Siesta
Von Ruhekissen und Hängematten
# Von Ruhekissen und Hängematten
Bereits in vorsintfl utlichen Zeiten war es vielen Menschen ein Bedürfnis, ihre Zeit behaglich und entspannt zu verbringen. Entspannen auch Sie sich und folgen Sie uns auf eine Reise durch die Welt der Ruhekissen!
Noch heute ist in Nordafrika, der Türkei und in der arabischen Welt die bodennahe Sitzgruppe weit verbreitet und erfreut sich auch bei uns im Abendland als Inbegriff der orientalischen Wohnkultur großer Beliebtheit. Können Sie sich eine Shisha-Bar ohne die aus farbenfrohen Kissen bestehenden Wohlfühlecken vorstellen? Mit Kelims und Teppichen bedeckt sorgen sie für ein ganz besonders gemütliches Ambiente. Diese Sitzkissen hatten jedoch insbesondere in der Tradition der Beduinen- und Nomadenvölker, die von Ort zu
Ort zogen, durchaus eine praktische Funktion: Kissen und Teppiche ließen sich viel leichter auf Kamelen verstauen, als kompakte Sitzmöbel.
Auf Traditionen ruhen
Eine ganz spezielle Form der Entspannung verspricht Ihnen das Dreieckskissen, das traditionell aus Thailand stammt und dort seit hunderten von Jahren Bestandteil der thailändischen Kultur ist. Noch heute verdienen sich ganze Familien in den Dörfern ihren Lebensunterhalt mit der Herstellung. Das Besondere
daran ist nicht nur die Form, sondern auch die traditionelle Fertigung. 10–15 einzelne Kissenrollen, die in Dreiecksform angeordnet und vernäht sind, ergeben das Thaikissen, das oft auch mit einer passenden Liegematte kombiniert wird. Originale Thaikissen werden ausschließlich handgefertigt, zu 100 Prozent mit unbehandeltem Kapok gefüllt und doppelt vernäht. Das macht sie außerordentlich strapazierfähig. Kapok, das man auch Pflanzendaunen nennt, ist die Faser des Kapokbaumes (Ceiba pentandra). Die damit gefüllten Produkte haben die Eigenschaft, wärme- und feuchtigkeitsregulierend zu wirken und sind daher besonders in Wellness- und Massagebereichen beliebt. Die spezielle dreieckige
Form verspricht die optimal entspannte Position beim Lesen, Klönen oder Relaxen. Außerdem schafft es in Ihrer Wohnung ein asiatisch anmutendes Ambiente und beschwört Träume von vergangenen oder zukünftigen Thailand-Urlauben herauf.
Für den kurzen Schlaf
Wir machen nun einen Sprung ins Europa des 17. Jahrhunderts, wo wir diese Ruhemöbel antreffen:
Die Chaiselongue – eigentlich ein „langer Stuhl“, so die französische Übersetzung – verfügte über ein erhöhtes Kopfteil und war ursprünglich als Sitzmöbel konzipiert. Da der Sitzkomfort jedoch nicht wirklich überragend war, kam sie eher als Tagesbett für den kurzen Mittagsschlaf oder als Bett für Gäste zum Einsatz. Sie ähnelt der Recamiere, die auch keine Rückenlehne, dafür aber zwei nahezu gleich hohe Armlehnen hat. Ihren Namen verdankt diese dem Gemälde eines französischen Malers aus dem 18. Jahrhundert, der darauf die Salonniere Julie Récamier verewigte. Können Sie sich vorstellen, ein schwedisches Möbelhaus würde ein neues Sofa nach Ihnen benennen, nur weil Sie einmal damit fotografiert wurden? Nun, warum nicht – es ist doch wirklich alles möglich.
Ein ähnliches Sitz- und Liegemöbel, eine sofaähnliche gepolsterte Sitzbank mit Armlehnen, wird Ottomane genannt. Dieser Name leitet sich vom französischen ottoman, also osmanisch, ab, was auf die Verbindung dieses Möbelstücks zur Kultur der Osmanen hinweist.
Revolution der Kissen
Als viel später alles, was für junge Leute ordentlich und somit spießig war als Ruhemöbel nicht mehr in Frage kam, begann man „sich zu fläzen“anstatt „ordentlich“zu sitzen. Man brauchte ein neues Sitzgefühl, und so entwickelten bereits in den 1960er Jahren drei italienische Designer den Sitzsack. Dabei war vor allem der Wunsch im Vordergrund, eine Sitzgelegenheit zu haben, die sich dem Körper anpasst, um so unkonventionellen Sitzspaß in jeder Position zu erhalten. Es wurden vielfältige Füllungen ausprobiert, bis die Styroporkügelchen sich als die scheinbar bestmögliche Variante herausstellte. Störend wirken sie sich lediglich dann aus, wenn sich an einem gemütlichen Filmabend im Freundeskreis während des allerspannendsten Moments – als der Kommissar endlich den Namen des Schurken preisgibt – der Sitznachbar bewegt und die Kügelchen knirschend den Filmdialog übertönen. Dann wünscht man sich möglicherweise, in der Hängematte zu liegen, die weniger Geräusche macht.
