„Musik triggert. Etwas, das ohne Worte auskommt.“
Er steckte noch in den Kinderschuhen, als ihm bewusst wurde, dass jedes Lied ein neues Geschenk ist. Mittlerweile ist aus dem damals 12-Jährigen ein Musikproduzent und Interpret geworden, dessen Musik entspannt, bewegt und inspiriert. Wie wegweisend die f
Romain, Musik vermag ja bekanntlich auszudrücken, was Worte nicht formulieren können. Du arbeitest auch therapeutisch. Welchen Ansatz verfolgst du hier?
In meiner Arbeit mit Menschen erlebe ich immer wieder, das Musik „triggert“. Etwas, das ohne
Worte auskommt, ein Verständnis und Erleben jenseits von Vokabeln. Wenn eine Person seine innere Stille erkennt, hat das immer auch etwas Magisches. Aus diesem Gefühl heraus kann Musik entstehen. Gleichermaßen ist sie auch ein Weg, um genau dorthin in die Tiefe zu gelangen. Im therapeutischen Ansatz geschieht das Gleiche nur anders. Es sind Gedanken, das Ausbalancieren von Ängsten, das Entfachen von Inspiration und Energie, die letztendlich den inneren Frieden ermöglichen können. Bei beiden geht man durch einen Fluss von leidenschaftlicher Emotionalität, die sich dann in der
Stille auflöst.
Musik schafft Zugänge und fördert das Erreichen eines bestimmten Bewusstseinszustandes. Kannst du etwas zum meditativen Aspekt (deiner) Musik sagen?
Das ist genau das. Die ehrliche Intention in einem Stück spiegelt sich in den Zuhörern wieder. Der gleiche Gemütszustand is plötzlich da. Das ist ja auch das wundervolle an der Musik: sie verschafft einen schlagartigen Zugang zu dem innerlichen Moment. Deshalb bewegt sie uns Menschen auch so. Jemand konnte diesen Moment musikalisch festhalten, oder besser gesagt, verschaffte eine Tür zu diesem Grundgefühl. Das Schöne ist, dass man dazu nicht einmal selbst Musiker sein braucht, um in diesen Genuss zu kommen. Der Zuhörer kann plötzlich in einem ähnlichen Zustand sein und sich in der gleichen Weite wiederfinden, in der sich einst der Musiker befand. Früher habe ich viel Dokumentarfilmmusik gemacht und dabei immer wieder gehört, dass Musik die Hälfte eines Filmes ausmacht, weil man durch sie ganz einfach das Gefühl schnurgerade hinüber fließen lassen kann. Gleiches gilt für die Meditation. Musik ist eine wunderbare Tür, die diesen Prozess unterstützt.
Du ziehst deine Inspiration aus der Stille. Gibt es bestimmte Lebensthemen, die dich begleiten und musikalisch beschäftigen?
Man könnte zusammenfassend sagen, dass es auch hier die Stille ist. Letztendlich bewegt sich alles dorthin. Auch in meiner Arbeit als Coach versuche ich immer wieder, Menschen zu ihrer inneren Stille zu begleiten. Wer in seiner inneren Stille verweilt, erlebt inneren Frieden. Wer aus innerer Stille agiert, ist spontan, authentisch, kreativ, inspiriert, enthusiastisch.
Du lebst und arbeitest zeitweise auch in Spanien. Welchen Bezug hast du zum Land und inwieweit prägt es deine Musik?
Die Gitarre ist das Land Spaniens und umgekehrt. Ich war mir anfangs nicht bewusst, inwieweit das Land mich in meiner Musik geprägt hat, bis andere Personen auf mich zutraten und ich den Einfluss in dieser CD „The Silent Guitar“heraus hörte. Für mich hat jedes Land Schätze und ganz wunderbare Dinge zu geben. Da ich einen Großteil meiner Kindheit dort verbrachte und immer noch viel dort lebe, fühle ich mich dem Land sehr zugehörig.
Wir alle streben nach Zufriedenheit, innerer Ruhe und Frieden. Wie sieht das bei dir aus, hast du diesen Zustand für dich erreicht?
Ich bin mir sicher, dass jeder schon einmal die Erfahrung gemacht hat, plötzlich ein unglaubliches Gefühl von Frieden zu erleben. Das ist doch der Beweis, dass es eigentlich immer da ist. Der Zugang dazu hat nur manchmal den Anschein versperrt zu sein. Je öfter wir dieser Realität Raum in uns geben, desto klarer erscheinen die Illusionen, es gäbe Barrieren oder es benötige Zeit, zum inneren Frieden zu gelangen. Selber vergesse ich es oft. Da sich dies gleichzeitig vielleicht für mich als der wichtigste Lebensmittelpunkt erwiesen hat, erinnere ich mich immer öfter daran :)
Erzählst du uns ein wenig aus deinem Privatleben, wer steckt hinter dem Musiker Romain Liebs?
Das ist zur Zeit sehr spannend für mich, da ich seit rund zehn Jahren ein sehr kontemplatives Leben geführt habe und das Glück hatte, den Freuden meines Lebens nachzugehen – der Musik, dem Schreiben und der Therapie. In dieser Zeit habe ich viel Kreatives gemacht, ohne Druck sondern aus der reinen Freude heraus. Ich lebe auf einer Insel in einem kleinen Dorf am Meer. Da verfällt man sehr schnell in die Kontemplation und das „NichtsTun“. Vor noch nicht allzu langer Zeit erwachte dann ein Impuls, der immer stärker wurde: Ich wollte diese Freuden mit der Welt teilen. Daraus entstand dann mein Projekt mit der App, die aus massgeschneiderter Musik, Meditationen und Videos besteht und die den Zuhörer viel tiefer und ergiebiger in Bewusstseinszustände begleiten soll.
Letzte Frage: Ich habe gelesen, dass du dich oft mit dem Tod beschäftigst. Was müsste in deinem Leben eintreten, damit du irgendwann – wenn der Tag der Tage eintritt – von dieser Erde loslassen kannst?
Je mehr ich mich mit dem Tod beschäftige, umso besser lebe ich – das habe ich für mich schon vor langer Zeit erkannt. Auch, wie dankbar wir doch eigentlich für all das sein können, was wir haben. Und erst wenn wir lernen, diese Dinge richtig zu genießen, können wir eines Tages loslassen. Oder anders gesagt: Wenn wir uns bewusst machen, dass wir sowieso einmal von dieser Welt gehen müssen, können wir unser Jetzt besser wertschätzen. Das Loslassen wird dann zu einem höherer Glückszustand als der vorherige Genuss. <