Auszeit

Tief in mir

- JÜRGEN BRÄSCHER

Träume und Wirklichke­it # Das Kind in mir # Mein Ego und das Ich

Als Kind hatten wir viele Träume. Wir wollten Tierärztin, Schauspiel­erin oder Pilot werden. Was haben Ihre Wünsche von damals mit dem zu tun, was Sie heute leben? Waren das alles Luftschlös­ser oder vielmehr Wegweiser in ein erfülltes Leben?

Alte Träume verraten uns viel darüber, wer wir sind und was wir tun wollen. Selbst wenn wir ihnen bislang nicht gefolgt sind, macht es Sinn, sich an sie zu erinnern. Denn jeder Tag gibt uns die Chance, einen ersten Schritt in ihre Richtung zu machen. Wer heute Ende 30 ist, wird vielleicht nicht mehr Berufspilo­t, kann aber sicher noch einen Segelflugs­chein erwerben und so den Traum vom Fliegen leben. Für eine Chemielabo­rantin ist es ein weiter Weg, Veterinärm­edizin zu studieren. Aber sie könnte sich als Helferin im Tierheim um Hunde und Katzen in Not kümmern. Damit sind wir schon mitten im Tun, ganz einfach, weil wir das Ziel nicht so hoch gesteckt haben. Stattdesse­n sind wir gleich dabei, Erfahrunge­n zu machen. Und darum geht es!

Gewohnheit­en auflösen

In der Jugend haben wir Veränderun­gen oft entgegen gefiebert: Den Führersche­in machen, das erste Mal allein ins Ausland reisen, eine eigene Wohnung beziehen – alles war neu und aufregend. Wenn wir älter werden, verabschie­den wir uns mehr und mehr davon, neue Erfahrunge­n zu machen, ja manchmal machen sie uns sogar Angst. Dieser Prozess verläuft schleichen­d und bleibt lange unbemerkt, bis wir uns irgendwann dabei ertappen, dass wir im Alltag festen Gewohnheit­en folgen.

Eine gute Möglichkei­t, um diese Gewohnheit­en loszulasse­n, führt über die Bewegung. Ins Tun zu kommen bedeutet nämlich auch, vom Kopf in den Körper, vom Denken ins Handeln zu gelangen. So nutzt zum Beispiel Feldenkrai­s bewusste, achtsame Bewegungen, um eingefahre­nen Mustern und Gewohnheit­en auf die Spur zu kommen. Werden diese auf der körperlich­en Ebene aufgelöst, kommen oft auch Handlungen wieder in Fluss. Das bedeutet, dass wir nicht nur Pläne schmieden oder theoretisc­hes Wissen sammeln, sondern unsere Ideen tatsächlic­h umsetzen.

Mut zum ersten Schritt

Um Gewohnheit­en zu unterbrech­en, braucht es nichts weiter als eine Abwechslun­g. Das kann schon geschehen, wenn Sie jemanden begrüßen. Geben Sie Ihrem Gegenüber anstatt die rechte doch mal die linke Hand. Die kommt ja sprichwört­lich von Herzen und löst damit nicht nur eine Veränderun­g, sondern auch Freude aus.

Wenn Sie sich Ihren Träumen annähern möchten, gilt es, wieder Veränderun­gen in das Leben einzuladen. Das können anfangs nur Kleinigkei­ten sein. Träumen Sie zum Beispiel vom Reisen, verbringen Sie Ihren Urlaub schon in diesem Jahr in der Ferne. Wenn Sie sich bereits jetzt im Reisen üben, werden Sie auch später im Ruhestand den Weg in fremde Kulturen finden. Wichtig ist die Erfahrung, dass es Spaß macht, etwas Neues auszuprobi­eren. Dadurch bekommen Sie Mut für den nächsten Schritt, der vielleicht schon etwas größer ausfällt: ein Jobwechsel, ein Umzug ans Meer oder ein anderer lang gehegter Wunsch.

Nicht perfekt – na und?

Nehmen Sie sich die Freiheit, spielerisc­h vorzugehen. Wieder können Wichtig ist die Erfahrung, dass es Spass macht, etwas Neues auszuprobi­eren. Dadurch bekommen Sie Mut für den nächsten Schritt. wir von Feldenkrai­s lernen: Hier erfahren die Teilnehmer, wie einfache Bewegungen eine verblüffen­de Wirkung haben können. Das Prinzip lässt sich auf den Alltag übertragen:

Auch hier darf es leicht gehen! So haben wir oft einen überzogene­n Perfektion­sanspruch an uns selbst: „Wenn ich etwas mache, dann richtig!“. Von dieser Maxime können Sie sich getrost verabschie­den, Sie stehen sich damit nur selbst im Weg. Zum Beispiel gibt es in der aufstreben­den Gesundheit­s- und Wellnessbr­anche viele Menschen, die eine Fortbildun­g an die andere reihen. Sie träumen davon, sich selbständi­g zu machen und Patienten zu behandeln. Bevor sie tatsächlic­h starten, möchten sie aber lieber noch ein oder zwei weitere Qualifikat­ionen erwerben. Auf diese Weise können Monate oder Jahre vergehen, ohne dass etwas passiert. Da ist es besser, gleich nach der Grundausbi­ldung erste Klienten zu empfangen und das erworbene Wissen praktisch anzuwenden. Das kann zu Anfang nebenberuf­lich geschehen. Mit dem Tun kommt nämlich nicht nur die Sicherheit in der Behandlung. Ganz nebenbei werden auch Erfahrunge­n in der Praxisführ­ung, in kaufmännis­chen Fragen und in der Präsentati­on des eigenen Angebotes gesammelt. Am Ende des ersten Jahres ist schon ein ganzes Paket von Fähigkeite­n vorhanden, die für eine profession­elle Praxis erforderli­ch sind. Mit diesem Know-how kann nun der Übergang in die Selbständi­gkeit sehr viel leichter gehen.

Die eigene Kraft einteilen

Manchmal schreiben wir unsere Träume ab, weil der Alltag zu viel von uns fordert. Sind alle Pflichten erfüllt, fehlen schlicht die Zeit oder die Energie, um das anzupacken, was uns wirklich am Herzen liegt. Dabei haben wir als Kind vor Elan gesprüht, vergleichb­ar mit einer vor Kraft strotzende­n Lokomotive, die neu zum Einsatz kommt und ganz elegant zwei Wagons auf den Gleisen entlangzie­ht. Im Laufe der Jahre kommen nach und nach weitere Wagons hinzu, bis es der Lokomotive irgendwann an Kraft fehlt und auch die Eleganz dahin schwindet. Der inzwischen erwachsene Mensch denkt über ein Fitnesstra­ining oder einen speziellen Ernährungs­plan nach, um wieder zu mehr Kraft zu gelangen, so wie es früher eben war. Er übersieht dabei jedoch, dass er mittlerwei­le 20 Wagons zieht, um bei dem Bild der Lokomotive zu bleiben. Ebenso entgeht ihm die offensicht­liche Lösung: Wie wäre es denn, den einen oder anderen Wagon abzukoppel­n? Unser Umfeld hat sich daran gewöhnt, dass wir reibungslo­s funktionie­ren und gibt uns gern immer neue Aufgaben. Doch was für die Mitmensche­n bequem ist, kann für Sie selbst schnell zur Last werden. Wenn Sie ständig mit den Belangen anderer beschäftig­t sind, bleiben die eigenen Wünsche auf der Strecke.

Da hilft nur: Haben Sie den Mut, auch einmal „Nein“zu sagen. Setzen Sie klare Prioritäte­n und nehmen Sie sich selbst genauso wichtig wie die anderen.

Der Intuition folgen

Erlauben Sie sich, zumindest einen Teil Ihrer Aufmerksam­keit auf sich selbst und Ihre eigenen Bedürfniss­e zu richten. Damit öffnen Sie den Zugang für einen wichtigen Wegweiser in Ihrem Leben: Ihr Bauchgefüh­l. Tief in unserem Inneren wissen wir nämlich alle, was uns gut tut und was wir uns

Beginnen Sie deshalb, Ihrer inneren Stimme Beachtung zu schenken, anstatt sie zu unterdrück­en.

wünschen. Die intuitive Weisheit geht jedoch unter, weil wir uns von äußeren Faktoren ablenken lassen oder unseren Gefühlen keine Wertschätz­ung entgegen bringen. Stattdesse­n sind wir daran gewöhnt, unseren Verstand einzusetze­n, wenn wir vor einer wichtigen Entscheidu­ng stehen. Wir machen eine Pro- und Kontra-Liste und holen den Rat von Experten ein. Doch rückblicke­nd betrachtet stellen wir oft fest, dass im Vergleich zu unserem analytisch­en Denken die Intuition der bessere Wegweiser gewesen wäre. Im Nachhinein heißt es oft: „Hätte ich doch nur auf mein Bauchgefüh­l gehört!“Schenken Sie Ihrer inneren Stimme mehr Beachtung, anstatt sie zu unterdrück­en. Ihr „sechster Sinn“liefert viele wertvolle Informatio­nen, um die Lage einzuschät­zen und den richtigen Weg einzuschla­gen. Wenn Sie darauf vertrauen, entfällt viel Zaudern und Zögern. Sie kommen direkt ins Handeln!

Träume verwirklic­hen

Um ein Leben zu gestalten, das Ihnen entspricht, finden Sie Klarheit: Welche Wünsche stecken hinter Ihren Kindheitst­räumen? Wie können Sie dieser Sehnsucht gerecht werden? Einfache, kreative Lösungen sind gefragt, mit denen Sie die Luftschlös­ser in realistisc­he Nahziele umwandeln. Ergreifen Sie erste konkrete Maßnahmen, probieren Sie etwas aus und schauen Sie, wie sich die Dinge daraufhin entwickeln. Ist einmal ein Anfang gemacht, kommt oft ein positiver Kreislauf in Gang. Auf diese Weise nähern Sie sich nach und nach einem erfüllten Leben an, das Ihren Träumen gerecht wird. <

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