Ein Stuhl zum Liegen
Unverzichtbar ist in der warmen Jahreszeit der Liegestuhl, ein Ruhemöbel, das man sich – nach mühevollen Aufbauversuchen - in den Garten, auf die Terrasse oder an den Strand stellt, um sich darin der sommerlichen Lieblingsbeschäftigung hinzugeben: dem Nichtstun. Weil nicht jeder Mensch in der Nähe eines Meeres, eines Sandstrandes oder eines Baggersees lebt, kamen findige Unternehmer auf die Idee,
mitten in den Großstädten – z. B. in Hamburg, Frankfurt, Berlin oder sogar im beschaulichen Lübeck – in der Nähe eines innerstädtischen Gewässers Strandsand aufzuschütten und eine Umgebung zu schaffen, die einer Beachbar zum Verwechseln ähnlich sieht. Dort treffen sich Arbeitskollegen in der Mittagspause auf ein schnelles Sandwich oder Freunde am Abend auf einen Schwatz.
Meist besteht der Liegestuhl aus einem Holzgestell mit Segeltuchoder Leinenbespannung, verfügt über Armlehnen sowie manchmal auch ein Fußteil und ist in der Sitzposition verstellbar. Ursprünglich fand er hauptsächlich Verwendung auf Passagierschiffen, weil er zusammengeklappt wenig Platz benötigte und bei Bedarf schnell aufgebaut war. Noch heute ist er der Inbegriff für das entspannte Freizeit- und Urlaubsfeeling und niemand muss dafür in die Ferne schweifen, denn das Gute liegt so nah!
An- und Abschalten
Sich nach getaner Arbeit vor dem Fernseher unterhalten zu lassen, ist für etliche Menschen der Gipfel der Entspannung. Genauso wie Schaukelstuhl oder Ohrensessel fand sich der Fernsehsessel in so manchem Wohnzimmer und es war das Privileg des Hausherrn, darin den Feierabend zu verbringen. Fernsehsessel sind ganz besonders komfortable Sitzmöbel. Bequem nach hinten gekippt, die Beine in horizontaler Position – wer weiß, wie viele Menschen auf diese Art unzählige Stunden des Fernsehprogramms verschlafen haben? Manche Sessel sind mit einer speziellen Funktion versehen, die ein aufstehen erleichtern: die Aufstehfunktion. Sicherlich war so mancher Mensch zum Sendeschluss dankbar für diesen Service.
Sanft geschaukelt
Der Ursprung der traditionellen Hängematte liegt in Mexiko und bereits Kolumbus berichtete von diesen Wollnetzen mit Betten und Decken und nannte später den Begriff „Hamacas“. Es wird behauptet, dass dieses für deutsche Ohren fremdartige Wort umgewandelt wurde und dass daraus der Name „Hängematte“entstand.
Tatsächlich gibt es dieses praktische Ruheutensil in unendlich vielen Varianten. Es besteht meist aus Stoff, Segeltuch oder Netzgewebe. Zwei platzsparende und praktische Funktionen der Hängematten zeigten sich besonders in Schiffen. Platzsparend, weil sie nachts von der Schiffsdecke hingen und tagsüber einfach zusammengerollt wurden, so dass kein extra Platz für ein Bett benötigt wurde. Darüber hinaus erwiesen sie sich zum Schlafen als äußerst praktisch, weil sich die Hängematte den Schiffsbewegungen anpasste und der Matrose die Nacht auch bei unruhigem Seegang weitestgehend sicher darin verbrachte.
Eine Variante der horizontalen Hängematte ist der Hängestuhl, der an der Decke oder ebenfalls an einem Gestell befestigt wird.
Gesund rumhängen
Die Hängematte hat unbestritten eine heilsame Wirkung und ist die Schlafgelegenheit der Wahl bei Schlafstörungen oder Rückenschmerzen. Das ergibt sich durch verschiedene Eigenschaften, die individuell und personenbezogen sehr unterschiedlich wahrgenommen
werden. Die sanfte monotone Schaukelbewegung hat den Effekt, dass man leichter einschlafen kann. Das haben Forscher in der Schweiz festgestellt und das bemerkt man auch bei kleinen Kindern. Die Unterlage können Sie durch entsprechende Spannung der Matte fester einstellen, nach Bedarf verändern sowie durch variierende Einlagen jeder Jahreszeit nach Lust und Laune anpassen. Schlafen Sie doch mal eine Weile in der Hängematte – ein wirklich empfehlenswertes Experiment, das Ihnen möglicherweise durch entspannteren Schlaf eine ganz neue Tagesenergie beschert!
Zum Abschluss unserer Weltreise sei bemerkt, dass hier nur ein kleiner Teil der fremdartigen sowie der uns vertrauten Sitz- und Ruhemöbel vorgestellt werden konnte. Weder der Taptschan aus Zentralasien noch die französische Bergère, das indische Charpai oder der außerordentlich bequeme Egg Chair des dänischen Designers Arne Jacobsen fanden hier noch Platz. Doch eines sei gesagt: Egal ob Orientkissen, Relaxsessel oder Hängematte … Entspannen Sie, wo sie wollen und tanken Sie neue Energie! <