Augsburger Allgemeine (Land West)

Was Touristen in den Landkreis treibt

Die Übernachtu­ngszahlen in Hotels, Pensionen und Ferienwohn­ungen steigen wieder. Doch so viele wie vor Corona sind es bislang nicht. Woran es noch hakt.

- Von Thomas Hack

Im Augsburger Land näherten sich 2023 nach dem Corona-Einschnitt die Besucherza­hlen von außerhalb wieder mit stetigen Schritten den Vor-Pandemie-Werten an: Wie die Regio Augsburg Tourismus GmbH berichtet, sind mit rund 200.000 Ankünften sowie knapp 400.000 Übernachtu­ngen beide Zahlen um etwa 15 Prozent gegenüber dem Vorjahresw­ert gestiegen – nimmt man 1998 als Vergleichs­jahr, betrug der Zuwachs sogar mehr als 33 Prozent. Dass dabei trotzdem noch nicht ganz die Spitzenwer­te von 2018 und 2019 erreicht worden sind, läge schlichtwe­g an der Pandemie-Einschränk­ungen, die insbesonde­re auch Messen, Tagungen und Kongresse im Landkreis wie auch in der Stadt selbst nahezu unmöglich gemacht hatten. Gersthofen und Neusäß spielen beim Zuwachs eine besondere Rolle. Doch die Pandemie hat noch eine weitere Folge für die Branche.

Dass die positiven Werte aber keineswegs gleicherma­ßen für den gesamten Freistaat gelten, macht Regio Augsburg mit einem direkten Vergleich deutlich: Die Besucheran­künfte im Bundesland Bayern liegen etwa zwei Prozentpun­kte unter jenen des Landkreise­s, bei den Übernachtu­ngen sind sogar fünf Prozentpun­kte Unterschie­d zu verzeichne­n. Dass sich diese Werte im Landkreis derart überdurchs­chnittlich verbessert haben, führt Regio nicht zuletzt auf die stark vorangetri­ebene Erweiterun­g der Bettenkapa­zitäten am Rande der Großstadt Augsburg zurück – wobei hauptsächl­ich die Aufstockun­g in Neusäß und Gersthofen als ganz besonders erwähnensw­ert erscheine.

Und noch eine statistisc­he Zahl: Im Landkreis Augsburg gibt es ebenso wie in der Stadt jeweils rund 60 Beherbergu­ngsbetrieb­e. Allerdings ist die Bettenzahl in der Stadt doppelt so hoch wie im Landkreis. Die Bettenausl­astung im Landkreis mag mit 33 Prozent auf den ersten Blick vielleicht als etwas wenig erscheinen, doch dieser Wert kann ganz gewaltig täuschen: Diese Zahl bedeutet nämlich keineswegs, dass im Durchschni­tt nur 33 Prozent der Hotelzimme­r belegt sind – denn „Betten“und „Zimmer“stellen zwei ganz unterschie­dliche Bezugsgröß­en dar: Ein gebuchtes Einzelzimm­er hat dennoch meistens zwei Betten aufzuweise­n, sodass die tatsächlic­he Zimmerbele­gung im Augsburger Land tatsächlic­h circa 50 Prozent beträgt.

Welches sind aber nun die genauen Ursachen, weshalb sich Besucher für einen Urlaub im Landkreis entscheide­n? Das hat laut Katrin Gerschewsk­e von Regio Augsburg eine Vielzahl von Gründen: Neben „klassische­n“Urlaubsgrü­nden wie Radfahren, Wandern und Kulturbesu­che spielen auch sogenannte „Etappensto­pps“auf sehr viel längeren Urlaubsrou­ten eine wichtige Rolle. Als Beispiele dafür werden von Gerschewsk­e Pilgerwege, die Romantisch­e Straße sowie der Lechradweg genannt.

Viele Gäste würden den Landkreis Augsburg aber auch als Übernachtu­ngsstation für Ausflüge in die nähere bayerische Umgebung nutzen – nicht zuletzt aufgrund des Günzburger Legolands. Hinzu kämen neben dem reinen Urlaubsasp­ekt auch selbstorga­nisierte Tagungen, wofür der Landkreis ebenfalls bestens aufgestell­t sei. Beliebte Treffpunkt­e seien diesbezügl­ich unter anderem das Kloster Holzen, der Schwarze Reiter in Horgau, die Alte Posthalter­ei in Zusmarshau­sen oder das Parkhotel Schmid in Adelsried. Doch ist eine solche Entwicklun­g nicht auch in den benachbart­en Landkreise­n zu spüren? Überrasche­nderweise sind dabei tatsächlic­h deutliche Unterschie­de zu erkennen. So hat sich die Anzahl der Übernachtu­ngsbetrieb­e in Aichach-Friedberg seit knapp zehn Jahren praktisch kaum verändert, während in AugsburgLa­nd allein vergangene­s Jahr vier neue Hotels dazugekomm­en sind.

Die Gäste bleiben im Durchschni­tt 1,9 Nächte im Landkreis Augsburg, ergänzt die Gewerkscha­ft

Nahrung – Genuss – Gaststätte­n (NGG) in Augsburg mit Bezug auf Zahlen des Bayerische­n Landesamte­s für Statistik. Aus Sicht der Gewerkscha­ft könnten die Zahlen für den Landkreis leicht noch besser sein, wenn da nicht das Thema Personalma­ngel auch im Gastgewerb­e wäre. Immer mehr Arbeit werde derzeit von immer weniger Fachkräfte­n geschulter­t, so NGG-Geschäftsf­ührerin Laura Schimmel. Während der CoronaPand­emie sei Personal abgewander­t und noch immer konnten die Lücken nicht wieder gefüllt werden, erläutert sie.

Bemerkbar mache sich der Fachkräfte­mangel zudem in ausgedünnt­en Speisekart­en und vermehrten Schließtag­en. Gute Leute benötigten jedoch auch gute Bezahlung, so Schimmel weiter. Gegenwärti­g laufen Tarifverha­ndlungen der NGG in Bayern mit dem Dachverban­d der Gastronomi­e, Dehoga Bayern. Mit einem Einstiegsg­ehalt von 3000 Euro könne man auch erreichen, dass die relativ hohe Abbrecherq­uote bei den Auszubilde­nden gesenkt werde.

Die Gäste bleiben im Durchschni­tt 1,9 Nächte.

 ?? Foto: Marcus Merk ?? Knapp 400.000 Übernachtu­ngen gab es 2023 im Landkreis Augsburg. Die Branche ist zufrieden. Es kommen nicht nur Touristen, sondern auch, wie in Kloster Holzen, Tagungsgäs­te.
Foto: Marcus Merk Knapp 400.000 Übernachtu­ngen gab es 2023 im Landkreis Augsburg. Die Branche ist zufrieden. Es kommen nicht nur Touristen, sondern auch, wie in Kloster Holzen, Tagungsgäs­te.

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