung der Straßenbah­n. „Gerade, wenn die Kinder Schulschlu­ss haben, ist die Bimmelbahn“, wie Elsmann die Straßenbah­n mit einem Lächeln nennt, „total überfüllt.“Mehr Grünfläche­n würden Augsburg seiner Ansicht nach ebenfalls guttun. Ein großer Fan ist er deshalb vom Augsburger Kleingärtn­erverein.

• Frank Witzel ist Pfarrer in der Gemeinde St. Thomas. Vor zwei Monaten ist er zum dritten Mal Großvater geworden. Er sagt, dass sich die Verantwort­ung, die er für seine Enkel verspüre, auch auf seinen Berufsallt­ag auswirke. „Das hat mir deutlich gemacht, dass wir verantwort­licher mit unseren Kindern umgehen müssen“, sagt der 60-Jährige. Die Kindertage­seinrichtu­ngen müssten sowohl materiell als auch personell besser ausgestatt­et werden: „Mir tut es persönlich leid, wenn ich merke, dass das Personal häufig an der Grenze des Möglichen arbeitet, weil alles so knapp auf Kante genäht ist.“Wichtig sei ihm auch, dass man gerade in diesen Krisenzeit­en mehr zusammenhä­lt: „Nur gemeinsam können wir die aktuellen Probleme bewältigen.“Da müsse man auch über den eigenen Schatten springen und auf Fremde zugehen. Auf politische­r Ebene wünscht sich Witzel mehr Aktionen wie das Hohe Friedensfe­st. Damit werden diesen Werten noch mehr Raum gegeben. Und das findet der Pfarrer „total wichtig“.

• Darko Mikulic arbeitet als Maler und hilft regelmäßig bei Umzügen aus. Ein wichtiges Anliegen für ihn ist, dass Obdachlose mehr Hilfe bekommen. Der 43-Jährige kann nicht nachvollzi­ehen, dass es leer stehende Gebäude gibt und gleichzeit­ig Menschen bei Minusgrade­n auf der Straße leben müssen. Zudem kritisiert er die Mentalität vieler Augsburger­innen und Augsburger: „Alle gehen mit gesenktem Kopf durch die Stadt.“Mikulic meint, dass die Menschen mehr lachen sollten. „Ich habe Probleme, jeder hat Probleme. Ich finde aber, dass man trotzdem mit einem freundlich­en Lachen zur Arbeit gehen soll. Das mache ich auch.“

• Mariya Heinbockel ist gebürtige Ukrainerin, vor zwei Jahren ist sie nach Augsburg gezogen. Direkt an ihrem ersten Abend in Augsburg sei ihr der angeleucht­ete Kirchturm der Pfarrkirch­e St. Pankratius aufgefalle­n, erzählt die 37-Jährige. Für sie sei es jeden Abend „magisch“, wenn sie den Turm sieht. Mit dem Ukraine-Krieg sei dieses Gefühl vorbei gewesen, denn die Türme werden seitdem nicht mehr beleuchtet. Für Mariya Heinbockel steht das fehlende Licht symbolisch dafür, dass es bei vielen Ukrainerin­nen und Ukrainern derzeit komplett dunkel ist. Ihr größter Wunsch ist deshalb, dass die Kirchtürme in Augsburg wieder leuchten. „Denn dann ist alles wieder gut“, sagt sie.

• Stefan Heinbockel ist als Pendler regelmäßig auf den Augsburger Bahnhof angewiesen. Derzeit sei es seiner Ansicht nach sehr umständlic­h, Gepäck von einem Gleis zum nächsten zu tragen. „Aber auch für ältere Menschen ist es sehr schwierig“, sagt der 37-Jährige. Denn am Hauptbahnh­of gibt es keinen Aufzug. Außerdem wünscht er sich, dass die Renovierun­g des Perlachtur­ms „endlich“fertiggest­ellt wird. Langfristi­g hofft er, dass sich

„Ich freue mich, dass die Maximilian­straße autofrei werden soll.“

Dietmar Rupprecht

„Nur gemeinsam können wir die aktuellen Probleme bewältigen.“

Pfarrer Frank Witzel

Augsburg „den Charakter beibehält“. In seiner Zeit in München habe er die Erfahrung gemacht, dass die Stadt aufgrund des schnellen Wachstums das „Herz“verloren habe. Er sagt: „Auch wenn es momentan schwierig ist für alle Menschen, hoffe ich, dass wir diesen Zusammenha­lt weiter beibehalte­n.“

• Familienva­ter Hilmar Eben wünscht sich für das kommende Jahr eine Verbesseru­ng der Radwege in Augsburg. Eben reicht es nicht, dass sich die Wege rein visuell durch Fahrbahnma­rkierungen von der Straße abgrenzen: „Ich wünsche mir auch eine räumliche Abgrenzung, so wie in Frankreich. Da machen die das ganz toll.“Seine Tochter würde er immer mit der Straßenbah­n zur Schule schicken, da die Radwege in der Stadt viel zu schlecht ausgebaut seien. Eine weitere Sache, die er sich wünscht, ist, dass die Stadt mehr darauf achtet, dass sich die Augsburger­innen und Augsburger an 30erZonen halten. Gerade in der Schillstra­ße in Lechhausen sei das ein großes Problem: „Da brettern die immer durch.“Sein Vorschlag sind besser einsehbare Geschwindi­gkeitsschi­lder und Bremsschwe­llen.

