Augsburger Allgemeine (Land West)
Immer mehr Katalysatoren werden gestohlen
In Gersthofen verzeichnet die Polizei aktuell einen deutlichen Anstieg an Diebstählen von Katalysatoren. Immer wieder kommt es im Augsburger Land zu solchen Serien.
Die Diebe kommen meist nachts. In der Regel reichen ein Wagenheber und eine Akku-Säge aus und bereits nach wenigen Augenblicken sind die Täter mit ihrer Beute verschwunden. Kaum eine andere Straftat verspricht im Vergleich zum Aufwand einen so hohen Ertrag wie der Diebstahl von Katalysatoren. Wie gezielt und professionell die Aktionen durchgeführt werden, zeigen die jüngsten Vorfälle in Gersthofen. Knapp zwei Dutzend Abgasreiniger wurden binnen weniger Tage entwendet. Kein Einzelfall, sagt die Polizei und nimmt die erneute Häufung mit Sorge zur Kenntnis.
„Diebstähle von Katalysatoren sind nicht gleichmäßig über das Jahr verteilt, sondern finden eher
So merkt man, dass im Auto der Katalysator fehlt
in nicht definierbaren Zyklen statt“, sagt ein Sprecher des Polizeipräsidiums. Es gebe zahlreiche Vorfälle binnen kürzester Zeit, dann sei wieder längere Zeit Ruhe. Zwar könnten für das Jahr 2022 noch keine belastbaren Zahlen genannt werden. Im Vergleich zu den Jahren 2021 und 2020 mit jeweils rund 20 Fällen im Bereich des Präsidiums Schwaben Nord sei jedoch mit einem deutlichen Anstieg der Zahlen zu rechnen. Eine ähnliche Häufung hat es zuletzt 2019 gegeben.
Damals wurden Anfang Dezember in nur drei Tagen insgesamt 165 Katalysatoren aus neuwertigen Transportfahrzeugen, die auf einem Firmengelände in Gersthofen abgestellt waren, gestohlen. Es handelte sich hierbei ausschließlich um Katalysatoren von DieselFahrzeugen. Im gleichen Jahr kam es in Zusmarshausen zu zwei weiteren, gleich gelagerten Fällen. Von einem Firmengelände wurden dabei circa 20 und im Oktober etwa 50 Katalysatoren ebenfalls aus Transportfahrzeugen ausgebaut. Wie schnell und einfach ein solcher Diebstahl vonstattengeht, weiß der Kfz-Meister einer Werkstatt in Gersthofen.
„Es reicht aus, wenn das Auto
mit einem Wagenheber wie für einen Reifenwechsel aufgebockt wird“, sagt er. So könne der Täter bequem unter das Fahrzeug schlüpfen, um an den Katalysator zu gelangen. Dieser sei frei zugänglich und nach zwei schnellen Schnitten mit einer elektrischen Säbelsäge fällt der Abgasreiniger dem Dieb in die Hände. „Der ganze Vorgang dauert vielleicht gerade mal 60 Sekunden“, sagt der Mechaniker. Doch was fangen die Täter anschließend mit ihrer Beute an?
Abgesehen haben es Diebe in der Regel nur auf das Edelmetall, das in den Katalysatoren verbaut ist. Der keramische Kern, der sogenannte Monolith, ist mit den Edelmetallen Platin, Palladium und Rhodium beschichtet. „Da die Preise für diese Rohstoffe nach wie vor sehr hoch sind, können beim Verkauf entsprechend hohe Preise erzielt werden“, bestätigt der Polizeisprecher. Je nach Modell und Alter der Abgassysteme könnten nach Auskunft der Kfz-Werkstatt bis zu 200 Euro pro Stück erzielt werden, neue Geräte könnten sogar bis zu 2000 Euro bringen. Um
was für eine Tätergruppe es sich bei den Diebstahlserien handelt, kann die Polizei jedoch nur vermuten.
„Für die Fälle im Jahr 2022 ist bislang kein Täter ermittelt worden“, teilt das Präsidium mit. Dementsprechend könne keine belastbare Aussage hinsichtlich Herkunft und Zielrichtung der Täter gegeben werden. Aufgrund der Vorgehensweise sei aber davon auszugehen, dass es sich um professionell agierende Täter handelt, die mutmaßlich überwiegend aus Osteuropa kommen. Schließlich seien die Abnehmer der gestohlenen Katalysatoren auch in diesen Ländern zu verorten. In der Regel werden die Taten nicht von einer einzelnen Person begangen. Warum bevorzugt Gebrauchtwagenhändler angegangen werden, hat einen einfachen Grund.
Wichtig ist für die Täter, dass der Diebstahl nicht sofort entdeckt wird und ihnen somit mehr Zeit für die Flucht zur Verfügung steht. Dies sei bei einem Privatauto, das täglich genutzt wird, nicht der Fall. „Wenn einem der Katalysator fehlt
und man lässt sein Auto an, hört man das sofort am Röhren“, erklärt der Kfz-Meister. Die Lautstärke sei etwa um 30 bis 40 Dezibel höher, der Unterschied sei vergleichbar mit einem Fernseher, an dem man die Lautstärketaste von Stufe fünf auf Stufe 30 hochregelt. Gerade bei Gebrauchtwagenhändlern aber stünden die Autos oft tage- oder wochenlang auf dem Hof, bevor ein Kaufinteressent den Motor startet. Die Diebe verschaffen sich so meist einen uneinholbaren Vorsprung.
„Der Tatsache geschuldet, dass die Zeiträume zwischen Tatbegehung und Entdeckung mitunter recht lang sind, haben polizeiliche Fahndungsansätze kaum Aussicht auf schnellen Erfolg“, bestätigt das Präsidium. Deshalb sei die Polizei auch auf Mitteilungen von verdächtigen Wahrnehmungen durch die Bevölkerung angewiesen. „Bei einer Täterfestnahme kann dann mitunter nicht nur eine Diebstahlstat aufgeklärt, sondern möglicherweise gleich eine ganze Serie zugeordnet werden“, betont der Sprecher.