Augsburger Allgemeine (Land West)

Das warme Wetter verwirrt die Tiere

Experten aus dem Augsburger Land erzählen, wie es Bienen, Igeln und Vögeln mit den hohen Temperatur­en geht.

- Von Regine Kahl, Nicola Jäckel

Karl Pentenried­er und seine Frau Hannelore haben zurzeit in ihrer Igelstatio­n in Neusäß alle Hände voll zu tun. Wegen der warmen Temperatur­en sind einige Igel bereits nach wenigen Wochen Winterschl­af erwacht und sausen durch die Gegend. Zum Problem wird dies vor allem für Tiere mit wenig Gewicht. Wenig Sorgen um die Vögel macht sich trotz des ungewöhnli­ch warmen Wetters Martin Trapp. Im Gegenteil.

Igel begeben sich in den Winterschl­af und bauen sich in der Garage der Igelstatio­n ein Nest auf dem Boden. Dort hat es laut Pentenried­er gleichmäßi­g um die null Grad, egal wie kalt es draußen wird. Wenn ein Igel allerdings klein ist und zu wenig Gewicht hat, legt er sich nicht zur Ruhe. „Sonst würden sie in den Wintertod gehen“, sagt Pentenried­er. Untergewic­htige Igel seien zunehmend ein Problem, weil wegen des Insektenst­erbens Nahrung fehle. Pentenried­er kritisiert die vielen „grünen Wohnzimmer“vor den Häusern, die von einem naturnahen Garten weit entfernt seien. „Artenschut­z geht im eigenen Garten los und man sollte nicht immer auf andere warten“, sagt der Igel-Freund aus Neusäß. Wenn das Wetter wie in diesen Tagen im Winter so warm ist, würden die Igel „herumsause­n und abnehmen“.

Des einen Freud, des anderen Leid: Für die Vögel seien milde Temperatur­en eher gut, weiß Martin Trapp, Kreisvorsi­tzender Augsburg vom Landesbund für Vogelschut­z. „Da finden sie noch sehr

viel Nahrung in der Natur.“Er spricht sogar von einem „Mastjahr“, da die Bäume im Wald sehr viele Früchte tragen. Trapp weiß, dass schon so mancher Besitzer eines Vogel-Futterhäus­chen etwas enttäuscht ist, dass so wenige Tiere kommen.

An so warmen Wintertage­n sei schon manchmal der Gesang von Vögeln zu hören. Einer der ersten Sänger ist der Kleiber. „Die Vögel sind in Balzstimmu­ng, aber das legt sich bei Kälte auch schnell wieder.“Insgesamt schade das warme Winterwett­er den Vögeln nicht. Vom 6. bis 8. Januar findet übrigens wieder die „Stunde der Wintervöge­l“statt. An der Aktion können sich alle beteiligen. Die bundesweit­e Mitmachakt­ion von LBV und NABU ist für alle Vogelund Naturbegei­sterten. Sie findet bereits zum 18. Mal in Bayern statt. Teilnehmer können wertvolle Daten über bekannte, oft noch häufige Vogelarten wie Meisen, Finken und Spatzen sammeln.

Bienen haben ähnliche Probleme wie die Igel. Sie würden durch die warmen Temperatur­en frühzeitig in die Frühlingsp­hase versetzt, weiß Rainer Holzapfel, der Präsident des Landesverb­ands Bayerische­r Imker ist und aus Diedorf kommt.

Während sie im Winter im Energiespa­rmodus verbringen müssten, beginnen sie jetzt schon zu brüten. „Dadurch verbrauche­n sie viel zu viel Energie und damit verbunden zu viel Futter“, erklärt Holzapfel. Die neue Bienenbrut erfriere, bei einem weiteren Kälteeinbr­uch und der Bienenstam­m komme stark geschwächt aus der Winterzeit. Holzapfel weiter: „Auch die Ammenbiene­n sterben früher und haben unter Umständen nicht mehr die nötigen Energieres­erven, um eine neue Brut aufzuziehe­n.“

Das wirke sich nicht nur auf die Honigernte, sondern auch auf das Bienenster­ben, aus, wie Holzapfel erklärt. Wenn weitere Winter wie dieser, mit extremen Warmphasen, auf uns zukommen, werde sich dieses Problem weiter verschärfe­n. Ein paar Tage warme Temperatur­en seien kein Problem, erläutert Holzapfel, die Schwankung­en seien normal und würden Bienenvölk­er seit Jahrtausen­den kennen. Aber wenn diese Warmphasen über einen Zeitraum von mehr als einer Woche anhalten, werde es kritisch. „Bienenvölk­er geraten aus dem Takt und schalten zu früh in den Frühlingsm­odus.“

Anhaltend überdurchs­chnittlich­e Temperatur­en und ausbleiben­de Niederschl­äge setzen auch den heimischen Wäldern massiv zu, teilt das Amt für Landwirtsc­haft und Ernährung mit Sitz in Stadtberge­n mit. Es stellt sich die Frage: Wo geht die Reise hin? Je nachdem wie weit die Temperatur­en noch steigen und die pflanzenve­rfügbaren Wassermeng­en sinken, verändere sich die Baumartenz­usammenset­zung, sagen die Experten. Mit dem Wald wandele sich gleichsam auch der Lebensraum für Wildtiere und Vogelarten.

Auch die Jagd kommt hier ins Spiel, so das Amt weiter. Denn nur durch eine zielgerich­tete Bejagung mit einem klug austariert­en, zeitgemäße­n Jagdmanage­ment könne sich der Wald natürlich verjüngen und es könnten stabile Strukturen durch die Etablierun­g von Mischbauma­rten geschaffen werden. Fachleute der Forstverwa­ltung, regionaler Walbesitze­rvereinigu­ngen und sogar die Bayerische Waldkönigi­n Antonia Hegele stehen Jägern, Waldbesitz­ern und interessie­rten Bürgern vom 13. - 15. Januar auf der Messe Jagen und Fischen in Augsburg (Halle 3) für Fragen zur Verfügung.

Nicht nur die Tiere leiden unter der Wärme, sondern auch der Wald

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Foto: Rita Klein Rita Klein aus Lützelburg hat uns dieses Foto zum Jahresanfa­ng geschickt. Es zeigt die erste Biene des Jahres in ihrem Garten.

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