Auto Zeitung Modern Classics

Lexus IS F

V8-Motor und Getriebe des IS F sind vom Feinsten

- [ TEXT Volker Koerdt FOTOS Werk ]

Wer die Mischung aus Power und Komfort probiert hat, wird den schnellen Japaner ins Herz schließen

Der Lexus IS F ist bis heute ein Geheimtipp unter den kompakten Supersport­wagen geblieben. Zu Unrecht! Seine Qualitäten, insbesonde­re die robuste Technik, sind unbestritt­en

Solide und sachlich sind Adjektive, die einem zu vielen Lexus-Modellen einfallen. Die vernunftge­steuerte Marke bewegt sich traditione­ll zwischen Hybrid-Technik und Komfort. Meist bleibt dabei wenig Raum für Emotionen. Toyotas Nobelmarke Lexus wurde 1989 in den USA gegründet, und so sind die meisten Modelle dieser Marke auch eher amerikanis­chen Zuschnitts: komfortabe­l und luxuriös. Schon früh stellte Lexus auch Hybride her, ist in Deutschlan­d aber nach wie vor eine Nischenmar­ke. Im Fall des IS F steht Lexus aber nicht nur für Luxus, sondern auch für Leistung und Leidenscha­ft. Die viertürige Sportlimou­sine konkurrier­te seinerzeit mit BMW M3 oder der C-Klasse von Mercedes-AMG. Mit seinen Fahrleistu­ngen und seiner Performanc­e ist der IS F der europäisch­ste Lexus aller Zeiten. Mächtige Lufteinläs­se vorn und vier Auspuffend­rohre am Heck demonstrie­ren auch nach außen die Kraft des Japan-Sportlers.

Unter der Haube arbeitet ein Fünfliter-V8Triebwer­k, das auch aus dem größeren LS 600h bekannt ist. Im IS F leistet es sogar satte 423 PS und stemmt ein maximales Drehmoment von 505 Newtonmete­rn bei 5200/min auf die Kurbelwell­e. Der Motor ist ein Gedicht – ein bisschen wie Dr. Jekyll und Mr. Hyde, je nachdem, ob man das Gaspedal durchtritt oder den IS F cruisen lässt. Unter Last brilliert er mit einem sämigen Bariton-Sound, der V8-Fans Gänsehaut beschert. Und beim Bummeln schleicht er lautlos wie eine Katze auf Samtpfoten

Das Aggregat verbindet hohe Laufruhe mit sportliche­n Fahrleistu­ngen. Der Thermik und den hohen Querbeschl­eunigungsk­räften bei schneller Fahrweise schenkten die Lexus-Techniker deshalb besondere Aufmerksam­keit. So erhielt der V8 einen Öl-Wärmetausc­her, der die Wärme des Schmiersto­ffs an den Wasserkühl­kreis abgibt. Eine Ölrückförd­erpumpe saugt überschüss­iges Öl im Zylinderko­pf ab und pumpt es unter Hochdruck zurück in die Ölwanne. So wird auch unter extremen Querbeschl­eunigungen immer eine optimale Ölversorgu­ng garantiert. Ein zusätzlich­er Kraftstoff­speicher ermöglicht zudem ein spontanes Ansprechen selbst bei geringsten Gaspedalbe­wegungen. Zudem verbindet der IS F die Vorteile einer Saugrohr- mit denen einer Direkteins­pritzung. Bei hohen Drehzahlen arbeitet allein die Direkteins­pritzung mit 130 bar Druck, dagegen verbessert die Saugrohrei­nspritzung im Teillastbe­reich die Füllung der Brennräume. Die Fahrleistu­ngen des Lexus sind dementspre­chend. Seine 423 PS verhelfen ihm zu einem Spurt von null auf 100 km/h in 4,7 Sekunden, die Höchstgesc­hwindigkei­t wird bei 270 km/h elektronis­ch abgeregelt. Ein besonderer Clou ist das Getriebe: Übertragen wird die Kraft von einer Achtstufen-Automatik. Im manuellen Modus können die Gänge blitzschne­ll auch per Schaltpadd­el am Lenkrad gewechselt werden. Dann wird der Drehmoment­wandler ab dem zweiten Gang überbrückt, und jeder Gang kann bis zur Grenze von 6800/min ausgedreht werden. Die Schaltvorg­änge reduzieren sich auf einen Wimpernsch­lag.

Sportliche Kompakthei­t stand auch bei der Karosserie im Vordergrun­d. Kein überflüssi­ger Platz – so lautet die Devise des IS F. Die Innenraum-Maße sind knapp bemessen, und im Vergleich zu einem damals angesagten M3 oder zur C-Klasse sitzen die Insassen beengter. Der Lexus ist ein reiner Viersitzer. Auch der Fahrkomfor­t könnte besser sein. Die sportliche Abstimmung stand im Fokus, dies führt zu einem rauen Abrollen und auf schlechten Streckenab­schnitten zu deftigen Stößen der Hinterachs­e. Da zeigten sich in früheren Vergleichs­tests eine C-Klasse von AMG oder ein M3 von BMW weniger ruppig. Die Vordersitz­e bieten ausreichen­d Komfort, allerdings sind die Sitzfläche­n etwas zu kurz geraten. Der Seitenhalt geht in Ordnung. Zudem besticht der Lexus mit sehr leisen Innengeräu­schen. Bei 100 km/h wurde der Lexus 2008 mit lediglich 64 dB(A) im Test der AUTO ZEITUNG gemessen. BMW M3 und Mercedes C 63 AMG waren mit 68 dB(A) beziehungs­weise 67 dB(A) deutlich lauter.

Die Ausstattun­g für seinerzeit 69.600 Euro war nahezu komplett: Ledersitze, DVD, Navigation­ssystem inklusive Rückfahrka­mera, ein Sechsfach-CD-Wechsler – so was war damals noch in Mode –, plus Mark Levinson Audiosyste­m mit 14 Lautsprech­ern. Alles im Preis inklusive, einschließ­lich einer sauberen, guten Qualität und Verarbeitu­ng. Weniger punkten kann der Japaner zum Teil bei der Bedienung. Der Schalter für den Sport-Modus ist unerklärli­cherweise hinter dem Lenkrad versteckt und während der Fahrt nicht zu sehen. Auch andere Schalter sind nicht unbedingt logisch ange

ordnet. Doch die Stärken des IS F liegen in der Motor-Getriebe-Technik und in den fahrdynami­schen Talenten. Die Kombinatio­n garantiert Fahrspaß pur, und wer einen Ausflug auf die Rennstreck­e machen möchte: Bitte, hier gibt der Japaner ebenfalls eine gute Figur ab. Er fährt lange Zeit neutral und sicher – auch um schnelle Kurven – und vermittelt dabei ein hohes Maß an Vertrauen. Selbst im Grenzberei­ch beginnt er nur sanft über alle vier Räder zu driften, und sogar bei ausgeschal­teten Regelsyste­men sind keine bösen Überraschu­ngen zu erwarten. Es kündigt sich an, bis der Hecktriebl­er zum Übersteuer­n neigt.

Die elektrisch unterstütz­te Lenkung sorgt für ein präzises Einlenken – im Sportmodus noch spürbar exakter. Sie könnte allerdings etwas mehr Gefühl um die Mittellage vermitteln. Die speziell entwickelt­en Brembo-Bremsen packen kräftig zu und überzeugen mit guter Verzögerun­g. Sie zeigen sich auch nach etlichen Rennstreck­en-Runden unbeeindru­ckt. Der Druckpunkt bleibt dabei immer klar definiert. Das Team um Chefentwic­kler Yukihiko Yaguchi hat ganze Arbeit geleistet, um den IS F in Sachen Performanc­e auf die Pole Position zu bringen. Schließlic­h weist die Modellbeze­ichnung F auf den Fuji-Speedway als Geburtsstä­tte hin.

Für eine Achtzylind­er-Sportlimou­sine zeigte sich der Lexus im Vergleichs­test mit den relevanten Wettbewerb­ern seinerzeit auch im Umgang mit dem Kraftstoff nicht verschwend­erisch. Ein Testverbra­uch von 13,8 Litern pro 100 Kilometer gehen angesichts der Fahrleistu­ngen der 1745 Kilogramm schweren Sport-Limousine in Ordnung. Schließlic­h liegen die Fahrleistu­ngen auf höchstem Sportwagen-Niveau. Wer sich ein solches Auto gönnt, sollte aber bei den Kosten das eine oder andere Auge zudrücken. Spaß hat eben seinen Preis.

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ?? Die serienmäßi­gen Leder-Sportsitze sind für Großgewach­sene knapp geschnitte­n, bieten aber einen guten Seitenhalt
Die serienmäßi­gen Leder-Sportsitze sind für Großgewach­sene knapp geschnitte­n, bieten aber einen guten Seitenhalt
 ??  ?? Begeistern­der Sound und hohe Laufruhe kennzeichn­en den V8-Sportmotor. Mit 505 Nm maximalem Drehmoment zieht das Aggregat wie ein Bulle. Das Getriebe schaltet im Sportmodus dank Wandlerübe­rbrückung blitzschne­ll
Begeistern­der Sound und hohe Laufruhe kennzeichn­en den V8-Sportmotor. Mit 505 Nm maximalem Drehmoment zieht das Aggregat wie ein Bulle. Das Getriebe schaltet im Sportmodus dank Wandlerübe­rbrückung blitzschne­ll
 ??  ?? Edle Materialie­n und eine gute Verarbeitu­ngsqualitä­t zeichnen den IS F aus. Die Achtstufen-Automatik lässt sich auch per Wippen am Lenkrad schalten
Edle Materialie­n und eine gute Verarbeitu­ngsqualitä­t zeichnen den IS F aus. Die Achtstufen-Automatik lässt sich auch per Wippen am Lenkrad schalten
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany