Tonkünstlern auf der Spur
Die Natur ist voller Töne und Geräusche, die wir oft nur unbewusst wahrnehmen. Viele davon sind für uns mit bestimmten Emotionen verbunden. Es sind oftmals Lebewesen, die sie erzeugen – und zuweilen überraschen sie uns damit.
# Spannende Geräusche und ihre Erzeuger
DIE PFEIFENDE RAUPE
Die Raupe der Schmetterlingsart Amorpha juglandis gilt nicht unbedingt als Schönheit, aber sie kann etwas Besonderes: pfeifen – und zwar ohne Lippen. Unter dem Mikroskop sieht man, dass dabei die Münder der Tiere geschlossen sind. Aber warum tun sie es? Mit so einem völlig unerwarteten Pfiff erschrecken die Raupen ihre Fressfeinde, vor allem Vögel. Wenn sich dieses nordamerikanische Insekt bedroht fühlt, zieht sich die Raupe zusammen und presst dabei Luft aus ihren seitlichen Atemlöchern. Dadurch entsteht ein schriller, hochfrequenter Warnton.
HERZLICHES LACHEN
Lachen können nicht nur Menschen. Beim Lachenden Hans handelt es sich um den australischen Jägerliest, einen kleinen Eisvogel, der Laute von sich gibt, die unserem Lachen frappierend ähnlich sind. Die Aborigines nennen ihn Kookaburra. Eine Legende besagt, der Schöpfer habe es dem Kookaburra befohlen, alle Menschen mit seinem Lachen zu wecken, damit sie den Sonnenaufgang sehen können. Daran scheint sich der kleine Vogel pfl ichtbewusst zu halten, denn er lacht stets ausgiebig in den frühen Morgen- und Abendstunden.
DIE KLAPPERNDE GEFAHR
Manche Geräusche signalisieren uns sofort große Gefahr. Dazu gehört sicher das typische Rasseln der Klapperschlange. Gemäß einer indianischen Sage war die Klapperschlange einst ein Schamane, der sich in dem Moment in eine Schlange verwandelte, als er eine Rassel hinter seinem Rücken versteckte. Bis heute vergiftet er noch die Menschen mit seinem grauenhaften Zauber. Dabei können wir der Schlange eigentlich dankbar sein, dass sie uns mit ihrem Schwanzrasseln so eindeutig warnt, bevor sie schließlich nur aus eigener Angst zur Verteidigung zubeißt.
DER LAUTE SCHMETTERLING
Gemeinhin gelten Schmetterlinge als lautlose Geschöpfe. Doch das ist relativ, denn es kommt immer wieder zu Berichten über Laute erzeugende Schmetterlinge. Dies betrifft insbesondere die Männchen einiger Noctuiden- und Agaristiden-Arten, zu denen auch der Eulenfalter gehört. Sie sind in der Lage, während des Fliegens weithin hörbare Geräusche zu erzeugen. Bewerkstelligt wird dies durch das Reiben ihrer Tarsen gegen die Flügel. Ungewöhnlich? Nein. Es gibt viele Menschen, die Bewegungen als Geräusche wahrnehmen.
LAUTLOSER FLUG FÜR DIE WISSENSCHAFT
Ihre großen, stechenden Augen und vor allem ihr „unerhörter“Flug faszinieren die Menschen schon immer an Eulen. Unerhört, weil sie fast absolut lautlos durch die Luft gleiten können. Jegliche Fluggeräusche werden durch die weiche, samtartige Oberfl äche ihrer Federn unterdrückt. Ihre eigentlich hellhörigen Beutetiere haben dabei keine Chance. So sind Eulen zum Symbol unheilvoller Nacht- und Totenboten, aber auch großer Weisheit geworden. Ihr stiller Flug inspiriert heute die Wissenschaftler zu Forschungsarbeiten zur Senkung des Lärmpegels bei Flugzeugen.
AUF SANFTEN PFOTEN
Katzen können auf ihren Pfoten lautlos schleichen. Dies gelingt ihnen, weil sie als Zehengänger beim Schleichen nur den überaus geschmeidigen, vorderen Teil ihrer Pfoten belasten. Unterstützung erfährt ihr Unterfangen durch die besonders weiche Unterpolsterung der Pfoten und die Tatsache, dass Katzen die Krallen einfahren können. Dennoch bedarf es zusätzlich einer hohen Beweglichkeit und Elastizität des Körpers, der auf einem besonderen Skelettbau und geschmeidigen Gelenken fußt, um den unhörbaren und dennoch schnellen Lauf der Katze zu realisieren.
DER LAUTLOSE TOD
Aus einem Hinterhalt schleichen sie sich zumeist ungehört an, mit einem oder mehreren Bissen pumpen sie ihr Opfer voll mit schnell wirkenden Giften oder umschlingen es, sich immer weiter zusammenziehend, bis ihr Opfer schließlich erstickt ist – So gehören die meisten Schlangenarten zu den lautlosen Jägern unserer Erde. Der qualvolle und sichere Tod durch den Biss einer Giftschlange brachte den Tieren ein so hohes Maß an Respekt ein, dass die mächtigsten Gottheiten in einigen Kulturen in Schlangenform auftreten.
STUMME SCHREIE
Fledermäuse sind die einzigen ugfähigen Säugetiere und sie iegen sogar bei völliger Dunkelheit. Ihre Augen brauchen sie nicht, dafür aber ihre Stimme. Sie schreien einfach alles an und erwarten das Echo der refl ektierenden Oberfl ächen mit ihren übergroßen Ohren. Ihre Rufe sind so hochfrequent, dass diese weit jenseits der menschlichen Wahrnehmung liegen. Doch Fledermäuse hören durch sie alles, was sie wissen müssen. So haben Experimente gezeigt, dass Fledermäuse in dunkelster Nacht zwischen eng gespannten dünnen Drähten sicher ihren Weg finden.