Aston Martin DBX
Dramatischer Auftritt mit 22 Zoll großen Pirelli P Zero
Nennt ihn nicht Shooting Brake: Das erste SUV der britischen Edel-Manufaktur ist ein verkappter Sportwagen mit 550 PS
Wir erwarteten ein weiteres Luxus-SUV der Fünfmeter-Klasse. Wir ahnten nicht, was für ein Sportwagen sich unter dem edlen Tarnkleid des Aston Martin DBX verbirgt
Nein, wir wollen an dieser Stelle nicht zum x-ten Mal den Link vom legendären Sportwagenhersteller Aston Martin zum ebenfalls legendären britischen Geheimdienstmitarbeiter 007 herstellen. Obwohl: Eigentlich wäre der neue Aston Martin DBX schon ein ideales Bond-Auto. James müsste nun nicht mehr das Fahrzeug wechseln, wenn es von der kurvenreichen Schnellstraße plötzlich jenseits des Asphalts ab in die Karpaten oder auf sonstiges unerschlossenes Terrain geht.
Doch lassen wir das. Wir bleiben zunächst auf dem gnadenlos realen Boden der Tatsachen, und der liegt auf dem Testgelände. Unbeeindruckt von der wirklich eleganten, fast schon leichtfüßig anmutenden Erscheinung des DBX rüsten wir diesen mit unserem Messequipment aus und verunstalten damit ein wenedingt ig den geschmackvoll, aber nicht unbedingt meisterhaft mit anschmiegsamem Leder ausgekleideten Innenraum.
Der Jagdruf des V8 klingt eher nach Boxengasse als nach Waldeslust
Doch nicht nur mit seinem edlen äußeren Erscheinungsbild erweckt der erste halbwegs geländegängige Aston Aufsehen, auch der Druck auf den oben im Armaturenträger platzierten, gläsernen Startknopf sorgt spontan für Verzückung. Denn der Mix aus bollerndem V8Bass und sich dazu überlagernden Obertönen zeugt von einer gekonnten Komposition. Das klingt so gar nicht nach Offroad-Schwerarbeiter, sondern eindeutig nach Sportwagen. Und das täuscht nicht. Nach gemessenen 4,3 Sekunden – zwei Zehntel unter der Werksangabe – rauscht die virtuelle Tachonadel im elektronischen Cockpit über die 100, Tempo 200 ist nach 14,5 s abgehakt, der weitgehend aus Aluminium aufgebaute 2,3-Tonner schafft bis zu 291 km/h. Die treibende Kraft hinter dem Szenario ist bekannt und auch bei Aston Martin bereits etabliert: Der 4,0-Liter-V8-Biturbo nebst Neunstufen-Automatik – ebenfalls manuell schaltbar via Lenkradpaddel – entstammt der Kooperation mit Mercedes-AMG. Mit 550 PS und maximal 700 Newtonmeter Drehmoment passt er ideal zum großen Luxus-SUV, überzeugt einerseits mit Spontaneität und anderer
seits mit kultiviertem Lauf. Selbst der im gemischten Testbetrieb gemessene Verbrauch von 13,5 Litern pro 100 km ist angesichts des Performance-Niveaus halbwegs tolerabel.
Für ein SUV mit mehr als 2,3 Tonnen Lebendgewicht bewegt sich der DBX auf 22-Zoll-Walzen vom Typ Pirelli P Zero ungelenk und poltrig durch pittoreske Dörfchen. Bodenwellen reicht er recht ruppig zu uns durch. Die schmalen, aber gut konturierten Sitze dämpfen das teilweise ab und geben guten Halt. Den braucht man auch, wenn der Aston nach dem Ortsausgang im Sportmodus sein Kurventalent vorführt. Fühlte sich die Lenkung beim Cruisen noch ein wenig unbeteiligt und diffus an, besticht sie in schnellen Kurven durch Direktheit, Gefühl und Präzision. Je stärker man den DBX fordert, desto besser funktioniert er. Mit diesen Qualitäten scheint sogar ein Abstecher auf die Rennstrecke nicht abwegig.
Dafür haben die Chassis-Entwickler intensiv in die Hard- und Software investiert, etwa in die adaptiv geregelte Drei-Kammer-Luftfederung, die aktive, elektromechanische Wankstabilisierung und die High-Performance-Bereifung von Pirelli. Im Einklang mit der geregelten Kraftverteilung durch das automatische Hinterachssperrdifferenzial generiert sie ein ex
Beinahe leichtfüßig trotz 2,3 Tonnen Gewicht
trem hohes Gripniveau. Allerdings suchen sich die 22-Zoll-Walzen über tiefen Spurrillen schon mal ihren eigenen Weg, was dann die eine oder andere Lenkkorrektur erfordert.
Auch qualitativ hinterlässt das erste Aston Martin SUV den Eindruck, es bliebe noch ein wenig Luft nach oben. So fehlen in der umfangreichen Serienausstattung zeitgemäße Items wie ein Head-Up-Display und eine „Soft-Close“-Schließhilfe für die Türen. Gewöhnung verlangt das Bediensystem, das auf einer älteren Mercedes-Architektur basiert, und auch die Navigationsfunktionen entsprechen nicht dem jüngsten Stand der Technik. Andererseits überzeugt der DBX mit einer sehr torsionssteif wirkenden Karosserie und vielen kompetent konstruierten Details, etwa den hinteren Türen mit integrierten Gasdruckfedern. Die feine Lederausstattung wiederum könnte etwas liebevoller verarbeitet werden.
Das Aufstellen neuer Rekorde im Raumangebot stand nicht im Vordergrund, aber an Platz mangelt es weder auf den Vordersitzen noch im Fond, und auch 632 Liter Stauvolumen im Gepäckabteil sind großzügig genug bemessen. Der Aston Martin DBX liefert ein in weiten Teilen überzeugendes Debüt ab. Es gibt nicht viele Luxus-SUV mit soviel dynamischem Potenzial. Der AMG-V8-Biturbo erweist sich als idealer Antrieb, und der DBX zeigt damit trotz des technischen Supports aus Stuttgart einen eigenständigen, exklusiven Charakter.