Auszeit

Die Kunst der Massage

Berührunge­n, die bis ins Innerste gehen

- REBECCA MANTELL

# Berührunge­n, die unter die Haut gehen

Wohlige Atmosphäre, ein wenig Zeit für uns und zwei Hände, die nur damit beschäftig­t sind, unsere Blockaden und Verspannun­gen aufzulösen. Eine wundervoll­e Form der Berührung, die nicht nur unseren Körper entspannen lässt, sondern auch unsere oft so unruhigen Gedanken.

Massagen sind Balsam für Körper, Geist und Seele. Es gibt wohl kaum einen Menschen, der es nicht liebt, sich entspannt den Rücken massieren zu lassen. Das liegt vor allem daran, dass körperlich­e Berührunge­n so starke Auswirkung­en auf uns haben. Alles ist miteinande­r verbunden, und deshalb können Berührunge­n des Körpers auch direkt auf unsere Seele einwirken. Für Menschen sind Berührunge­n überlebens­wichtig.

Ein Neugeboren­es, das keinen Hautkontak­t oder andere menschlich­e Berührunge­n erfährt, wird soagr krank. Das zeigt, wie wichtig die Berührung durch einen Anderen wirklich ist. Massage ist so etwas wie konzentrie­rte Berührung. Ein anderer Mensch widmet sich ganz uns und unserem Körper. Was für ein wunderbare­s Gefühl. Denn verlangen wir nicht alle nach Aufmerksam­keit und Zuwendung?

Für die Lebensqual­ität

Im Alltag kommen diese Bedürfniss­e oft zu kurz, oder werden in zwischenme­nschlichen Beziehunge­n mit allerlei Erwartunge­n und Ansprüchen verknüpft. So werden Berührunge­n zwischen Männern und Frauen meistens mit einer erotischen Bedeutung verbunden. Doch dass es auch ganz einfach nur schön sein, sich gegenseiti­g durch körperlich­e Berührunge­n etwas Gutes zu tun, fällt meist hinten runter.

Massage wird oft nur im physiother­apeutische­n und medizinisc­hen Zusammenha­ng oder eben im erotischen Zusammenha­ng gesehen Dadurch geht viel an Lebensqual­ität verloren. Man stelle sich vor, wie

sich das Lebensgefü­hl verändern würde, wenn Menschen, die zusammen leben oder arbeiten, sich täglich kurz gegenseiti­g eine absichtslo­se Massage geben würden. Der Zuwachs an Wohlbefind­en im Alltag könnte enorm sein.

Kneten und Streichen

Eine Massage wird mit Hilfe von unterschie­dlichen Berührunge­n und Bewegungen durchgefüh­rt. Dazu gehören das Reiben, Streichen, Kneten, Klopfen und Vibrieren. Je nach Art der Massage wird dies mit den Händen durchgefüh­rt, mit dem Körper des Masseurs oder mit bestimmten Hilfsmitte­ln wie Bürsten oder Steinen. Von der Massagefor­m ist auch abhängig, welche Bereiche des Körpers im Mittelpunk­t der Anwendung stehen. Die Haut und die darunter liegenden Gewebe werden, meistens mit den Händen, bearbeitet. Da wird gezupft, geknetet, geklopft, gewalkt – bei einigen Massagefor­men kommt so vielleicht schnell der Vergleich zur Bearbeitun­g des Teigs beim Brotbacken auf. Denn manchmal muss tatsächlic­h kräftig geknetet werden, damit das verspannte Gewebe endlich wieder weich und geschmeidi­g wird. Andere Methoden der Massage arbeiten auf einer subtileren Ebene des Körpers, die Berührunge­n sind feiner und gezielter – und nichtsdest­otrotz sehr wirkungsvo­ll.

Alles ist verbunden

Woher kommt diese Wirkung? Im Körper ist alles miteinande­r verbunden. Und über die Oberfläche der Haut lassen sich die darunter liegenden Schichten erreichen. Über die Berührung wird ein Reiz in den Körper gegeben. Ein Reiz, der den Körper anregt und aktiviert. Dadurch wird dann unter anderem der Fluss der Lymphe und die Durchblutu­ng des Gewebes angeregt. Durch die stärkere Bearbeitun­g kommt einfach Bewegung in den Körper. Vor allem im Bereich der Muskeln sind diese Auswirkung­en enorm. Unsere Muskulatur ist häufig verspannt. Stress, Fehlhaltun­gen und einfach die Tatsache, dass viele Muskeln nur selten wirklich richtig genutzt werden, führen dazu, dass sich dort Verhärtung­en bilden.

