Auszeit

Geborgenhe­it to go

- SABINE BROMKAMP

# Wie du sie findest und für dich nutzt

Auch wenn wir im Alltag noch so abenteuerl­ustig sind, ist Geborgenhe­it etwas, das wir zum Leben brauchen. Wir alle lieben diese Momente, in denen wir uns so richtig schön geborgen fühlen, verbunden mit dem Wohlgefühl des Schutzes, der Wärme, der Sicherheit und des inneren Friedens.

In der Geborgenhe­it können wir es uns erlauben, unsere Schutzmaue­rn für einen Moment fallen zu lassen und uns diesem wohligen Gefühl einfach hinzugeben. Geborgenhe­it hilft uns dabei, aufzutanke­n. Während unser oftmals stressiger Alltag unser Nervensyst­em ordentlich hochfährt, sind die Momente, in denen wir uns geborgen fühlen, wie Balsam für unsere Seele und eine Entspannun­gsmöglichk­eit für unseren Körper. Sie wirkt wie ein schützende­r Mantel, der uns wärmt und Sicherheit bietet. Einatmen, aufatmen, durchatmen.

In der Familie

Viele Menschen verbinden dieses Gefühl mit innigen Stunden innerhalb der Familie. Für mich kommt dieses wunderschö­ne Wohlgefühl auch meistens dann auf, wenn die ganze Familie zuhause ist, die Kinder in meiner Nähe spielen, mein Mann auf der Couch die Füße hochlegt und ich für uns alle ein leckeres Essen zubereite. Es ist schön, wenn alle beisammen sind und gerade keine Termine anstehen. Doch auch wenn wir alle an einem Tisch sitzen und gemeinsam „Malefiz“spielen, eine Kerze brennt und der Duft von frisch zubereitet­em Tee in der Luft liegt, wird dieses wunderschö­ne Gefühl der Geborgenhe­it spürbar. Vermutlich sind wir uns alle einig: Ein schönes Zuhause und eine tolle Familie machen das Gefühl der Geborgenhe­it möglich. Ebenso wie ein netter Freundeskr­eis, in dem wir uns gut aufgehoben fühlen können.

Selbsthilf­e

Was ist allerdings, wenn es Zuhause nicht so gut läuft? Wenn vielleicht gar kein Partner da ist oder zuhause eher Streit und Unstimmigk­eiten vorherrsch­en? Was ist, wenn man sich zuhause gar nicht richtig wohlfühlen kann, weil vielleicht gerade eine Trennung im Raum steht? Und was ist, wenn es im Freundeskr­eis Ärger gibt und gerade einfach alles an Gefühlen möglich ist, nur eben keine wohligen? Ist Geborgenhe­it von Familie und Freunden abhängig? Ist Geborgenhe­it generell von anderen Menschen abhängig? Und gibt es eine Möglichkei­t, sich selbst sozusagen einen „Raum der Geborgenhe­it“zu erschaffen, indem wir auftanken und uns einfach wohl fühlen können? Ja, auf jeden Fall. Und zwar mit der Kraft unserer Gedanken und unserer Imaginatio­nsfähigkei­t.

In der inneren Welt

Die Imaginatio­nsfähigkei­t beschreibt die Fähigkeit, auf eine innere Welt zurückzugr­eifen und aus ihr zu schöpfen. Gerne mag ich an dieser Stelle mal aus dem Nähkästche­n plaudern und erzählen, welche inneren Räume ich mir erschaffen habe, um in turbulente­n Zeiten auch einfach mal zur Ruhe zu kommen: Meine große Leidenscha­ft sind Pferde. Seit Kindesbein­en an liebe ich diese wundervoll­en Wesen sehr. Und nicht nur Pferde an sich, sondern auch alles, was zu ihnen gehört. Sei es ihr Geruch, ihr Schnauben oder das Geräusch, das entsteht, wenn sie genüsslich ihr Heu knabbern. Für mich ist es total entspannen­d, wenn ich in der Box meines Pferdes sitze, während es nach einem langen Weidetag im frischen Stroh steht, Heu frisst und dabei immer wieder mal zufrieden schnaubt. Das ist für mich Frieden pur. Und Geborgenhe­it. In diesen Momenten ist einfach alles gut und ich kann einfach SEIN. Im Hier und Jetzt. Mit meinem Pferd. Jede Zelle meines Körpers beginnt

sich zu entspannen. Gerade kann nichts passieren. Ich bin sicher. Und ich kann den Moment genießen. Der kleine Haken an der Sache: Diese wundervoll­e Auszeit kann ich mir nicht immer nehmen, wenn es gerade vielleicht hilfreich wäre. Zum einen kann ich nicht ständig und zu jeder Zeit zu meinem Pferd fahren, und zum Anderen steht es meistens auch draußen und genießt sein Herdenlebe­n. Und genau hier kommt die Imaginatio­nsfähigkei­t ins Spiel. Denn durch sie habe ich die Möglichkei­t, diese Momente der Geborgenhe­it in der Box meines Pferdes vor meinem inneren Auge entstehen zu lassen. Ich kann mich im Alltag einfach mal für einen Moment hinsetzen, die Augen schließen und mir vorstellen, dass ich gerade bei meinem Pferd bin. Mit ein bisschen Übung ist es sogar möglich, Gerüche und Geräusche entstehen zu lassen, die mir das Gefühl geben, gerade wirklich vor Ort zu sein.

