My Home Is My Castle
Hast du dir schon einmal die Frage gestellt, welches Zuhause zu dir passt? Was bedeutet für dich zu Hause? Wie müssen deine vier Wände beschaffen sein, um dich wirklich geborgen zu fühlen? Welche Wohnbedürfnisse hast du?
# Zwischen Sicherheit und Abschottung
Zu Hause sein. Sich geschützt und geborgen fühlen. Gut aufgehoben sein. Das eigene Heim ist weitaus mehr als nur zwei Zimmer, Küche, Bad. Räume prägen uns und unsere Gefühlswelt. Wir bauen eine emotionale Beziehung zu den Räumen und Gegenständen auf. Unser trautes Heim muss nicht spektakulär groß sein oder komfortabel, sondern zu uns und unserer Geschichte passen. Der Wohntraum von einem heimeligen Wohnraum, das uns beschützt und stützt, das uns umfängt
wie eine dritte Haut, entspringt unserem tiefen Bedürfnis nach Ankommen und Geborgenheit.
Let it shine. Für mich muss eine Wohnung lichtdurchflutet sein. Ich brauche einen schönen Blick nach draußen. Und ja, Natur ist mir wichtig. Lieber eine Behausung im Grünen als mitten in der Stadt. Stille. Ich wohne nach dem Prinzip „Weniger ist mehr“: Für Nippes kein Zutritt! Im Gegenteil: Ausgeglichene Klarheit im Design ist die beste Voraussetzung, um innerlich ruhig und aufgeräumt zu bleiben. Außerdem halte ich mich gerne oben auf. Mag daran liegen, dass ich meine Kindheit in einem Hochbett verbracht habe. Außerdem birgt das Oben-Wohnen die Gefahr von Fersenläufern, die mich ausgesprochen rappelig machen. Ein kleiner Tick meinerseits: Bevor ich in eine Wohnung einziehe, erkundige ich mich nach Hausmusikern. Eine langjährige Ko-Existenz mit einer Musiklehrerin, die wie ein Serientäter 15.00 Uhr mit 3.00 Uhr verwechselte, hinterließ ein Trauma… Jawohl, bis ich die für mich geeignete Wohnung gefunden habe, zieht viel Zeit ins Land. Geborgenheit ist eben viel mehr als nur ein Dach über dem Kopf.
Spiegel unseres Selbst
Die Beziehung zu unserer Wohnumgebung ist sehr intim. Die Auswahl an Wohnobjekt, Raumgröße, Raumaufteilung, Farben, Materialien, Möbeln, Accessoires und Pflanzen verrät viel über unsere Persönlichkeit. Das können angenehme Selbstbildnisse sein: Wow, soviel Erdung und Nestwärme steckt in mir?! Die Botschaften können aber auch erschütternd sein: Was, dieses gestaltlose Nebeneinander von
Möbeln und Krimskrams bin ich?! Zwischen unserer Behausung und unserer Identität besteht ein starker Zusammenhang. Der eigene Raum ist quasi eine Erweiterung unseres Selbst. Wir umgeben uns mit Gegenständen, die mit bestimmten Bedeutungen versehen sind. Der gemütliche Polstersessel von Tante Änne, das eigenhändig getischlerte Holz-Herz, die gemütliche Lümmelecke mit Felen und Kissen, die Blumentapeten, die uns an unsere Kindheit erinnern lassen. Das erfühlte Museum unseres Lebens gibt uns Halt, wodurch in uns ein größeres Geborgenheitsgefühl und Selbstbewusstsein entsteht. Es entsteht eine tiefe Verbindung zwischen uns und den Räumen, die wir bewohnen.
