Augsburger Allgemeine (Land West)
„Jesus, ich liebe dich“
Benedikt XVI. ist tot. Seine letzten Worte richtete er an Gottes Sohn. Der deutsche Papst war ein brillanter Theologe, aber sein Pontifikat hatte auch Schattenseiten. Am Donnerstag wird er unter dem Petersdom beigesetzt.
Papst Benedikt XVI. ist im Alter von 95 Jahren am Silvestertag in Rom gestorben. Am Morgen des 31. Dezember gab Matteo Bruni, der Sprecher des Heiligen Stuhls, bekannt: „Mit Trauer teile ich mit, dass der emeritierte Papst Benedikt XVI. heute um 9.34 Uhr im Kloster Mater Ecclesiae im Vatikan verstorben ist.“Sein Leichnam soll ab Montagmorgen, 2. Januar, im Petersdom aufgebahrt werden, damit sich die Gläubigen von ihm verabschieden können. Die Begräbnisfeier ist für den 5. Januar geplant, Papst Franziskus wird die Messe feiern. Mit den Trauerfeiern und der Beisetzung betritt der Vatikan protokollarisches Neuland. Anders als das Prozedere beim Tod eines amtierenden Papstes, war offiziell nicht geregelt, wie zu verfahren ist, wenn ein Papa Emeritus stirbt.
Seine letzten Tage verbrachte Benedikt XVI. im Kreis seiner engsten Vertrauten. Dazu zählen die vier Frauen der geistlichen Gemeinschaft Memores Domini, die Benedikts Haushalt im VatikanKloster führten. Anwesend waren auch Benedikts Krankenpfleger Bruder Eligius sowie der Arzt Patrizio Polisca, der Ratzinger schon seit über 30 Jahren betreut. Wie es heißt, wollte sich Benedikt trotz seines sich verschlechternden Zustandes nicht ins Krankenhaus einliefern lassen, sondern im Vatikan bleiben.
Auch sein Privatsekretär Erzbischof Georg Gänswein war kurzfristig aus Bayern nach Rom gereist. Gänswein hatte Benedikts Gesundheitsstand zuletzt mit der Metapher einer „ausgehenden Kerze“umschrieben. Die letzten Worte des gestorbenen Papstes waren einem Medienbericht zufolge „Jesus, ich liebe dich“. Das berichtete die argentinische Zeitung La Nación unter Berufung auf informierte Quellen.
Die Wahl des ersten Deutschen nach 480 Jahren galt 2005 als eine Sensation. Es blieb nicht die einzige: Als erster Papst der Neuzeit verzichtete Benedikt XVI. im Februar 2013 auf sein Amt. Da war er 85 Jahre alt und knapp acht Jahre Papst. Der Akt war Bekenntnis und Erkenntnis seiner persönlichen Grenzen zugleich. Traditionalisten haben Benedikt 2013 vorgeworfen, mit seinem Rücktritt das heilige Amt zu entsakralisieren. Heute wird der Schritt ganz überwiegend positiv gesehen.
Verborgen vor der Welt, wie er es versprochen hatte, blieb Benedikt XVI. nicht. Immer wieder meldete er sich öffentlich zu Wort und griff in aktuelle Debatten wie in jene um den Zölibat ein. Dass man in der Folge über ihn als Schattenoder Gegenpapst spekulierte, war die Folge. Sein Nachfolger Franziskus blieb erstaunlich gelassen.
Als Führer der katholischen Kirche hat Benedikt XVI. polarisiert. Verehrer und Kritiker sind sich nicht über die Bedeutung und Wirkung seines Pontifikats einig, wohl aber darüber, dass es sich bei Ratzinger um einen der profiliertesten Theologen der Gegenwart gehandelt hat.
Die Begeisterung in Deutschland über einen scheinbar mild gewordenen Josef Ratzinger hielt nur bis zur ersten Pastoral-Reise in die Heimat im Jahr 2006. Anschließend sollten vor allem Skandale und Kontroversen das Pontifikat prägen. Einen Tiefpunkt markierten die Missbrauchsskandale in der katholischen Kirche.
Papst Franziskus bezeichnete seinen Vorgänger in der Predigt des Vespergottesdiensts am Samstagabend als „so edle, so sanfte Person“und äußerte Dankbarkeit „für all das Gute, das er vollbracht hat, und vor allem für sein Zeugnis des Glaubens und des Gebets“.
Auch im früheren Wohnort Benedikts war die Trauer nach der Todesnachricht groß. Die Bürgermeisterin von Pentling (Landkreis Regensburg), Barbara Wilhelm, sagte, Benedikt habe sich „immer als Pentlinger gefühlt und in der Gemeinde wurde er immer als einer von uns betrachtet“. Der frühere Pontifex hatte von 1970 bis 1977 in der Gemeinde gelebt.
Spitzenpolitiker aus aller Welt würdigten den in Bayern geborenen Ratzinger. Ministerpräsident Markus Söder bezeichnete ihn als „überzeugungsstarken Repräsentanten der katholischen Kirche“. „Der Tod von Benedikt XVI. berührt mich genau wie viele Menschen in Bayern und aller Welt sehr“, sagte er. Mit ihm verliere die Gesellschaft einen der einflussreichsten Theologen.
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