Augsburger Allgemeine (Land West)
Das warme Wetter verwirrt die Tiere
Experten aus dem Augsburger Land erzählen, wie es Bienen, Igeln und Vögeln mit den hohen Temperaturen geht.
Karl Pentenrieder und seine Frau Hannelore haben zurzeit in ihrer Igelstation in Neusäß alle Hände voll zu tun. Wegen der warmen Temperaturen sind einige Igel bereits nach wenigen Wochen Winterschlaf erwacht und sausen durch die Gegend. Zum Problem wird dies vor allem für Tiere mit wenig Gewicht. Wenig Sorgen um die Vögel macht sich trotz des ungewöhnlich warmen Wetters Martin Trapp. Im Gegenteil.
Igel begeben sich in den Winterschlaf und bauen sich in der Garage der Igelstation ein Nest auf dem Boden. Dort hat es laut Pentenrieder gleichmäßig um die null Grad, egal wie kalt es draußen wird. Wenn ein Igel allerdings klein ist und zu wenig Gewicht hat, legt er sich nicht zur Ruhe. „Sonst würden sie in den Wintertod gehen“, sagt Pentenrieder. Untergewichtige Igel seien zunehmend ein Problem, weil wegen des Insektensterbens Nahrung fehle. Pentenrieder kritisiert die vielen „grünen Wohnzimmer“vor den Häusern, die von einem naturnahen Garten weit entfernt seien. „Artenschutz geht im eigenen Garten los und man sollte nicht immer auf andere warten“, sagt der Igel-Freund aus Neusäß. Wenn das Wetter wie in diesen Tagen im Winter so warm ist, würden die Igel „herumsausen und abnehmen“.
Des einen Freud, des anderen Leid: Für die Vögel seien milde Temperaturen eher gut, weiß Martin Trapp, Kreisvorsitzender Augsburg vom Landesbund für Vogelschutz. „Da finden sie noch sehr
viel Nahrung in der Natur.“Er spricht sogar von einem „Mastjahr“, da die Bäume im Wald sehr viele Früchte tragen. Trapp weiß, dass schon so mancher Besitzer eines Vogel-Futterhäuschen etwas enttäuscht ist, dass so wenige Tiere kommen.
An so warmen Wintertagen sei schon manchmal der Gesang von Vögeln zu hören. Einer der ersten Sänger ist der Kleiber. „Die Vögel sind in Balzstimmung, aber das legt sich bei Kälte auch schnell wieder.“Insgesamt schade das warme Winterwetter den Vögeln nicht. Vom 6. bis 8. Januar findet übrigens wieder die „Stunde der Wintervögel“statt. An der Aktion können sich alle beteiligen. Die bundesweite Mitmachaktion von LBV und NABU ist für alle Vogelund Naturbegeisterten. Sie findet bereits zum 18. Mal in Bayern statt. Teilnehmer können wertvolle Daten über bekannte, oft noch häufige Vogelarten wie Meisen, Finken und Spatzen sammeln.
Bienen haben ähnliche Probleme wie die Igel. Sie würden durch die warmen Temperaturen frühzeitig in die Frühlingsphase versetzt, weiß Rainer Holzapfel, der Präsident des Landesverbands Bayerischer Imker ist und aus Diedorf kommt.
Während sie im Winter im Energiesparmodus verbringen müssten, beginnen sie jetzt schon zu brüten. „Dadurch verbrauchen sie viel zu viel Energie und damit verbunden zu viel Futter“, erklärt Holzapfel. Die neue Bienenbrut erfriere, bei einem weiteren Kälteeinbruch und der Bienenstamm komme stark geschwächt aus der Winterzeit. Holzapfel weiter: „Auch die Ammenbienen sterben früher und haben unter Umständen nicht mehr die nötigen Energiereserven, um eine neue Brut aufzuziehen.“
Das wirke sich nicht nur auf die Honigernte, sondern auch auf das Bienensterben, aus, wie Holzapfel erklärt. Wenn weitere Winter wie dieser, mit extremen Warmphasen, auf uns zukommen, werde sich dieses Problem weiter verschärfen. Ein paar Tage warme Temperaturen seien kein Problem, erläutert Holzapfel, die Schwankungen seien normal und würden Bienenvölker seit Jahrtausenden kennen. Aber wenn diese Warmphasen über einen Zeitraum von mehr als einer Woche anhalten, werde es kritisch. „Bienenvölker geraten aus dem Takt und schalten zu früh in den Frühlingsmodus.“
Anhaltend überdurchschnittliche Temperaturen und ausbleibende Niederschläge setzen auch den heimischen Wäldern massiv zu, teilt das Amt für Landwirtschaft und Ernährung mit Sitz in Stadtbergen mit. Es stellt sich die Frage: Wo geht die Reise hin? Je nachdem wie weit die Temperaturen noch steigen und die pflanzenverfügbaren Wassermengen sinken, verändere sich die Baumartenzusammensetzung, sagen die Experten. Mit dem Wald wandele sich gleichsam auch der Lebensraum für Wildtiere und Vogelarten.
Auch die Jagd kommt hier ins Spiel, so das Amt weiter. Denn nur durch eine zielgerichtete Bejagung mit einem klug austarierten, zeitgemäßen Jagdmanagement könne sich der Wald natürlich verjüngen und es könnten stabile Strukturen durch die Etablierung von Mischbaumarten geschaffen werden. Fachleute der Forstverwaltung, regionaler Walbesitzervereinigungen und sogar die Bayerische Waldkönigin Antonia Hegele stehen Jägern, Waldbesitzern und interessierten Bürgern vom 13. - 15. Januar auf der Messe Jagen und Fischen in Augsburg (Halle 3) für Fragen zur Verfügung.
Nicht nur die Tiere leiden unter der Wärme, sondern auch der Wald