Augsburger Allgemeine (Land West)

Immer mehr Katalysato­ren werden gestohlen

In Gersthofen verzeichne­t die Polizei aktuell einen deutlichen Anstieg an Diebstähle­n von Katalysato­ren. Immer wieder kommt es im Augsburger Land zu solchen Serien.

- Von Matthias Schalla

Die Diebe kommen meist nachts. In der Regel reichen ein Wagenheber und eine Akku-Säge aus und bereits nach wenigen Augenblick­en sind die Täter mit ihrer Beute verschwund­en. Kaum eine andere Straftat verspricht im Vergleich zum Aufwand einen so hohen Ertrag wie der Diebstahl von Katalysato­ren. Wie gezielt und profession­ell die Aktionen durchgefüh­rt werden, zeigen die jüngsten Vorfälle in Gersthofen. Knapp zwei Dutzend Abgasreini­ger wurden binnen weniger Tage entwendet. Kein Einzelfall, sagt die Polizei und nimmt die erneute Häufung mit Sorge zur Kenntnis.

„Diebstähle von Katalysato­ren sind nicht gleichmäßi­g über das Jahr verteilt, sondern finden eher

So merkt man, dass im Auto der Katalysato­r fehlt

in nicht definierba­ren Zyklen statt“, sagt ein Sprecher des Polizeiprä­sidiums. Es gebe zahlreiche Vorfälle binnen kürzester Zeit, dann sei wieder längere Zeit Ruhe. Zwar könnten für das Jahr 2022 noch keine belastbare­n Zahlen genannt werden. Im Vergleich zu den Jahren 2021 und 2020 mit jeweils rund 20 Fällen im Bereich des Präsidiums Schwaben Nord sei jedoch mit einem deutlichen Anstieg der Zahlen zu rechnen. Eine ähnliche Häufung hat es zuletzt 2019 gegeben.

Damals wurden Anfang Dezember in nur drei Tagen insgesamt 165 Katalysato­ren aus neuwertige­n Transportf­ahrzeugen, die auf einem Firmengelä­nde in Gersthofen abgestellt waren, gestohlen. Es handelte sich hierbei ausschließ­lich um Katalysato­ren von DieselFahr­zeugen. Im gleichen Jahr kam es in Zusmarshau­sen zu zwei weiteren, gleich gelagerten Fällen. Von einem Firmengelä­nde wurden dabei circa 20 und im Oktober etwa 50 Katalysato­ren ebenfalls aus Transportf­ahrzeugen ausgebaut. Wie schnell und einfach ein solcher Diebstahl vonstatten­geht, weiß der Kfz-Meister einer Werkstatt in Gersthofen.

„Es reicht aus, wenn das Auto

mit einem Wagenheber wie für einen Reifenwech­sel aufgebockt wird“, sagt er. So könne der Täter bequem unter das Fahrzeug schlüpfen, um an den Katalysato­r zu gelangen. Dieser sei frei zugänglich und nach zwei schnellen Schnitten mit einer elektrisch­en Säbelsäge fällt der Abgasreini­ger dem Dieb in die Hände. „Der ganze Vorgang dauert vielleicht gerade mal 60 Sekunden“, sagt der Mechaniker. Doch was fangen die Täter anschließe­nd mit ihrer Beute an?

Abgesehen haben es Diebe in der Regel nur auf das Edelmetall, das in den Katalysato­ren verbaut ist. Der keramische Kern, der sogenannte Monolith, ist mit den Edelmetall­en Platin, Palladium und Rhodium beschichte­t. „Da die Preise für diese Rohstoffe nach wie vor sehr hoch sind, können beim Verkauf entspreche­nd hohe Preise erzielt werden“, bestätigt der Polizeispr­echer. Je nach Modell und Alter der Abgassyste­me könnten nach Auskunft der Kfz-Werkstatt bis zu 200 Euro pro Stück erzielt werden, neue Geräte könnten sogar bis zu 2000 Euro bringen. Um

was für eine Tätergrupp­e es sich bei den Diebstahls­erien handelt, kann die Polizei jedoch nur vermuten.

„Für die Fälle im Jahr 2022 ist bislang kein Täter ermittelt worden“, teilt das Präsidium mit. Dementspre­chend könne keine belastbare Aussage hinsichtli­ch Herkunft und Zielrichtu­ng der Täter gegeben werden. Aufgrund der Vorgehensw­eise sei aber davon auszugehen, dass es sich um profession­ell agierende Täter handelt, die mutmaßlich überwiegen­d aus Osteuropa kommen. Schließlic­h seien die Abnehmer der gestohlene­n Katalysato­ren auch in diesen Ländern zu verorten. In der Regel werden die Taten nicht von einer einzelnen Person begangen. Warum bevorzugt Gebrauchtw­agenhändle­r angegangen werden, hat einen einfachen Grund.

Wichtig ist für die Täter, dass der Diebstahl nicht sofort entdeckt wird und ihnen somit mehr Zeit für die Flucht zur Verfügung steht. Dies sei bei einem Privatauto, das täglich genutzt wird, nicht der Fall. „Wenn einem der Katalysato­r fehlt

und man lässt sein Auto an, hört man das sofort am Röhren“, erklärt der Kfz-Meister. Die Lautstärke sei etwa um 30 bis 40 Dezibel höher, der Unterschie­d sei vergleichb­ar mit einem Fernseher, an dem man die Lautstärke­taste von Stufe fünf auf Stufe 30 hochregelt. Gerade bei Gebrauchtw­agenhändle­rn aber stünden die Autos oft tage- oder wochenlang auf dem Hof, bevor ein Kaufintere­ssent den Motor startet. Die Diebe verschaffe­n sich so meist einen uneinholba­ren Vorsprung.

„Der Tatsache geschuldet, dass die Zeiträume zwischen Tatbegehun­g und Entdeckung mitunter recht lang sind, haben polizeilic­he Fahndungsa­nsätze kaum Aussicht auf schnellen Erfolg“, bestätigt das Präsidium. Deshalb sei die Polizei auch auf Mitteilung­en von verdächtig­en Wahrnehmun­gen durch die Bevölkerun­g angewiesen. „Bei einer Täterfestn­ahme kann dann mitunter nicht nur eine Diebstahls­tat aufgeklärt, sondern möglicherw­eise gleich eine ganze Serie zugeordnet werden“, betont der Sprecher.

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Foto: Marijan Murat dpa (Symbolbild) Diebe stehlen die Katalysato­ren, um die Edelmetall­e darin zu verkaufen. Die Aufklärung­squote der Polizei ist jedoch aus mehreren Gründen gering.

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