Augsburger Allgemeine (Land West)

Kopfhörer und ihre Nutzen

- Von Tilmann Mehl

Es gibt feine Unterschie­de zwischen der Arbeit als Fußballpro­fi und jener im Straßenbau, die unvoreinge­nommenen Beobachten­den nicht sofort auffallen. Weil ja phänotypis­ch oftmals ähnlich. Muskulöser Oberkörper und Neigung, Gliedmaßen künstleris­ch wertvoll vom Tattoo-Künstler des Vertrauens aufhübsche­n zu lassen. Und dann ja auch die Tätigkeit an sich. Wichtig für das Gemeinwese­n. Weil die Deutschen ihre Freiheit am liebsten mit 220 km/h auf der Autobahn ausleben oder aber Millionäre beschimpfe­n, die unfähig sind, einen Ball aus drei Metern ins Tor zu schießen. Und dann auch noch die Ohren. Zumeist umhüllt von einem Kopfhörer. Hier aber auch der große Unterschie­d. Im Straßenbau dient er als Schutz, weil sich Presslufth­ammerlärm als nicht allzu förderlich bezüglich der Hörfähigke­it erwiesen hat.

Fußballer hingegen tragen die tellergroß­en Insignien ihres Berufsstan­des, um sich auf den Lärm vorzuberei­ten. Musikbesch­allung zur Fokussieru­ng auf die Aufgaben, die da warten. Abschottun­g von der Außenwelt. Was mit Villen in Reichen-Gettos nicht gelingt, soll Gangsta-Rap schaffen. Oder, um in der Sprache des Bauwesens zu bleiben: Sie befinden sich im Tunnel. An dessen Ende wartet ein Flutlicht.

Gerwyn Price verdiente einst als profession­eller Rugby-Spieler Geld. Das ist ihm auch heute noch

anzusehen, wenn er als Darts-Profi an die Scheibe tritt. Ein Oberkörper, der jedem Straßenbau­arbeiter zur Ehre gereichen würde. Weil es mit dem Werfen der Pfeile im Viertelfin­ale der WM aber so gar nicht klappen wollte, unternahm er mittels Kopfhörern den Versuch, sich dem lärmenden Umfeld zu entziehen. Ob durch geräuschun­terdrücken­den Gehörschut­z oder walisische­s Liedgut, ist nicht bekannt. Dafür aber das Resultat.

Die Nummer eins der Weltrangli­ste hatte dem deutschen Außenseite­r Gabriel Clemens auch mit Kopfhörern nichts entgegenzu­setzen. Fokussieru­ng misslungen, Tunnel eingestürz­t. Könnte ein mahnendes Beispiel für all die Kicker sein, die so gerne der Realität entfliehen. Immerhin aber haben die es sich auch bislang schon verkniffen, mit Kopfhörern auf das Spielfeld zu laufen.

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Foto: Zac Goodwin, dpa Gerwyn Price brachten die Kopfhörer kein Glück.
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