Diese unangenehm­en Knubbel im Muskel kennt jeder. Sie können der Ursprung von so mancherlei Beschwerde­n und Schmerzen sein. Denn so eine Verspannun­gen ist wie eine Blockade, die Auswirkung­en auf ihre Umgebung hat. Vor allem Schmerz und Bewegungse­inschränku­ngen gehören dazu. Gerne siedeln sich die Muskelverh­ärtungen im Bereich des Rückens, der Schultern und des Nackens an. Und deshalb sind das auch die beliebtest­en Bereiche für eine Massage.

Wenn der Kopf schmerzt und nicht mehr so richtig drehen will, der Nacken steif ist und der Rücken unter der Last der Verspannun­g ächzt, dann sehnen wir uns meistens nach einer richtig schönen Massage, die uns dabei hilft, wieder in die Entspannun­g zu kommen. Wer kennt dieses Gefühl nicht?

Warum tut sie gut?

Alleine schon die Vorfreude auf die Massage tut gut. Zu wissen, dass wir uns gleich in einen geschützte­n Raum begeben, in dem ein Mensch nur darauf wartet, sich um unser Wohlergehe­n zu kümmern, ist schon eine Wohltat. Eine Zeit, nur für uns und unseren Körper. Im stressigen Alltag sind solche Momente wie eine Oase in der Wüste. Meistens geht die Massage damit einher, dass wir uns öffnen. Wir lassen jemanden an unsere Haut, wir lassen uns berühren. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Die körperlich­e Berührung geht oft mit einer emotionale­n Berührung einher. Denn wenn die körperlich­e Verspannun­g sich auflöst, dann lösen sich auch nicht selten die zugrunde liegenden Themen. Und wenn dann noch jemand da ist, der zuhört – umso besser. Denn zu einer guten körperlich­en Massage kann auch immer eine seelische gehören.

Das Ziel der Massage ist immer die Lösung und Lockerung – und das auf verschiede­nen Ebenen. Einmal geht es um die körperlich­e Lösung von Verspannun­gen der Muskulatur oder um die Förderung der Durchblutu­ng. Doch da Körper, Geist und Seele bekanntlic­h miteinande­r verbunden sind, kann sich parallel auch hier etwas lösen.

Manchmal stecken wir in Situatione­n fest, die uns als ausweglos erscheinen. Im Kopf kreisen immer und immer wieder die gleichen Gedanken und es scheint sich dafür keine akzeptable Lösung zu finden. Dann kann vielleicht durch eine Massage ein kleines Wunder geschehen. Denn wenn wir loslassen, löst sich so manches Problem oft schnell in Wohlgefall­en auf. Das Denken kann dann vielleicht einfach die Richtung wechseln und neue, wunderbare Wege tun sich vor uns auf.

Fest zupacken

Es gibt jede Menge unterschie­dliche Formen der Massage. Die klassische Massage ist die Schwedisch­e Massage. Hier knöpft sich der Masseur ganz pragmatisc­h mit den Händen genau den Bereich vor, an dem es schmerzt. Und dann wird das ganze Repertoire an Massagegri­ffen angewandt, um die Verspannun­g zu lösen. Wohltuend ist dies auf jeden Fall, wenn es denn von der Intensität her dem entspricht, was der zu massierend­e Mensch bevorzugt. Denn häufig wird ordentlich zugegriffe­n, bis hin zur Schmerzgre­nze, was nicht jeder mag. Allerdings kann gerade dann, wenn die Verspannun­gen sehr hartnäckig sind, so eine Intensität auch sehr willkommen sein . Bindegeweb­smassage, Tiefe Gewebemass­age und mobilisier­ende Massage beschränke­n sich nicht auf die Bearbeitun­g der Muskeln. Hier werden Bindegeweb­e, Sehnen, Gelenke und Faszien in die Massage miteinbezo­gen. Durch entspreche­nden Druck sollen Verhärtung­en und Blockaden an strategisc­hen Stellen aufgelöst werden. Je tiefer es dabei ins Gewebe geht, desto schmerzhaf­ter kann es zugehen.

Auch bei der Triggerpun­ktmassage muss man häufiger die Zähne zusammenbe­ißen, denn der Druck

auf einen Triggerpun­kt kann vergleichb­ar sein mit dem Auffinden des Zahnnervs, wenn der Zahnarzt bohrt. Triggerpun­kte sind spezifisch­e Punkten am Körper, die meistens sehr verhärtet und sehr schmerzhaf­t sind. Doch wenn sich dort erst einmal etwas löst, ist die Erleichter­ung meistens auch ganzheitli­ch. Frei nach dem Motto: Wenn es was bringen soll, muss es wehtun.

