Augsburger Allgemeine (Land West)
Benedikt XVI. hatte Wurzeln im Landkreis
Der frühere Papst ist tot. Einige Menschen im Kreis Augsburg haben ihn persönlich getroffen. Sie erinnern sich an die Begegnungen mit Joseph Ratzinger, dessen Großvater in Welden geboren wurde.
Landkreis Augsburg Er war der erste deutsche Papst seit Jahrhunderten und auch der erste seit 600 Jahren, der abgedankt hat. Am Silvestertag ist Benedikt XVI. oder Josef Ratzinger nach längerer Erkrankung gestorben. Auch im Augsburger Land verbinden Menschen wichtige Erinnerungen an das ehemalige Oberhaupt der Katholischen Kirche. Und auch er selbst hatte familiäre Verbindungen zu einer Gemeinde im Landkreis Augsburg. Zeitzeugen erinnern sich.
Eine davon ist die erfolgreiche Historikerin und Bestsellerautorin Martha Schad aus Neusäß: „Mit Papst Benedikt hatte ich eine wunderbare Begegnung im Jahr 2007 oder 2008“, sagt sie. Sie hatte ein paar Jahre zuvor ihr Buch „Gottes mächtige Dienerin“über Schwester Pascalina herausgebracht, das dann 2005 mit der Schauspielerin Christine Neubauer in der Hauptrolle verfilmt worden war. Pascalina Lehnert war eine deutsche Ordensschwester der Schwestern vom Heiligen Kreuz. Bekannt wurde sie als Haushälterin und Assistentin von Papst Pius XII., dem sie bereits in dessen Zeit als Apostolischem Nuntius in Bayern (unter seinem bürgerlichen Namen Eugenio Pacelli) ab Ende 1918 gedient hatte. Im letzten Jahr des Zweiten Weltkriegs und danach (1944– 1958) leitete „Madre Pascalina“das Magazzino, ein international agierendes päpstliches Hilfswerk. In ihrer Zeit im Vatikan (1929–1958) galt sie als außergewöhnlich einflussreich.
Martha Schad erinnert sich an die Begegnung mit dem Papst, von dem es auch eine Aufnahme gibt: „Das Foto stammt entweder aus dem Jahr 2007 oder 2008.“Damals war auch das Augsburger Domkapitel in Rom. „Ich hatte einen Zugang zur Privataudienz auf dem Petersplatz. Neben mir stand der Neffe der Schwester Pascalina aus München und er stellte sich als dieser vor. Dann kam ich an die Reihe und habe Papst Benedikt XVI. mein Buch, das er aber längst schon von mir zugeschickt bekommen hatte, überreicht.“Seine Antwort lautete, er wisse von meinem Buch, denn sein Bruder in Marktl hatte ihm davon am Telefon erzählt mit dem Hinweis, nun gäbe es endlich eine Biografie zur Schwester Pascalina, die im Leben von Papst Pius XII. eine wichtige Rolle gespielt hat. Das von der Neusässer Autorin nach Marktl gesendete Buch war seinem Bruder vorgelesen worden. Der Papst erinnerte sich auch noch daran, dass er bei der Beerdigung von Schwester Pascalina im Campo Santo Teutonico als Kurienkardinal anwesend war. „Ich war völlig davon überrascht, dass Seine Heiligkeit sich an das Gespräch mit seinem Bruder so gut erinnerte und er hat mir damit eine große Freude gemacht“, betont Martha Schad.
Der Königsbrunner Musiker Wolfgang Scherer, der Leiter des Lech-Wertach-Orchesters, traf Benedikt 2009 bei einer persönlichen Audienz. „Er verstand es, das Gespräch so zu lenken, dass man vergaß, dass man vor dem mächtigsten
Kirchenmann der Welt steht“, erinnert sich Scherer. Der Pontifex sei sofort auf ihn zugegangen und habe ihn begrüßt. An seiner Seite befand sich Privatsekretär Georg Gänswein. Auch Papst Johannes Paul II. traf Scherer persönlich.
Er kniete vor ihm und durfte einige Worte mit ihm wechseln. Scherer kam der besondere Augenblick im Jahr 2002 wie eine Ewigkeit vor. Johannes Paul bewies Ortskenntnis und erkundigte sich nach Augsburg und Kloster Maria Stern. Diese Begegnung beeindruckte Scherer tief. „Er hatte jeden sofort mit seinem Blick im Wesen durchschaut.“Dreimal umrahmte der damalige Musiklehrer mit dem Kammerorchester des Augsburger Maria-Stern-Gymnasiums die Generalaudienz von Johannes Paul II. Papst Franziskus
erlebte Scherer vor acht Jahren. Danach erhielt er aus der Hand von Bischof Konrad Zdarsa das päpstliche Ehrenkreuz „Pro Ecclesia et Pontifice“. Der Bischof würdigte Scherers Wirken am Musischen Gymnasium Maria Stern in Augsburg, das zum Schulwerk der Diözese gehört.
Doch auch Papst Benedikt XVI. hatte auch persönliche Verbindungen zum Landkreis Augsburg: Dass der Großvater von Joseph Kardinal Ratzinger in Welden das Licht der Welt erblickte, hat erst um das Jahr 2013 eine ausgedehnte Spurensuche im Holzwinkel bestätigt. So war es zuvor kaum bekannt, dass der päpstliche Stammbaum von Rom bis tief in das Augsburger Land reicht. Geboren wurde der Großvater von Benedikt XVI. in Welden am 22. März 1860.
Noch am gleichen Tag gab ihm der damalige Pfarrer Michael Hartmuth über dem Taufstein der Pfarrkirche Mariä Verkündigung den Namen Isidor.
Sein Vater, Johann Reiß, stammte aus Günzburg. Die Mutter, Maria Anna Rieger, war Weldenerin. Das Geburtshaus der Riegers steht nicht mehr. Mitte des 19. Jahrhunderts gab es in Welden noch keine Straßennamen. Bekannt ist, dass es das Haus mit der damaligen Nummer 90 war. Dieses Haus stand in der heutigen Hofstetter Straße. So sicher es ist, dass der Papst-Großvater Isidor Rieger im Holzwinkel geboren wurde, so unklar ist, wann und wie es den späteren Bäckermeister nach Rimsting am Chiemsee verschlagen hat.
Überliefert sind jedoch Briefe von einer Tante Rosa, die einmal geschrieben hat: Herr Rieger stammte aus Deitschland, weis nicht genau wo, die Mutter war eine Tirolerin, so fanden sich die Leutchen zusammen. Nicht leicht zu entziffern war für den ehemaligen Kreisarchivar Eugen Miller das Taufbuch der Pfarrei Welden, in dem die Geburt des Papst-Großvaters verzeichnet ist. Das Taufbecken steht noch heute in dem Gotteshaus. Isidor Rieger hatte mit seiner Ehefrau Maria acht Kinder. Und Tante Rosa schrieb: Sie hatten auch den Segen Gottes ... Der Storch kehrte sehr gerne ein. Eines aus der Kinderschar war Maria, die Mutter des jetzigen Papstes.
Was die Trauer um den emeritierten Papst betrifft, werde man sich an die Vorgaben der Diözese Augsburg halten, heißt es aus der Pfarreiengemeinschaft. (mit kuep)