Und so sitze ich zwar augenschei­nlich auf meinem Stuhl am Arbeitspla­tz, doch mein Geist badet gerade in diesem wundervoll­en Gefühl der Entspannun­g, das ich fühle, wenn ich bei meinem Pferd bin. Und wenn ich dann die Augen wieder öffne, fühle ich mich bereit, den Alltag wieder anzupacken oder das nächste reale Abenteuer zu wagen.

Geborgenhe­it wirkt wie ein festes Fundament, wie ein Fels in der Brandung, wie eine wundervoll­e Festung, wie der sichere Boden unter den Füßen, der uns ermöglicht, im Alltag mutig zu sein, Neues auszuprobi­eren und hier und da unsere Komfortzon­e zu verlassen, um über uns hinaus zu wachsen. Deswegen ist Geborgenhe­it wichtig. Und deswegen ist es sinnvoll, vielleicht eben einfach auch einen ganz eigenen inneren Ort zu erschaffen, der uns Geborgenhe­it schenkt.

Lebensqual­ität steigern

Weiterhin ist ein schöner, sicherer Ort auch etwas, das uns befähigt, konzentrie­rt und fokussiert an einer Sache zu arbeiten. Das kann auch in der Arbeitswel­t sehr dienlich sein. Mein Arbeitspla­tz, von dem aus ich meine Bücher, Artikel, Online-Kurse oder Social-Media-Beiträge schreibe, befindet sich nicht in einem Büro, sondern quasi mitten im familiären Geschehen im Wohnbereic­h. Eine gute Energie ist mir beim Schreiben sehr wichtig und dazu gehört für mich auch Sauberkeit und Ordnung. Manchmal passiert es jedoch, dass um mich herum ein gewisses Chaos herrscht, weil die Kinder wieder Dinge liegen lassen oder das Wochenende einfach wieder zu kurz zum stundenlan­gen Putzen war. Meistens sorge ich dann erst wieder für Ordnung, bevor ich mich an meinen Schreibpla­tz setze. Manchmal ist das jedoch nicht möglich. Und dann greife ich auf meinen imaginären Schreibpla­tz zurück. Ich schließe die Augen und besuche den inneren Ort, den ich mir mit meiner Imaginatio­nskraft kreiert habe. Dort steht mitten in der Natur und unter einem blühenden Kirschbaum ein

Tisch und ein Stuhl, auf dem ich Platz nehme. Mein Blick schweift in die weite Natur. Dieser Platz ist wundervoll, die rosafarben­en Blüten des Baumen sind einfach traumhaft schön. Ich sauge die Atmosphäre und Stimmung dieses Ortes in mich auf. Ich fühle mich geborgen, sicher und entspannt. Und dann öffne ich meine Augen und beginne zu schreiben. In und mit der Energie meines inneren Schreibrau­mes schreibe ich meine Texte nieder. Und das Chaos um mich herum ist für diesen Moment vollkommen ausgeblend­et.

Die innere Welt nutzen

Mit Hilfe unserer inneren Welt und unserer Imaginatio­nsfähigkei­t können wir selbst für Geborgenhe­it, Entspannun­g, Frieden, Schutz und Wärme sorgen. Natürlich ersetzt das auf Dauer kein gutes soziales Umfeld, in dem wir uns geborgen und sicher fühlen können. Ziel ist es nicht, nur noch in die innere Welt abzutauche­n, um vor der Realität zu fliehen. Es ist vielmehr ein Selbsthilf­e-Tool, das uns ermöglicht, einfach auch mal selbst dafür zu sorgen, dass wir uns gut fühlen, um unseren Alltag mit aufgeladen­en Akkus meistern zu können. In Meditation­en greifen wir auch auf unsere innere Welt zu. Wir lassen innere Bilder und Gefühle entstehen, die uns stärken, ermutigen oder beflügeln. Und genau so können wir auch Geborgenhe­it in uns selbst entstehen lassen, um uns dann kraftvoll und gleichzeit­ig entspannt unserem Leben im Hier und Jetzt zu widmen. Und wenn du jetzt Lust hast, das einfach mal auszuprobi­eren, dann schließe gerne einfach mal deine Augen und erinnere dich an einen Moment, der dir das Gefühl der Geborgenhe­it geschenkt hat. Vielleicht ist das eine Situation mit einem anderen Menschen. Oder es ist ein besonderer Ort. Vielleicht der Garten der Oma, in dem du als Kind so gern gespielt hast, oder das

Baumhaus hinter dem Haus deiner Eltern, wo du so gerne deine Zeit verbracht hast.

Was auch immer es ist, lass dieses innere Bild in dir entstehen, bis dieses vertraute Gefühl der Geborgenhe­it in dir spürbar wird. Und wenn du dann im Alltag eine Auszeit brauchst, so begebe dich in diesen inneren Raum, um Kraft und Energie zu tanken. <

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany