Augsburger Allgemeine (Land West)
Was Touristen in den Landkreis treibt
Die Übernachtungszahlen in Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen steigen wieder. Doch so viele wie vor Corona sind es bislang nicht. Woran es noch hakt.
Im Augsburger Land näherten sich 2023 nach dem Corona-Einschnitt die Besucherzahlen von außerhalb wieder mit stetigen Schritten den Vor-Pandemie-Werten an: Wie die Regio Augsburg Tourismus GmbH berichtet, sind mit rund 200.000 Ankünften sowie knapp 400.000 Übernachtungen beide Zahlen um etwa 15 Prozent gegenüber dem Vorjahreswert gestiegen – nimmt man 1998 als Vergleichsjahr, betrug der Zuwachs sogar mehr als 33 Prozent. Dass dabei trotzdem noch nicht ganz die Spitzenwerte von 2018 und 2019 erreicht worden sind, läge schlichtweg an der Pandemie-Einschränkungen, die insbesondere auch Messen, Tagungen und Kongresse im Landkreis wie auch in der Stadt selbst nahezu unmöglich gemacht hatten. Gersthofen und Neusäß spielen beim Zuwachs eine besondere Rolle. Doch die Pandemie hat noch eine weitere Folge für die Branche.
Dass die positiven Werte aber keineswegs gleichermaßen für den gesamten Freistaat gelten, macht Regio Augsburg mit einem direkten Vergleich deutlich: Die Besucherankünfte im Bundesland Bayern liegen etwa zwei Prozentpunkte unter jenen des Landkreises, bei den Übernachtungen sind sogar fünf Prozentpunkte Unterschied zu verzeichnen. Dass sich diese Werte im Landkreis derart überdurchschnittlich verbessert haben, führt Regio nicht zuletzt auf die stark vorangetriebene Erweiterung der Bettenkapazitäten am Rande der Großstadt Augsburg zurück – wobei hauptsächlich die Aufstockung in Neusäß und Gersthofen als ganz besonders erwähnenswert erscheine.
Und noch eine statistische Zahl: Im Landkreis Augsburg gibt es ebenso wie in der Stadt jeweils rund 60 Beherbergungsbetriebe. Allerdings ist die Bettenzahl in der Stadt doppelt so hoch wie im Landkreis. Die Bettenauslastung im Landkreis mag mit 33 Prozent auf den ersten Blick vielleicht als etwas wenig erscheinen, doch dieser Wert kann ganz gewaltig täuschen: Diese Zahl bedeutet nämlich keineswegs, dass im Durchschnitt nur 33 Prozent der Hotelzimmer belegt sind – denn „Betten“und „Zimmer“stellen zwei ganz unterschiedliche Bezugsgrößen dar: Ein gebuchtes Einzelzimmer hat dennoch meistens zwei Betten aufzuweisen, sodass die tatsächliche Zimmerbelegung im Augsburger Land tatsächlich circa 50 Prozent beträgt.
Welches sind aber nun die genauen Ursachen, weshalb sich Besucher für einen Urlaub im Landkreis entscheiden? Das hat laut Katrin Gerschewske von Regio Augsburg eine Vielzahl von Gründen: Neben „klassischen“Urlaubsgründen wie Radfahren, Wandern und Kulturbesuche spielen auch sogenannte „Etappenstopps“auf sehr viel längeren Urlaubsrouten eine wichtige Rolle. Als Beispiele dafür werden von Gerschewske Pilgerwege, die Romantische Straße sowie der Lechradweg genannt.
Viele Gäste würden den Landkreis Augsburg aber auch als Übernachtungsstation für Ausflüge in die nähere bayerische Umgebung nutzen – nicht zuletzt aufgrund des Günzburger Legolands. Hinzu kämen neben dem reinen Urlaubsaspekt auch selbstorganisierte Tagungen, wofür der Landkreis ebenfalls bestens aufgestellt sei. Beliebte Treffpunkte seien diesbezüglich unter anderem das Kloster Holzen, der Schwarze Reiter in Horgau, die Alte Posthalterei in Zusmarshausen oder das Parkhotel Schmid in Adelsried. Doch ist eine solche Entwicklung nicht auch in den benachbarten Landkreisen zu spüren? Überraschenderweise sind dabei tatsächlich deutliche Unterschiede zu erkennen. So hat sich die Anzahl der Übernachtungsbetriebe in Aichach-Friedberg seit knapp zehn Jahren praktisch kaum verändert, während in AugsburgLand allein vergangenes Jahr vier neue Hotels dazugekommen sind.
Die Gäste bleiben im Durchschnitt 1,9 Nächte im Landkreis Augsburg, ergänzt die Gewerkschaft
Nahrung – Genuss – Gaststätten (NGG) in Augsburg mit Bezug auf Zahlen des Bayerischen Landesamtes für Statistik. Aus Sicht der Gewerkschaft könnten die Zahlen für den Landkreis leicht noch besser sein, wenn da nicht das Thema Personalmangel auch im Gastgewerbe wäre. Immer mehr Arbeit werde derzeit von immer weniger Fachkräften geschultert, so NGG-Geschäftsführerin Laura Schimmel. Während der CoronaPandemie sei Personal abgewandert und noch immer konnten die Lücken nicht wieder gefüllt werden, erläutert sie.
Bemerkbar mache sich der Fachkräftemangel zudem in ausgedünnten Speisekarten und vermehrten Schließtagen. Gute Leute benötigten jedoch auch gute Bezahlung, so Schimmel weiter. Gegenwärtig laufen Tarifverhandlungen der NGG in Bayern mit dem Dachverband der Gastronomie, Dehoga Bayern. Mit einem Einstiegsgehalt von 3000 Euro könne man auch erreichen, dass die relativ hohe Abbrecherquote bei den Auszubildenden gesenkt werde.
Die Gäste bleiben im Durchschnitt 1,9 Nächte.