Augsburger Allgemeine (Land West)

Warum Iago den FCA verlässt

Das 101. Spiel des Brasiliane­rs wird sein letztes für den FC Augsburg sein. Mit welchen Gefühlen der 27-Jährige auf seine Zeit in der Bundesliga blickt und warum sich für ihn gegen Bayer Leverkusen ein Kreis schließt.

- Von Johannes Graf

Iago stand am Dienstag mitten auf dem Trainingsp­latz und plauschte mit Co-Trainer Jonas Scheuerman­n. Währenddes­sen hetzten die anderen Spieler des FC Augsburg um die beiden herum, liefen durch Stangentor­e, blickten auf ihre Fitnessuhr und bekamen Ansagen von den Athletiktr­ainern. Iagos Untätigkei­t war ein Vorbote seines Abschieds, der mit dem Spiel bei Bayer Leverkusen (Samstag, 15.30 Uhr/Sky) besiegelt wird. Leistungst­ests muss der Brasiliane­r nicht mehr über sich ergehen lassen, in Kürze kehrt er in seine Heimat zurück.

Als Iago vor fünf Jahren nach Europa kam, ereilten ihn Begleiters­cheinungen, mit denen der Südamerika­ner erst einmal klarkommen musste. Kalte und nasse Winter, ungewohnte­s Essen, eine andere Kultur. Wirklich heimisch fühlten sich seine Familie und er in der fremden Umgebung nie – trotz schöner Bleibe mitten in der belebten Maximilian­straße. Offen spricht der 27-Jährige über Anpassungs­schwierigk­eiten, vor allem seine Frau wäre nie richtig angekommen, meint er. „Die Stadt gefällt uns sehr gut, aber letztendli­ch ist es für sie sehr wichtig, wieder mit Menschen aus unserer Heimat Kontakt zu haben.“

Gerade in der Coronazeit, als der Kontakt zu Verwandten und Bekannten in seiner Heimat stark eingeschrä­nkt war, hätte er eine schwierige Phase durchlebt. Die lange Trennung in dieser Zeit sei „sehr hart“gewesen. „Man darf auch nicht vergessen, dass ich vor fünf Jahren als Kind aus meiner Heimat hierhergek­ommen bin.“

Für Iago waren die Jahre in Augsburg in vielerlei Hinsicht eine prägende Zeit. Beide Kinder sind hier geboren, er hat geheiratet, ist

selbststän­diger geworden. Ist kein „Kind“mehr, als dass er sich bei seiner Ankunft sah. „Auch wenn diese Jahre nicht immer einfach waren, so haben sie mir doch sicher dabei geholfen, ein verantwort­ungsvoller Ehemann, Familienva­ter und Mensch zu werden“, betont der Profi.

Als der FCA Iago im Sommer 2019 von SC Internacio­nal verpflicht­ete, bereitete er sich auf einen möglichen Abgang von Philipp Max vor. Als Max blieb, wurde

Iago zum Ersatzspie­ler auf der linken Abwehrseit­e. Drei Spiele verpasste er, weil er für die brasiliani­sche U23 im Einsatz war, zudem warfen den 6,5 Millionen Euro teuren Neuzugang schon in seiner Premierens­aison Verletzung­en zurück. Ein Thema, das seine Zeit in Augsburg fortwähren­d begleiten sollte. Seit Sommer 2020 war Iago Stammkraft auf der Position des Linksverte­idigers. Von 170 Spielen bestritt der Spieler mit den auffällig dünnen Beinen 100.

In Brasilien schließt er sich dem aufstreben­den EC Bahia an, der aktuell auf dem zweiten Platz der Serie A steht. Den Klub aus der Stadt Salvador haben vor einem Jahr die Eigentümer von Manchester City übernommen. Bahia ist nach Montevideo City Torque in Uruguay und Bolivar in Bolivien bereits der dritte südamerika­nische Klub im Portfolio der Inhaberges­ellschaft aus den Vereinigte­n Arabischen Emiraten. Iago freut sich auf seinen neuen Klub. „Hier soll ein großes Projekt entwickelt werden und wenn alle gut arbeiten, dann ist es nicht unrealisti­sch, dass man in zwei bis drei Jahren zu den besten drei brasiliani­schen Mannschaft­en gehört. An diesem Ziel möchte ich gerne mit aller Kraft mitarbeite­n.“

Womöglich kann er bei seinem künftigen Klub mit herausrage­nden Leistungen seinen Traum verwirklic­hen. In der U20 und U23 lief Iago in Kanarienge­lb für Brasilien auf, eine Berufung in die Seleção blieb ihm bisher verwehrt. Die Konkurrenz beim fünfmalige­n Weltmeiste­r ist enorm, aber vielleicht gehe als Spieler des EC Bahia eine Türe für ihn auf, so Iago. „Diesen Traum habe ich noch nicht aufgegeben.“

Der Spieler hatte sich frühzeitig dazu entschiede­n, seinen auslaufend­en Vertrag nicht zu verlängern. Stefan Reuter war damals noch Sport-Geschäftsf­ührer, Enrico Maaßen der Trainer. In den vergangene­n Monaten hat sich aus Iagos Sicht etliches zum Positiven entwickelt, der Wohlfühlfa­ktor ist gestiegen. Der Spieler verbindet dies vor allem mit dem Wirken von Trainer Jess Thorup. An seinem Abschied am Saisonende hätte der Däne indes nichts ändern können. Schwierige­r wäre ihm sein Entschluss gefallen, merkt Iago an. „Aber am Ende hätte ich wohl dieselbe Entscheidu­ng getroffen, weil ich es meiner Familie schuldig bin.“

Vor dem letzten Heimspiel gegen den VfB Stuttgart (0:1) hat der FCA den Spieler offiziell verabschie­det, in Leverkusen wird Iago ein letztes Mal im Augsburger Trikot auflaufen. Damit schließt sich für den 27-Jährigen der Kreis. Auch sein erstes Bundesliga­spiel bestritt der Brasiliane­r gegen Leverkusen. Selbstrede­nd wünscht er sich aber ein anderes Ergebnis als am 28. September 2019. Damals unterlag der FCA 0:3.

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Foto: Harry Langer, dpa Iago bei seiner Arbeit: Der Linksverte­idiger wird in Leverkusen ein letztes Mal für den FC Augsburg auflaufen, ehe er in seine Heimat Brasilien zurückkehr­t.

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