Augsburger Allgemeine (Land West)
Gasthof Mayr war ein Ort der Gemütlichkeit
Der Brauereigasthof Mayr war in Hainhofen Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens. Was aus der Gaststätte wurde.
An traditionellen Gasthäusern mangelt es in der Stadt Neusäß keineswegs. Als Beispiel steht hier das ehemalige Gasthaus Mayr im Ortsteil Hainhofen. Das Gasthaus Mayr prägte das Ortsbild und war Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens. Es war für die Ortsansässigen wie für alle weiteren Gäste ein Ort des Genusses und der Gemütlichkeit und vor allem der Kommunikation. Man fühlte sich wohl und genoss Speis und Trank.
Im Jahr 1996 wurde das Anwesen in die Bayerische Denkmalliste für die Stadt Neusäß aufgenommen. Das Gebäude zeichnet sich insbesondere durch seinen im Kern aus dem 17. Jahrhundert stammenden Hauptbau mit liegender Dachstuhlkonstruktion für ein Satteldach aus. Diese komplett aus Holz bestehende Bauweise, bei der zur Fixierung der einzelnen Balken keinerlei Metall verwendet wurde, ist in der heutigen Zeit eine absolute Seltenheit und in der näheren Umgebung kaum ein zweites Mal zu finden.
Das genaue Alter des Hauses ist nicht mehr feststellbar. Die Grundsteinlegung dürfte in die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts einzuordnen sein. Im Grundsteuerkataster der Steuergemeinde Hainhofen ist im Jahr 1840 das Anwesen als „Wirtsgut samt realer Tafern, Bäckerei und Branntweinbrennerei“aufgeführt. Dies erlaubte dem jeweiligen Eigentümer offiziell eine Schankwirtschaft zu betreiben. Das sogenannte „Tafernrecht“wurde vom jeweiligen Landesherrn verliehen und war in der Regel an eine bestimmte Sölde gebunden.
Das Recht ist in etwa mit der heutigen Gaststättenkonzession vergleichbar und umfasste verschiedene Privilegien, aber auch
Verpflichtungen. Gleichzeitig verpflichtete das Tafernrecht den Wirt zur Aufnahme wandernder Handwerksgesellen. Eine Taferne war zudem meist der kommunale Mittelpunkt in weltlichen Angelegenheiten der Bewohner des Dorfes. Auch der Brauereibetrieb, von dem heute noch unter anderem die zwei Stockwerke hohe Malzdarre mit dazu gehörigem Dunstkamin und die Räume zum Einkeimen der Braugerste zeugen, hat eine lange Tradition im Wirtshaus der Familie Mayr. Bekannt ist, dass ab etwa 1825 die Besitzer der Brauerei und Gastwirtschaft eigenen Hopfen anbauten.
Im Juni 1891 erwarb der Braumeister Nikolaus Mayr (1854-1934) das Anwesen samt dem Sommerkeller im „Schwäbischen Himmelreich“, der sich dort befindenden Kegelbahn sowie den Gartenhäusern. Trotz der zum damaligen Zeitpunkt bereits beginnenden
Entwicklung, kleinere Brauereien aufgrund der Marktchancen zu Gunsten der nahen Großbrauereien in Augsburg zu schließen, trieb der neue Eigentümer gezielt den Ausbau und die Modernisierung des mit dem Haus traditionell verwurzelten und durch die Realrechte gesicherten Braugewerbes voran. 1877 wurde in der ehemaligen Bräuwirtschaft, dem späteren
Gasthaus Mayr, die Freiwillige Feuerwehr Hainhofen gegründet deren Vereinslokal. Während vieler Jahre war auch die Bühne des Laienspieltheaters dort aufgebaut. 1906 baute die Familie Mayr den Winterkeller, der mit dem zweiten Keller als Lagerräume für das selbst gebraute Bier diente.
Das denkmalgeschützte, ehemalige Gasthaus Mayr in Hainhofen
wird derzeit saniert. Geraume Zeit stand die alte Gaststättenbrauerei leer, worunter die Substanz massiv gelitten hat. Der Anblick des Anwesens war nicht förderlich für das Bild der Dorfstraße in Hainhofen, die in den 90er Jahren neugestaltet worden war. Vor einigen Jahren war nun das Grundstück westlich des Brauereigasthofs Mayr von drei Geschäftsfreunden erworben worden, die das baufällig gewordene und innen wie außen denkmalgeschützte Gebäude der ehemaligen Gasthausbrauerei sanieren und ihm mit modernen Wohnungen in einem Mehrparteienhaus neues Leben einhauchen möchten. Der dazugehörige Stadel soll zu Duplex-Garagen und Lagerräumen umgebaut werden.
Die Stadt Neusäß begrüßt vor allem, dass das Gebäude wieder einer neuen Nutzung zugeführt werden soll und damit dringend benötigter Wohnraum entstehen soll. Geboten werden soll letztendlich attraktives Wohnen mit zeitgemäßem Komfort und dem heutigen technischen Standard. Der Charme der vergangenen Tage wird im Gebäude aber dennoch weiterhin vorhanden sein. So wird beispielsweise in der Dachgeschoßwohnung der historische Dachstuhl integriert. Gleichzeitig wird die noch vorhandene und gut erhaltene Darre, ein ehemals wichtiger Baukörper einer Brauerei, in welchem Hopfen und Malz getrocknet wurden, übernommen werden und sich von unten nach oben durchgehend durch die Wohnungen ziehen. Erhalten werden soll auch die alte Zugangstreppe zum Gebäude.
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