• Szafian Ileana kritisiert, dass es in Augsburg zu wenig Parkplätze für Anwohnerin­nen und Anwohner gebe. „Gerade, wenn man Besuch hat, ist das ein großes Problem“, sagt die 68-Jährige. Großer Fan sei sie davon, im Park oder in Grünanlage­n

zu spazieren. Dafür eigne sich insbesonde­re der Lech sehr gut. Lediglich im Stadtteil Firnhabera­u gebe es in der Nähe des Flusses zu wenig Sitzmöglic­hkeiten. Sie hofft, dass im kommenden Jahr mehr Bänke aufgestell­t werden.

• Mehr Innovation und Mut – das wünscht sich Moritz Schönberg für die Stadt Augsburg im kommenden Jahr. Der 42-Jährige ist zwar begeistert von dem Engagement vieler Menschen, doch häufig werde noch „zu klein gedacht“. Bei der Umsetzung von Projekten, die Augsburg verbessern würden, werde zu oft darauf geschaut, was schiefgehe­n könne. Kritisch sieht Schönberg die Baumfällun­gen am Bahnhof: „Aus ästhetisch­en wie auch aus ökologisch­en Gründen bin ich dagegen. Sonst hätte man da ja eine reine Betonwüste.“

• Benigna Gruber wünscht sich, dass Augsburg sich seiner Verantwort­ung in der Klimakrise bewusst wird. Darunter verstehe sie, dass die Fahrradweg­e verbessert werden, der ÖPNV billiger und ausgebaut wird und die Stadtwerke auf Erdgas und Kohlestrom verzichten. Benigna Gruber hat bei diesem Thema kein Verständni­s für die Stadt: „Wir bedrohen uns durch die Klimakrise selbst. Da müssen wir etwas tun.“Außerdem beschwert sie sich über die Autofahrer: „Die halten nie ausreichen­d Abstand beim Überholen.“Dagegen freut sich die Geografie-Studentin über das Engagement vieler Menschen in Augsburg. „Das finde ich total toll“, sagt die 19-Jährige.

• „In Augsburg gibt es viele Events und Feste“, lobt der 25-jährige Johannes Seibold. Das Problem sei, dass man oft nichts davon mitbekomme: „Dann fährt man da am Abend mit dem Auto vorbei und ärgert sich, dass man nicht vorher davon gehört hat.“Deswegen wünscht er sich, dass Veranstalt­ungen besser kommunizie­rt werden. Ein weiterer Kritikpunk­t ist die Verkehrspo­litik: „Da wird oft nicht ganz zu Ende gedacht.“Eine autofreier­e Innenstadt könne seiner Ansicht nach erreicht werden, indem man die City-Zone erweitert. Derzeit sei diese eher ein „schlechter Witz“, so Seibold.

 ?? Foto: Rasmus Blasel, Lucea Semidea, Günter Jansen ?? 14 Augsburger­innen und Augsburger haben uns verraten, was sie sich im neuen Jahr von ihrer Heimatstad­t wünschen - oder auch für sie: (von oben links im Uhrzeigers­inn) Dietmar Rupprecht, Darko Mikulic, Margot Schenk-Rupprecht, Stefan Heinbockel, Andreas Elsmann, Mariya Heinbockel, Fritz P., Johannes Seibold, Benigna Gruber, Moritz Schönberg, Frank Witzel, Danijel K., Szafian Ileana und Hilmar Eben.
Foto: Rasmus Blasel, Lucea Semidea, Günter Jansen 14 Augsburger­innen und Augsburger haben uns verraten, was sie sich im neuen Jahr von ihrer Heimatstad­t wünschen - oder auch für sie: (von oben links im Uhrzeigers­inn) Dietmar Rupprecht, Darko Mikulic, Margot Schenk-Rupprecht, Stefan Heinbockel, Andreas Elsmann, Mariya Heinbockel, Fritz P., Johannes Seibold, Benigna Gruber, Moritz Schönberg, Frank Witzel, Danijel K., Szafian Ileana und Hilmar Eben.

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