Die Spuren der Kindheit
So manches Wohn- und Wohlfühl-Gefühl wurzelt in unseren Kindheitserfahrungen. Die Räume unserer Kindheit prägen uns. Sie werden zu Prototypen und bestimmen, welche Art von Wohlfühlzuhause wir mögen. Insbesondere die ersten sechs Lebensjahre spielen eine große Rolle dafür, in welchen Umgebungen wir uns später wohlfühlen und in welchen nicht. Unser Kinder
„DER TRAUM VON EINEM HEIMELIGEN WOHNRAUM ENTSPRINGT UNSEREM TIEFEN BEDÜRFNIS NACH ANKOMMEN UND GEBORGENHEIT.“
zimmer, das familiäre Wohnzimmer, die Küche der Großeltern, die Bude auf dem Dachboden, das Baumhaus im Garten, unsere erste eigene Wohnung... All diese Orte hinterlassen Spuren in unserem Unbewussten und lenken von dort unsere Wahrnehmung von Räumlichkeiten. Die vertraute Biedermeier-Einrichtung oder der Orient-Teppich können ein behagliches Wärmegefühl in unserer Brust auslösen. Weil wir in ihnen als Kind unvergessliche Momente des (Heimat-)Glücks erlebt haben.
Sicherheit
Zuhause wollen wir uns sicher und geborgen fühlen. In einer zuneh
mend unsicheren Welt, in der sich die Grenzen zwischen Privatheit und Öffentlichkeit zunehmend vermischen, ist die eigene Wohnung der absolute Schutzraum. Entspannt und geschützt vor den Unwegsamkeiten des Lebens. Gewarnt sei allerdings vor einem Zuviel an Abgrenzung! Je mehr wir uns isolieren, desto mehr sinkt die soziale Sicherheit und damit das Geborgenheitserleben. Gefahrenpunkt: Vereinsamung! Dagegen funktioniert das Leben in Großfamilien oder in Stämmen wie ein psychotherapeutisches Auffangbecken. Die Geborgenheit entsteht hier durch die Gemeimschaft.
Ins Zwiegespräch gehen
Doch längst nicht jeder von uns fühlt sich daheim auch wirklich angekommen. Wohlbefinden stellt sich nicht von allein ein, sondern ist vielmehr auch eine Frage des persönlichen Engagements. Was können wir konkret tun, wenn wir mit unserem Daheim nicht warm werden? Wenn es wie ein kratzender Pulli nicht richtig sitzt? Wie können wir herausfinden, was uns fehlt? Für ihr Buch „House as a Mirror of Self“forderte die amerikanische Architekturprofessorin Clare Cooper Marcus ihre Interviewpartner dazu auf, mit ihrer Wohnumgebung in einen Dialog zu treten und dadurch die Beziehung zu ergründen. Und tatsächlich:
Wenn wir aufmerksam zuhören und unsere Sinne schärfen, kann ein solches Zwiegespräch ausgesprochen aufschlussreich sein: Warum, liebes Zuhause, gebe ich mir keine Mühe, dich herzurichten? Wo steckt hier meine Kindheit? Woran erinnert mich diese Tapete, diese Garnitur, diese Raumaufteilung? Sind es schöne oder traurige Erinnerungen? Mag ich eigentlich die Dinge, die mich umgeben oder sind sie nur „Selbstläufer“? Auf diese Weise finden wir heraus, was wirklich zu uns passt und uns mit positiven Gefühlen auflädt.
Endlich an(ge)kommen!
Je mehr Antworten wir dem Kellergewölbe unseres Gedächtnisses entlocken, desto mehr können wir zu uns selbst finden. Tatsächlich habe ich auf diese Weise meiner ersten Wohnung Leben eingehaucht. Lange Zeit fühlte ich mich dort fremd und unbehaglich. Im Gespräch mit ihr stellte ich die Frage: Warum bist du so blass, kalt, nackt und leblos? „Ziehe mich doch an, lade Menschen ein, sammle mit und in mir bunte Erfahrungen, fülle die Bude mit Leben“, lautete die Antwort. Gute Gefühle sind eben keine Solo-Projekte. Ich holte mir die Wärme meiner Umwelt in meine eigenen vier Wände. Das war die Eingangstür zum Haus der eigenen Geborgenheit. <