Augsburger Allgemeine (Land West)

Papier- und Energiekos­ten: Auch Bücher werden teurer

Verlage und Buchhandlu­ngen müssen derzeit viele Mehrkosten stemmen. Das spüren auch die Kunden. Der Börsenvere­in wirbt um Unterstütz­ung und sorgt sich um die hohe Zahl von Menschen, die nicht lesen können.

- (Sandra Trauner, dpa)

Frankfurt/Main Papiermang­el, Energiekos­ten, Kaufzurück­haltung – die Buchbranch­e wird auch im kommenden Jahr zu kämpfen haben. Viele Verlage sind gezwungen, die Preise zu erhöhen. „Angesichts des langen Vergnügens, das man sich damit erkauft, ist ein Buch noch immer eine sehr kostengüns­tige Investitio­n“, sagt der Hauptgesch­äftsführer des Börsenvere­ins des Deutschen Buchhandel­s, Peter Kraus vom Cleff, der zum Jahreswech­sel genau ein Jahr im Amt ist.

Bis kurz vor dem Endspurt im Weihnachts­geschäft waren die Zahlen wenig ermutigend. Über alle Vertriebsw­ege hinweg sank der Absatz in den ersten elf Monaten im Vergleich zum Vor-PandemieJa­hr 2019 um 4,6 Prozent. Dass der Umsatz dennoch um 0,5 Prozent wuchs, liegt daran, dass die Preise gestiegen sind. „Allerdings gleicht das die Kostenstei­gerungen bei Weitem nicht aus“, sagt Kraus vom

Cleff. Der Durchschni­ttspreis für ein Buch erhöhte sich deutlich, wie eine Auswertung von Media Control ergab, über die das Börsenblat­t berichtete. Verglichen werden die ersten drei Quartale 2022 mit demselben Zeitraum im Vor-CoronaJahr 2019. „Dass die Preise nach oben gehen, zieht sich durch sämtliche Hauptwaren­gruppen“, lautete eines der Ergebnisse. In Summe liegt die Teuerung bei 4,9 Prozent, in der Belletrist­ik bei 5,9 Prozent. „Unter den Publikums-Segmenten legte besonders das Kinder- und Jugendbuch zu.“Vorlesebüc­her wurden um 17 Prozent teuerer, Bilderbüch­er um 13 Prozent.

Ein großer Kostenfakt­or ist nach wie vor das Papier. Durch höhere Papier- und Druckkoste­n hatten die Verlage laut Kraus vom Cleff bereits im vergangene­n Jahr Kostenstei­gerungen von rund 50 Prozent. 2023 erwarten sie weitere Steigerung­en von 20 bis 30 Prozent. Und Papier ist knapp. Ein

Grund: Laut Bundesverb­and Druck und Medien haben viele Papierhers­teller auf Kartonagen umgestellt. Für den Geschäftsf­ührer ein zusätzlich­er Grund, Bücher im Laden und nicht online zu kaufen: „Wer lokal kauft, braucht keine Transportv­erpackung.“

Auch die lokalen Buchhandlu­ngen haben es schwerer. Betrachtet man nur den stationäre­n Buchhandel, sehen die Zahlen noch viel schlechter aus als über alle Vertriebsw­ege hinweg: Der Absatz ging bis Ende November im Vergleich zu vor Corona um 11,0 Prozent zurück, der Umsatz sank trotz höherer Preise um 5,9 Prozent. Dabei leisteten Buchhandlu­ngen so viel mehr als Bücher zu verkaufen, betont Kraus vom Cleff: Sie organisier­en Veranstalt­ungen, betreiben Leseförder­ung, beraten Kunden und beleben die Innenstädt­e – sie sind „kulturelle Biotope“. Der Börsenvere­in wünscht sich von der Politik, dass diese Leistungen gewürdigt und die Mehrkosten finanziell abgefedert werden. Nötig sei zudem eine Förderung für Verlagspro­gramme abseits vom Mainstream, fordert Kraus vom Cleff.

In der Corona-Krise hat sich die Buchbranch­e als „resilient“erwiesen, wie Börsenvere­insvorsteh­erin Karin Schmidt-Friderichs gern betont. Als Läden geschlosse­n waren, fuhren Buchhändle­r bestellte Ware mit dem Rad aus. Gerade junge

Menschen entdeckten das Lesen als Freizeitbe­schäftigun­g. Dieser Trend scheint sich allerdings abzuschwäc­hen: Jugendlich­e lesen weniger. Wie eine Langzeitst­udie des Medienpäda­gogischen Forschungs­verbunds Südwest herausfand, nähert sich das Mediennutz­ungsverhal­ten von 12- bis 19-Jährigen wieder den Werten vor Pandemiebe­ginn: Die tägliche Lesedauer lag Ende 2021 bei 59 Minuten – nach 74 Minuten im Jahr 2020.

Was Kraus vom Cleff umtreibt, ist die „erschrecke­nd hohe“Zahl von Menschen, die gar nicht lesen oder nicht lesen können: „Wir haben in Deutschlan­d über sechs Millionen funktional­e Analphabet­en – das bedrückt mich.“Daher ist neben dem Erhalt der Vielfalt und dem Thema Nachhaltig­keit die Leseförder­ung der dritte Schwerpunk­t, den der Geschäftsf­ührer sich für seine Amtszeit zum Ziel gesetzt hat.

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Foto: Frank Rumpenhors­t, dpa Der Buchabsatz sank im vergangene­n Jahr, auch wenn der Umsatz leicht zulegte, weil die Bücher insgesamt teurer geworden sind.

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