Augsburger Allgemeine (Land West)

Zieht der Staat den Stecker?

Im vergangene­n Jahr haben sich so viele Deutsche für einen Stromer entschiede­n wie noch nie – auch weil der Staat kräftig subvention­ierte. Nun droht der Branche eine Bauchlandu­ng.

- Von Stefan Küpper

Der Markt für E-Autos brummt. Im November vergangene­n Jahres wurden mit 102.600 E-Autos erstmals überhaupt mehr als 100.000 in einem Monat zugelassen, wie der Verband der Automobili­ndustrie (VDA) mitteilte. Der Anteil von Stromern an den Gesamtzula­ssungen stieg auf 39,4 Prozent – auch das ist ein neuer Rekord. Insgesamt wurden im Jahr 2022 rund 659.200 Elektroaut­os zugelassen. Doch ob diese Dynamik sich fortsetzt, ist ungewiss.

Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach, geht davon aus, dass der E-AutoMarkt weiter hochläuft, aber „in geringerer Dynamik als 2022“. Einerseits werden sich die Förderbedi­ngungen verschlech­tern, anderersei­ts gebe es für die Kunden aber immer mehr Modelle zur Auswahl. Bratzel meint deshalb, „dass wir dennoch eine Steigerung der Nachfrage sehen und der Anteil der rein elektrisch­en Fahrzeuge 2023 größer wird.“

Deutlich kritischer blickt Ferdinand Dudenhöffe­r, Direktor am Duisburger Center Automotive Research

(CAR), auf die kommenden E-Auto-Jahre. In einer aktuellen CAR-Analyse heißt es, mit den hohen Strompreis­en und zusätzlich­en Kostenstei­gerungen bei Lithium-Ionen-Batterien sei ein Abbruch der Marktantei­le für Elektroaut­os zu erwarten. „Damit sind die oft zitierten Ziele der Bundesregi­erung, bis zum Jahr 2030 auf Deutschlan­ds Straßen 15 Millionen Elektroaut­os fahren zu haben, auf keinen Fall mehr erreichbar“, schreibt der Experte weiter. Seiner Prognose nach, könnten es im besten Fall rund 7,5 Millionen Elektroaut­os werden.

Entscheide­nd für den Markteinbr­uch ist laut Dudenhöffe­r auch, dass der Staat E-Autos künftig deutlich weniger bezuschuss­t. Bisher konnten sich Käuferinne­n und Käufer über einen Zuschuss von bis zu 9000 Euro vom Bund und dem jeweiligen Hersteller freuen. Seit dem Jahreswech­sel ist damit aber Schluss. Der Bundesante­il liegt nun bei maximal 4500 Euro, die endgültige Höhe hängt vom Kaufpreis ab. Die volle Fördersumm­e gibt es für Autos mit einem Nettoliste­npreis bis 40.000 Euro. Stromer, die über 40.000 und bis 65.000 Euro kosten, erhalten noch 3000 Euro. Fahrzeuge über dieser

Preisgrenz­e sind nicht förderfähi­g. Zum staatliche­n Umweltbonu­s kommt wie bisher noch ein Hersteller­anteil von 50 Prozent hinzu, sodass E-Auto-Käufer im besten Fall noch einen Zuschuss in Höhe von 6750 Euro erhalten können. In Zukunft soll die Prämie weiter sinken.

Beantragen können die Prämie weiterhin auch Gewerbetre­ibende, Stiftungen oder Vereine. Ab dem 1. September, so der ADAC, sind aber nur noch Privatpers­onen berechtigt, einen Förderantr­ag zu stellen. Und: Nur wer sein E-Auto mindestens zwölf Monate hält, hat Anspruch auf die volle Förderung. Vorher waren es sechs. Wer einen Stromer least, muss den Wagen mindestens 23 Monate fahren, damit der Förderbetr­ag voll gewährt wird. Bei einer kürzeren Leasingdau­er wird der Bonus halbiert: Bei Leasingver­trägen bis 23 Monaten gibt es noch 3000 Euro vom Staat. Wer weniger als zwölf Monate least, geht leer aus.

Laut Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkon­trolle (BAFA) wurden seit Start des Programms 2016 rund 1,5 Millionen klimafreun­dliche Fahrzeuge beantragt und mehr als 7,1 Milliarden Euro an Fördermitt­eln für klimafreun­dliche Mobilität ausgezahlt. Auto-Experte Bratzel ist überzeugt, dass der Staat auf längere Sicht schrittwei­se die Höhe der Förderung reduzieren soll, um die Innovation­sanreize für die Hersteller hochzuhalt­en. Zudem sei es wichtig, den Kundinnen und Kunden zu signalisie­ren, dass es sich lohne, früher auf E-Mobilität umzusteige­n.

CAR-Direktor Dudenhöffe­r vertritt eine andere Ansicht. In seiner Analyse kommt er zu dem Schluss, dass gerade in den Segmenten der Kleinst-, Klein- und Kompaktfah­rzeuge sowie Klein- und KompaktSUV ein niedrigere­r Umweltbonu­s die Attraktivi­tät der Elektroant­riebe gegenüber den Benzinern verschlech­tere. Dudenhöffe­r meint: „Wenn man als Staat will, dass das E-Auto verkauft wird, muss man die Nachteile ausgleiche­n: Entweder behalten sie den Umweltbonu­s in der Höhe bei oder sie erhöhen die Mehrwertst­euer beim Kauf von Verbrenner­n oder machen Sprit teurer.“(mit dpa)

Bislang zahlte der Staat über sieben Milliarden Euro

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Foto: Jan Woitas, dpa 2022 war ein gutes Jahr für die E-Mobilität. 2023 könnte es schwierige­r werden.

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