Ich bin wer ich bin
# Zwischen Werbeplakat und Spiegelbild
„Liebe dich selbst, dann können die anderen dich gern haben“, heißt es in einem Buch über das Glück von Dr. Eckart von Hirschhausen. Auch die Frage nach wahrer Schönheit und nicht zuletzt die Akzeptanz der eigenen Person sind wichtige Meilensteine auf dem Weg zum ganz persönlichen Seelenfrieden.
Sie sind schlank, vollbusig und porenrein – ja einfach makellos. Und sie sind mehr als nur hübsch anzusehen. Die Rede ist von solchen Körpern, die uns von Werbeplakaten, Verpackungen, Zeitschriften oder auch von Internetseiten aus regelrecht anstrahlen. Diese Körper strahlen so sehr, dass wir oftmals unser eigenes Leuchten von einer auf die andere Minute vergessen. Wir fühlen uns zu dick, zu schwabbelig, zu klein, zu flach um die Brust rum, zu haarig, zu blass - ja einfach zu irgendwas. Plötzlich fällt uns auf, dass der Teint ebenmäßiger, die Wangenknochen höher, die Nase feiner, die Lippen voller oder die Zähne weißer sein könnten. Von Dehnungsstreifen, zu vielen Muttermalen oder gar Sommersprossen ganz zu schweigen.
Wir werden verführt
Kurzum: wir finden uns weniger schön, wenn nicht sogar hässlich. Also rennen wir ins Fitnessstudio, fangen an zu hungern oder quälen uns von einer Diät zur anderen.
Wir geben unzählige Euros für Falten-Cremes aus, informieren uns über Permanent-Makeup und überlegen sogar, ob nicht auch eine Schönheitsoperation in Frage kommen würde.
Und warum? Weil wir uns mit etwas vergleichen, dass es so gar nicht gibt. Würden wir nämlich solche Bilder genauer betrachten und das, was wir da sehen, ernsthaft hinterfragen, so würde uns mit Sicherheit auffallen, dass wohl kein Mensch ohne Poren, Fältchen, Hautunebenheiten und anderen, mal mehr, mal weniger großen Makeln durchs Leben spazieren wird. Dass wir uns jeden Tag in den verschiedensten Lebensbereichen mit genau diesem scheinbar perfekten Körperbild konfrontiert sehen, auch wenn es – dank Photoshop – eben nicht der Realität entspricht, macht das Ganze natürlich nicht einfacher. Deshalb sollten wir uns immer
wieder bewusst werden, dass diese bearbeiteten Fotos geradezu dafür konzipiert sind, in uns den unerreichbaren Wunsch auszulösen, genauso aussehen zu wollen. Denn wer möchte schon nicht so straffe Haut, so volles Haar oder so einen durchtrainierten Körper haben, wie die abgebildeten Frauen auf den jeweiligen Produkten? Also ziehen wir los und kaufen Versprechungen wie „Straffere Haut ab der ersten Anwendung“oder „Natürlich lecker abnehmen“mit genau jener Hoffnung.
Trügerische Perfektion
Was wir jedoch nicht erkennen, dass wir dabei zum Spielball der Industrie, aber auch der Medien werden. Denn nicht mehr wir selber entscheiden, wie wir aussehen möchten. Vielmehr wird uns mit all den verschönerten, ja ach so perfekten Fotos vorgeschrieben, wie wir auszusehen haben, um uns erst schön und attraktiv fühlen zu können. Auf diese Weise ist es möglich, dass vermeintliche Schönheitsideale eine ganze Nation prägen. Wie unterschiedlich solche Idealvorstellungen allerdings sind, zeigt zum Beispiel das Fotoprojekt „Before and After“der Journalistin Esther Honig. 2014 schickte sie an über 40 Menschen auf der ganzen Welt, die teils beruflich und teils in ihrer Freizeit mit Photoshop arbeiten, ein unbearbeitetes Foto von sich mit der Aufgabe „Machen Sie diese Frau schön!“. Das Ergebnis: Kein Bild gleicht dem anderen und kein Bild blieb unbearbeitet. Der Drang zur Perfektion ist mehr als nur offensichtlich. Die Stirn wurde angehoben, die Augenfarbe verändert, die Wimpern verlängert, die Lippen vergrößert, die Haut aufgehellt, die Poren weichgezeichnet oder die Wangen rosiger geschminkt – die Liste der Bearbeitungen ist unendlich. So unterschiedlich die Kulturen, so unterschiedlich eben auch die jeweiligen Schönheitsideale.
Doch auch innerhalb einer Kultur können sich Schönheitsideale im Laufe der Zeit verändern. Nehmen wir Deutschland und starten wir mit den letzten Jahrzehnten vor Beginn des 20. Jahrhunderts. Als attraktiv galten weibliche Kurven, wobei die Taille möglichst schmal sein sollte. Um diesem Ideal zu entsprechen, schnürte sich die Damenwelt in Korsetts ein. Weiter geht es mit den wilden 20er Jahren. in denen die Kurven zunächst verschwanden. Vielmehr entsprachen flachbrüstige Frauen mit wenig Taille und einer jungenhaften Figur dem gängigen Schönheitsideal. Auch die Jahrzehnte danach spiegeln ein Wechselbad der Körperfülle wieder: Von weiblichen Run-