Augsburger Allgemeine (Land West)
Statt eingefrorener Zehen droht nun Sonnenbrand
Beim Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen ist es ungewöhnlich warm. Die Springer gehen damit ganz unterschiedlich um. Vor allem Karl Geiger hätte es gerne deutlich kälter
Ein Blick auf den Kalender hilft. 1. Januar steht da, es muss also stimmen. Ein Blick nach draußen und vor allem auf ein Thermometer dagegen bringt neue Zweifel. Wirklich? 1. Januar? Und wirklich Skispringen? Beides stimmt. Es ist der erste Tag des neuen Jahres, und wie immer treffen sich da in Garmisch-Partenkirchen die besten Skispringer der Welt zu Teil zwei der Vierschanzentournee. Am Samstag hatten sie schon bei zweistelligen Plus-Graden ihre Qualifikation bestritten, am Sonntag wurde es kaum kühler. T-Shirt-Wetter beim Skispringen, das gibt es außerhalb des Sommer-Grand-Prix bisher selten. Noch.
Die Skispringer und vor allem die Organisatoren scheinen bereit, sich zu verändern. Womöglich möchten sie ihre Sportart auf das ganze Jahr ausdehnen. Es muss nicht immer Schnee sein, auf Matten lässt sich ähnlich elegant landen. Und ist es wirklich ein schönes Bild, wenn inmitten grüner Natur nur ein schmaler Streifen weiß schimmert, weil eben so viel Kunstschnee produziert wurde, um das Neujahrsspringen tatsächlich wie eine Wintersportveranstaltungen wirken zu lassen?
Die Springer gehen unterschiedlich mit den ungewöhnlichen Bedingungen um. Ryoyu Kobayashi sonnte sich am Samstag auf einer Bank, der Vorjahressieger der Tournee genoss die warmen Temperaturen . Auch auf das kulinarische Angebot wirkt sich das Wetter auf. Glühwein ist bei 13 Grad nur schwer an den Mann oder die Frau zu bringen. Burger, Grillgut also, kommen da wesentlich besser an. Doch glücklich sind längst nicht alle. „Zehn Grad weniger wären schon schön, weil Silvester mit 13 Grad ist schon komisch“, sagte Andreas Wellinger. Der Olympiasieger von 2018 scheint langsam nach seinen langwierigen Verletzungen in Form zu kommen.
Auch Karl Geiger ist kein Freund dieser warmen Temperaturen. Zumindest nicht beim Skispringen.
„Grundsätzlich habe ich es lieber kalt, weil: Wir sind Wintersportler“, sagte der Oberstdorfer. Es muss ja nicht immer so kalt sein wie bei den Olympischen Winterspielen im vergangenen Jahr in Peking, als die Temperaturen zeitweise um die minus 20 Grad betrugen.
An die vielen Fans an der Schanze denkt derweil Markus Eisenbichler. „Ich find’s geil. Die Fans frieren nicht, wir frieren nicht. Was mag man mehr?“, sagte er. Klar ist: Statt sich gegen eingefrorene Zehen zu wappnen, müssen sich die Zuschauerinnen und Zuschauer nun eher wegen eines möglichen Sonnenbrandes sorgen.