Augsburger Allgemeine (Land West)
Feuerwehrleute mit Raketen beschossen
In Berlin sind in der Nacht auf Neujahr 33 Einsatzkräfte verletzt worden. In Bayern war die Lage für die Retter eher entspannt – bis auf zwei Vorfälle in Großstädten.
Ruhig war die Silvesternacht auch in der Region nicht. Polizei, Feuerwehren und Rettungsdienste rückten zu vielen Einsätzen aus. Es brannten Hecken, Müllcontainer und Balkons. Menschen verletzten sich beim Anzünden von Böllern. In Klosterlechfeld im Kreis Augsburg stritten zwei Nachbarn wegen des Feuerwerks so sehr, dass sie sich am Ende gar mit Steinen bewarfen. Aber verglichen mit dem, was in anderen Städten in Deutschland passiert ist, war die Lage für die Einsatzkräfte eher entspannt – bis auf einen Zwischenfall in Nürnberg und einen in Augsburg.
In der Fuggerstadt wurde die Feuerwehr auf dem Weg zu einem Einsatz mit Feuerwerkskörpern beschossen. Sprecher Andreas Kohnle sagt, dass die Einsatzkräfte gerade auf eine Brücke über die Wertach in Richtung Oberhausen fuhren, als eine Gruppe von Menschen eine Raketenbatterie auf die
Feuerwehrautos gerichtet habe. Die Raketen trafen die Wagen, Scheiben gingen zu Bruch. An einen Irrläufer glaubt er nicht. „Viele meiner Kollegen sagen, dass sie an Silvester mit einem unguten Gefühl zu Einsätzen gefahren sind“, sagt Kohnle. Normalerweise sei die Feuerwehr in Augsburg willkommen, wenn sie anrücke.
In Nürnberg wurden Polizeikräfte mit Raketen beschossen, teilt die Polizei mit. Zwei Männer und eine Frau sollen erst auf umliegende Häuser geschossen und danach auf die Beamten gezielt haben. Die Feuerwerkskörper explodierten zum Teil neben den Einsatzkräften.
Doch anders als etwa in Berlin, wo 33 Polizeikräfte und Feuerwehrleute an Silvester verletzt wurden, blieb es in Bayern meist ruhig. Sohrab Taheri-Sohi, Sprecher des Bayerischen Roten Kreuzes, zieht eine positive Bilanz: „Zu gewaltsamen Übergriffen gegen Rettungskräfte ist es – nach jetzigem Kenntnisstand – erfreulicherweise nicht gekommen“, sagt er.
Die beiden Polizeipräsidien in Schwaben teilen mit, dass es keine Übergriffe auf Beamte und Beamtinnen gegeben habe. Eine Sprecherin, die den südwestlichen Teil des Bezirks überblickt, sagt, die Nacht sei vergleichbar gewesen mit jedem anderen Wochenende. Markus Trieb, Sprecher beim Polizeipräsidium Schwaben Nord, fügt an, es habe zwar Beleidigungen und auch Widerstand gegen Verhaftungen gegeben. Auch das sei normal für Wochenenden. Und in München? Gefragt, ob es Angriffe auf Einsatzkräfte gegeben habe, sagt eine Sprecherin der Polizei: „Nein. München ist und bleibt die sicherste Großstadt Deutschlands.“
Die Angriffe in Berlin haben eine bundesweite Debatte darum ausgelöst, wie Einsatzkräfte vor Gewalt geschützt werden können. Manche fordern, dass Feuerwerk für Privatpersonen verboten werden solle. Die Feuerwehrgewerkschaft will, dass Fahrzeuge mit Dashcams – also kleinen Kameras am Armaturenbrett – ausgestattet werden. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) sagt, wer Feuerwehr, Polizei oder Rettungsdienst angreift, muss hart bestraft werden.
Und wie stehen die Einsatzkräfte zur Diskussion ums Böllerverbot und zu Kameras? Ein Rettungsdienstler aus Augsburg sagt, er glaube eher, dass der Alkohol die Menschen aggressiv mache, nicht das Feuerwerk. Feuerwehrmann Kohnle hält ebenfalls wenig von einem Böllerverbot: „Wenn Pyrotechnik als Waffe gegen uns eingesetzt wird, ist das falsch“, sagt er. „Aber die meisten Unfälle und Brände wegen Feuerwerkskörpern passieren doch, weil sie falsch verwendet werden. Ein prinzipielles Verbot halte ich für schwierig.“