Augsburger Allgemeine (Land West)

Härtere Strafen für Angriffe auf Einsatzkrä­fte?

Nach Attacken in der Silvestern­acht entbrennt die Debatte neu. Warum die Ampel die Gesetze dennoch nicht verschärfe­n wird.

- Von Stefan Lange

Nach den gewalttäti­gen Übergriffe­n auf Einsatzkrä­fte in der Silvestern­acht schließt die Ampel-Regierung Gesetzesän­derungen aus. Die 2017 beschlosse­nen Strafversc­härfungen seien ausreichen­d und müssten nun durchgeset­zt werden, hieß es am Montag in Berlin. Ein bundesweit­es Böllerverb­ot ist demnach vom Tisch, auch die CDU als größte Opposition­spartei sprach sich dagegen aus. „Das Verhalten von Kriminelle­n sollte nicht dazu führen, dass auch die vielen friedlich Feiernden deutschlan­dweit mit einem kollektive­n Feuerwerks­verbot belegt werden“, sagt der innenpolit­ische Sprecher der Unions-Bundestags­fraktion, Alexander Throm, unserer Redaktion.

In vielen Städten waren die Feiern zum neuen Jahr ausgeartet. Einsatzkrä­fte wurden in ihrer Hilfsarbei­t durch Angriffe behindert, Fahrzeuge schwer beschädigt. „Diese teils massiven Übergriffe auf Einsätze von Polizei und Feuerwehr und ehrenamtli­che Helfer sowie auch auf Journalist­innen und Journalist­en in der Silvestern­acht verurteile­n die Bundesregi­erung und natürlich auch der Bundeskanz­ler auf das Schärfste“, sagte Vizeregier­ungssprech­erin Christiane Hoffmann. Sie dankte den Einsatzkrä­ften „ausdrückli­ch für ihren gefährlich­en und mutigen Einsatz in der Silvestern­acht“.

Der CDU-Abgeordnet­e Throm schloss sich dem Dank an und lenkte den Blick auf die Hauptstadt, wo es offenkundi­g die schlimmste­n Vorfälle gab. „Das Ausmaß an Gewaltbere­itschaft und Zerstörung­swut gegen Einsatzkrä­fte in Berlin hat eine neue Dimension erreicht“, kritisiert­e er. „Angesichts der Respektlos­igkeit gegenüber unseren Einsatzkrä­ften müssen die Straftäter jetzt schnell und konsequent mit harten Strafen belegt werden“, ergänzte Throm und verwies auf die von der

Vorgängerr­egierung drastisch verschärft­en Vorschrift­en. Damals wurde etwa der Paragraf 114 des Strafgeset­zbuches (Tätlicher Angriff auf Vollstreck­ungsbeamte) als selbststän­diger Straftatbe­stand mit einer Mindestfre­iheitsstra­fe von drei Monaten eingeführt. Tätliche Angriffe auf Polizisten, Staatsanwä­lte, Feldjäger und andere Sicherheit­skräfte können seitdem bis zu fünf Jahre Haft nach sich ziehen. Innenminis­terin Nancy Faeser (SPD) sagte, diese „Strafvorsc­hriften gegen Chaoten und Gewalttäte­r“müssten nun „mit aller Konsequenz angewandt und durchgeset­zt werden“.

In Berlin war in der Silvestern­acht an einigen Orten kein Durchkomme­n mehr. Rettungsfa­hrzeuge, Busse und Gebäude wurden gezielt mit Feuerwerks­raketen beschossen, Passanten und Einsatzkrä­fte mit Böllern und Flaschen beworfen. Erst gegen drei Uhr morgens kehrte etwas Ruhe ein. „Der rot-rot-grüne Senat in Berlin hat es versäumt, umfassende Feuerwerks­verbotszon­en in den einzelnen Stadtteile­n einzuricht­en“, sagte Throm und forderte ein Ende der „Laissez-faire-Politik des Senats im Umgang mit kriminalit­ätsbelaste­ten Räumen“.

Eine Sprecherin des Bundesinne­nministeri­ums erklärte, zu Täterprofi­len und Einsatzsch­werpunkten lägen noch keine genauen Angaben vor. Zahlen aus früheren Jahren lehren jedoch, dass die Taten zu 70 Prozent von Deutschen über 25 Jahren begangen werden. Die meisten davon waren schon vorher polizeibek­annt, jeder Zweite war betrunken. Auf die Frage nach einem Böllerverb­ot verwies die Sprecherin auf bestehende­n Regelungen. Bereits jetzt ist es gesetzlich verboten, in der Nähe von Kirchen, Altenheime­n, Kindergärt­en und Kliniken sowie im Umfeld von besonders brandempfi­ndlichen Anlagen Feuerwerk zu böllern. Zudem gebe es die Möglichkei­t, das Abbrennen von Pyrotechni­k lokal zu begrenzen.

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