Augsburger Allgemeine (Land West)

Teestuben, Teakhäuser, Tausende bunte Lampions

Dem Flair von Hoi An an der alten Seidenstra­ße kann man sich kaum entziehen. Ein Streifzug durch die wohl charmantes­te Stadt Vietnams.

- VON CAROLA FRENTZEN

Wenn es Nacht wird in Hoi An, schmelzen selbst hartgesott­ene Globetrott­er dahin. Die Welt verwandelt sich in ein buntes Lichtermee­r. Unzählige Lampions flackern an den Häuserfass­aden, auf Balkonen, Brücken und den kleinen Booten, die langsam den Thu Bon River hinuntergl­eiten. Die Stadt an der zentralvie­tnamesisch­en Küste wirkt wie ein Realität gewordenes Klischee – fast zu schön, um wahr zu sein. Kein Wunder, dass Hoi An als charmantes­ter Ort des südostasia­tischen Landes gefeiert wird. Auch tagsüber verzaubert das Städtchen mit einem Labyrinth aus engen Gässchen, in denen hübsche Holzhäuser, Tempel, Teestuben, Boutiquen und Märkte warten. Rikschafah­rer laden zu Rundfahrte­n ein, während Lampion-Verkäufer ihre seidig-leuchtende Produktpal­ette anbieten. Im vierten Jahrhunder­t vom Volk der Cham gegründet, diente die Stadt später dem Champa-Königreich als Hafen und Handelszen­trum. Danach verlor sie an Bedeutung, bis sich ab dem 16. Jahrhunder­t Händler aus China und Japan ansiedelte­n.

Hoi An avancierte zum wichtigste­n Handelshaf­en des Landes und zu einem der HauptUmsch­lagsorte der legendären Seidenstra­ße. Später gründeten unter anderem Portugiese­n, Holländer und Franzosen hier Handelsnie­derlassung­en. Noch

heute zeugen Bauwerke aus den verschiede­nen Epochen von der illustren Stadtgesch­ichte. Eines der bedeutends­ten Zeugnisse aus der Zeit als Handelsmet­ropole ist die „Japanische Brücke“, das Wahrzeiche­n der Stadt.

Chua Cau wird die überdachte Holzbrücke auch genannt, die einst das chinesisch­e und das japanische Viertel verband. Der Bau über einen Nebenfluss des Thu Bon Rivers existiert in

seiner heutigen Form seit 1763. Innen duften Räucherstä­bchen in einem kleinen Schrein, umrahmt von gelben Lampions. Das Tempelchen ist einer Gottheit gewidmet, die über das Wetter wacht. Seeleute, Kaufmänner und Einheimisc­he kamen – und kommen – hierher, um Unwetter und Naturkatas­trophen abzuwehren. Durch die von dicken Holzbalken getragene Überführun­g zu schlendern, ist wie ein Sprung

in eine andere Zeit. Nur einige Ventilator­en, die die flirrend heiße Luft zirkuliere­n lassen, erinnern daran, dass die Tage der alten Seidenstra­ße längst gezählt sind.

Leben im 18. Jahrhunder­t

In Hoi An reihen sich architekto­nische Schmuckstü­cke und idyllische Tempelanla­gen aneinander. Eines der meistbesuc­hten Gebäude ist das Haus von Tan Ky. Hier bekommt

man einen Eindruck davon, wie wohlhabend­e Händler im 18. Jahrhunder­t in Vietnam lebten. Die vier kleinen Räume sind prall gefüllt mit Antiquität­en. Die Architektu­r sei eine einzigarti­ge Mischung aus chinesisch­en, japanische­n und vietnamesi­schen Einflüssen, erzählt eine Führerin. Wer das Haus durch den Hinterausg­ang verlässt, findet sich prompt vor einem beliebten Instagram-Motiv wieder.

Mehrere Touristinn­en posieren vor der gelb gestrichen­en Fassade.

Ein weiteres Highlight ist die Versammlun­gshalle der Chinesen aus Fujian: Hoi Quan Phuoc Kien. Vor mehr als 300 Jahren errichtet, wird hier Thien Hau verehrt, Meeresgött­in und Beschützer­in der Seefahrer. Die Halle ist gefüllt mit Statuen und Tierfigure­n aus China. Die Luft wird von aromatisch­en Schwaden durchzogen. Von der Decke hängen riesige rote Räucherspi­ralen, an denen Zettel angebracht sind. Darauf Wünsche und Nachrichte­n, die über den Rauch an Verstorben­e geleitet werden sollen. Die Dämmerung bricht herein und Menschen strömen zur „Bridge of Lights“(Cau An Hoi) über den Thu Bon River. Von dort aus blickt man auf die beiden Uferseiten. Sie leuchten im Schein von Tausenden Laternen.

 ?? Fotos (5): Carola Frentzen, tmn ?? Lampions sind in Hoi An allgegenwä­rtig. Auch diese Bar in der Altstadt ist reichlich mit Lampions geschmückt.
Fotos (5): Carola Frentzen, tmn Lampions sind in Hoi An allgegenwä­rtig. Auch diese Bar in der Altstadt ist reichlich mit Lampions geschmückt.
 ?? ?? Auf dem Thu Bon River pulsiert in der anbrechend­en Dämmerung das Leben.
Auf dem Thu Bon River pulsiert in der anbrechend­en Dämmerung das Leben.
 ?? ?? Die „Japanische Brücke” ist das Wahrzeiche­n von Hoi An. Seit 1763 ist das Bauwerk unveränder­t.
Die „Japanische Brücke” ist das Wahrzeiche­n von Hoi An. Seit 1763 ist das Bauwerk unveränder­t.
 ?? ?? Wer nicht mehr laufen will, nimmt eine Fahrrad‰Rikscha.
Wer nicht mehr laufen will, nimmt eine Fahrrad‰Rikscha.
 ?? ?? Der Schrein auf der Brücke ist einer taoistisch­en Gottheit gewidmet.
Der Schrein auf der Brücke ist einer taoistisch­en Gottheit gewidmet.

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