Augsburger Allgemeine (Land West)
Die Weltpresse versammelt sich in einem Lager
Das neue Jahr beginnt ungewohnt. Auf einer Bierbank. Klingt nach durchzechter Nacht, was angesichts des im Kalender stehenden Tages nicht verwundern dürfte. Dann wäre wohl der Platz eher unter dieser Bierbank gewesen. Tatsächlich ist es der Arbeitsplatz beim Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen. Diese Bierbank samt eines gleichfarbigen Tisches stehen im Pressezentrum des historischen Hufeisengebäudes. Eigentlich, so zeigt es ein grünes Schild an der Tür, sind in den beengten Räumlichkeiten ein Büro und ein Lager untergebracht. Zu normalen Zeiten.
Nun aber wird es zum Ort der internationalen Presse, die über den Höhepunkt des SkisprungJahres schreibt. Die Neujahrsveranstaltung in Garmisch-Partenkirchen ist nicht nur ein entscheidender Bestandteil der legendären Vierschanzentournee, sie ist auch für viele Fans ein festes Ritual am ersten Tag des Jahres. Wenn der Kopf noch nicht ganz klar ist, die Sicht vielleicht noch etwas benebelt, ist es gut, auf Vertrautes zurückgreifen zu können. Also Fernseher an und sich vom Wintersport berieseln lassen.
Von meist jungen Männern, die mutig zu Tal springen. Mit Skiern an den Füßen. Die Menschen lieben das, zumindest als Zuschauer. Oft vor dem Fernseher, nun auch wieder live im Stadion. Die Ränge sind am Sonntag voll, die Stimmung ist gut.
Mit Höhepunkt und internationalem Sport-Großereignis hat das mit einem blauen Schild ausgeflaggte Pressezentrum allerdings in etwa so viel zu tun wie Garmisch-Partenkirchen mit einer pulsierenden Metropole. Zwischenzeitlich setzt auch die Internetverbindung aus, wird aber recht zügig wieder zur Verfügung gestellt.
Immerhin, der Ausblick aus den kleinen Fenstern ist schön, geht er doch auf die Berge rund um die Olympiaschanze. Und warm ist es auch, wenngleich ein Fenster immer offen sein muss, um Kabel für den kleinen Fernseher hindurchziehen zu können. Wirkt alles sehr improvisiert. Fast so, als sei kurz vor Beginn des Springens erst die Notwendigkeit solcher Räumlichkeiten erkannt worden. Dabei kümmert sich ein erfahrenes Team um die Öffentlichkeitsarbeit bei der Tournee.
Immerhin, und das ist eine gute Nachricht: Die Wege sind kurz. Aus dem Dachzimmer mit den Bierbänken hin zur Schanze sind es nur wenige Meter. Das war in Garmisch-Partenkirchen schon einmal anders. Einige Jahre war das Pressezentrum in einem nahen Hotel untergebracht, später im Kongresszentrum in der Ortsmitte oder in einem schlecht geheizten Zelt auf einem Tennisplatz. Andererseits: Immerhin aber war dort deutlich mehr Platz vorhanden – wenngleich vor allem die Abende ungemütlich wurden, als eifrige Helfer entschieden, frühzeitig die Heizgebläse abzuschalten. Das aber wäre zumindest in diesem Jahr kein Problem gewesen bei zweistelligen Plusgraden. So aber blieb die Bierbank. Auch eine nette Erfahrung.