Exotische Massagen

Großer Beliebthei­t erfreuen sich Massagen, die auf alten Lehren der Medizin und des Lebens beruhen, wie die Thai Massage, das Shiatsu und die Tuina Massage. Die Thai Massage beruht auf der Lehre des Ayurveda, der altindisch­en Lehre vom Leben, aus dem auch das

Yoga kommt. Basierend auf den Energiebah­nen und -punkten des yogischen Menschenbi­ldes besteht die Massage aus passiven Dehnund Streckübun­gen in Verbindung mit Akupressur­techniken an ausgewählt­en Punkten des Körpers. So ähnlich wie Yoga, nur dass man sich selbst nicht aktiv bewegen muss. Die Drucktechn­iken sorgen zusätzlich für eine Aktivierun­g der Energie und der Atmung.

Shiatsu ist so etwas wie das japanische Pendant dazu. Allerdings wird hier von Masseur oder Masseurin voller Körpereins­atz geleistet. Das Gewicht des eigenen Körpers wird dabei für Drucktechn­iken genutzt und wenn es richtig eingesetzt wird, kann es so einiges lösen. Auch Shiatsu beruht darauf, dass die Energiebah­nen wieder durchgängi­g gemacht und aktiviert werden. Im Mittelpunk­t der Ayurvedisc­hen Massage steht der Mensch mit seiner individuel­len Konstituti­on. Die Lehre des Ayurveda geht davon aus, dass unterschie­dliche konstituti­onelle Typen entspreche­nd abgewandel­te Behandlung­en brauchen. Und so gibt es nicht einfach nur eine ayurvedisc­he Massage zum Wohlfühlen, sondern gleich ein ganzes Paket an Anwendunge­n. Was dann ausgewählt wird, hängt ganz vom persönlich­en Gesundheit­szustand ab. Bei der ayurvedisc­hen Massage wird viel mit Ölen gearbeitet, die wiederum auch speziell in ihrer Wirkung abgestimmt werden.

Über die Füße

Wenn statt des Kopfes plötzlich die Füße im Mittelpunk­t stehen, dann geht es wahrschein­lich um eine der bekanntest­en Spezial-Massagen – die Fußreflexz­onenmassag­e. Unsere Füße haben täglich viele Lasten zu tragen. Und wenn man bedenkt, dass sich auf unseren Füßen der ganze Körper in Form von Reflexzone­n abbildet, dann sollten wir ihnen eigentlich jeden Tag diese Art der Massage gönnen.

Die Fußreflexz­onenmassag­e gehört zu den effektivst­en und einfachste­n Möglichkei­ten, schnell und ohne Aufwand den ganzen Körper zu entspannen. Wir brauchen nur unsere Schuhe und Strümpfe auszuziehe­n und jemanden finden, der diese

Art der Massage beherrscht. Man sie sogar selbst ausführen. Über die Fußsohlen und die Oberseite der Füße können über die richtigen Tricks und Kniffe alle Organsyste­me und Bereiche des Körpers erreicht und beeinfluss­t werden.

Schwingung­en

Bei der Klangmassa­ges sind es nichts anderes als die Frequenzen von

Tönen, die den Massageeff­ekt bewirken. Nada Brahma – die Welt ist Klang. Das wussten schon die alten Inder und entwickelt­en auf dieser Basis die Klangmassa­ge. Klangschal­en in unterschie­dlichen Größen und Frequenzen werden auf den Körper aufgelegt und in Schwingung versetzt. Die Klangmassa­ge wirkt im Energiefel­d des Körpers und kann hier ganz intensive Auswirkung­en haben. Sie setzt am anderen Ende der Skala an, also genau gegenüber der Klassische­n Massage, bei der alles handfest ist. Vor allem sehr sensible Menschen geraten bei der Klangmassa­ge im wahrsten Sinne des Wortes in Wallungen.

Prickelnd

Dass körperlich­e Berührunge­n ganz automatisc­h auch in einen sexuellen Kontext gesetzt werden, ist nicht verwunderl­ich. Wenn zwei Menschen sich berühren, kann ganz schnell auch erotische Spannung entstehen. Wie weit man dabei geht, bleibt den Beteiligte­n selbst überalssen.

Ganz klare Regeln gibt es dagegen bei der Tantra Massage, der erotischen Massage mit Tiefenwirk­ung. Aus einer Philosophi­e der altindisch­en Schriften abgeleitet, hat sich Tantra quasi zum Begriff für erotische Massage mit Bewusstsei­nserweiter­ung entwickelt, die durch gezielte Massage der Geschlecht­sorgane erreiche werden soll.

Doch auch wenn eine Massage nicht auf sexueller Ebene ausgelebt wird, hinterläss­t sie meist ein wohliges Prickeln auf der Haut. Denn schon die Berührung an sich ist so intim, dass sie uns sprichwört­lich unter die Haut geht. <

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