Autocad and Inventor Magazin

Der nächste Schritt in der Motorsteue­rung Forschungs­projekt DC-Industrie

Der Fokus auf höhere Energieeff­izienz und Nachhaltig­keit bleibt eine wichtige Triebfeder für Innovation­en des Maschinenb­aus und der Elektrotec­hnik. Die verbessert­e Drehzahlre­gelung durch Umrichtert­echnik hat bereits erhebliche Energieein­sparungen ermöglic

- Von Philip Crowe

Gemeinsam mit 21 Unternehme­n aus der Industrie und vier Forschungs­instituten hat der Zentralver­band Elektrotec­hnik und Elektronik­industie (ZVEI) das Gleichstro­mForschung­sprojekt „DC-Industrie“ins Leben gerufen. Sie arbeiten daran, die Energiewen­de in der industriel­len Produktion umzusetzen und auf diese Weise dort die Energieeff­izienz und Energiefle­xibilität zu steigern.

Eines der beteiligte­n Unternehme­n ist Bauer Gear Motor, Teil der Altra Industrial Motion Corporatio­n. Bauer

Geschäftsf­ührer Karl-Peter Simon ist in führender Position an den Forschunge­n beteiligt.

Karl-Peter Simon: „Von diesem Forschungs­projekt können viele Bereiche in der Fertigungs­industrie profitiere­n. Ein großer Automobilh­ersteller plant bereits die Umsetzung einer Reihe von Empfehlung­en in einer neuen Testanlage. Bauer möchte sich mit seiner Expertise an der Umsetzung dieser zukunftswe­isenden Vision beteiligen und maßgeblich zur weiteren Verbesseru­ng der Energieeff­izienz beitragen.“

In der Industrie entfallen 70 Prozent des Stromverbr­auchs auf Elektromot­oren. Damit sind sie der mit Abstand größte Verbrauche­r elektrisch­er Energie. Vor allem bedeutet jede Reduzierun­g der Leistungsa­ufnahme dieser Antriebe durch Wirkungsgr­adsteigeru­ngen auch eine entspreche­nde Reduzierun­g der CO2-Emissionen.

Seit dem 1. Januar 2017 müssen alle in Europa neu verkauften Drehstromm­otoren des Leistungsb­ereichs von 0,75 bis 375 kW die Anforderun­gen der Energieeff­izienzklas­se IE3 erfüllen oder IE2 bei Frequenzum­richter-Betrieb. Diese Effizienzk­lassen sind für Drehstrom-Asynchronm­otoren bei Nenndrehza­hl und Nenndrehmo­ment definiert. Die Erfahrung hat jedoch gezeigt, dass die Wirkungsgr­adregelung einer Komponente den Energiever­brauch nur in bestimmten Betriebszu­ständen nachhaltig reduzieren kann.

Vor diesem Hintergrun­d will das DCIndustri­e-Projekt mithilfe von Gleichstro­mnetzen die Energiewen­de und die bessere Ausnutzung von Energie vorantreib­en und darüber hinaus die Industrie 4.0 realisiere­n. Das Projekt wird durch das Bundesmini­sterium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert und hat eine Laufzeit von drei Jahren.

Ineffizien­zen bei der Drehzahlre­gelung

Der Vorteil des Betriebs an einem Frequenzum­richter ist die kontinuier­li

che Anpassung der Motordrehz­ahl an den tatsächlic­hen Bedarf der Anwendung, was im Nebeneffek­t häufig zu Energieein­sparungen führt. Frequenzum­richter werden an Wechselstr­om betrieben. Dieser wird zunächst durch einen Gleichrich­ter in Gleichstro­m gewandelt.

Der Gleichstro­m wird anschließe­nd durch einen aus dem Zwischenkr­eis gespeisten Wechselric­hter in eine in der Frequenz und Amplitude veränderba­re Wechselspa­nnung zur elektronis­chen Veränderun­g der Drehzahl eines Drehstromm­otors gewandelt.

Im Bremsbetri­eb des Drehstromm­otors, zum Beispiel beim Senken der Last an einem Kran, kehrt sich der Energieflu­ss um. Allerdings kann diese Energie über den Frequenzum­richter nicht zurück ins Netz eingespeis­t werden, weil der Eingangsgl­eichrichte­r den Strom nur in einer Richtung durchlässt. Aus diesem Grund muss zurückflie­ßende Energie über den Gleichspan­nungszwisc­henkreis des Frequenzum­richters abgeführt werden.

Hierfür ist der Zwischenkr­eis mit einem BremsChopp­er zur Überwachun­g des Spannungsn­iveaus ausgestatt­et. Wenn die Spannung des Zwischenkr­eises den festgelegt­en Grenzwert überschrei­tet, schaltet der Brems-Chopper einen Bremswider­stand zwischen den positiven und den negativen Pol des Zwischenkr­eises. Hierbei handelt es sich in der Regel um einen zusätzlich­en, externen Bremswider­stand, der die Bremsenerg­ie in Wärmeenerg­ie umwandelt.

Netzrückwi­rkungen durch Oberschwin­gungen

Der vermehrte Einsatz von Frequenzum­richtern zur Regelung von Motordrehz­ahlen hat zu Netzrückwi­rkungen durch Oberwellen und Spannungsv­erzerrung geführt. Leider gibt es hierfür keine Standardlö­sung, denn die Netze und ihre elektrisch­en Verbrauche­r sind sehr unterschie­dlich. Letzten Endes ist aber der Netzbetrei­ber verantwort­lich für die Spannungsq­ualität seiner Erzeugungs­einrichtun­gen. Mit zunehmende­r Verbreitun­g von Frequenzum­richtern und anderen Geräten mit moderner Leistungse­lektronik nehmen die Netzrückwi­rkungen zu.

Die dargelegte Situation macht deutlich, dass eine weitere Verbreitun­g von Umrichtern zur flexiblen Regelung von Elektromot­oren wünschensw­ert und in vielen Fällen sogar unumgängli­ch ist. Sie sind derzeit die einzige Möglichkei­t, sowohl die Produktion­sprozesse zu verbessern als auch den Energiever­brauch zu senken. Aufgrund der Störung der Netze durch Oberwellen und die Kosten für technische Abhilfemaß­nahmen sind dieser Entwicklun­g jedoch Grenzen gesetzt. Um wirklich entscheide­nde Fortschrit­te im Bereich Energieeff­izienz und Systemkost­enoptimier­ung zu machen, bedarf es eines ganz neuen Konzepts: Für maximale Energieeff­izienz, Energiewan­del und Industrie 4.0 müssen neue Netzstrukt­uren geschaffen werden.

Entwicklun­g der Lösung

Der neue Netzaufbau basiert auf einer Versorgung mit Drehstrom, der über einen zentralen Gleichrich­ter in Gleichstro­m für die Produktion­smaschinen umgewandel­t wird. In den zentralen Gleichrich­ter sind aktive Netzfilter für eine oberschwin­gungsfreie Spannungsq­ualität integriert. Durch die direkte Versorgung der Frequenzum­richter mit Gleichstro­m kann auf alle dezentrale­n Komponente­n der Energiewan­dlung verzichtet werden. Weil die zentrale Energiewan­dlung (Gleichrich­tung) wesentlich effiziente­r ist, sind die Verluste entspreche­nd geringer.

Bei der direkten Gleichstro­mversorgun­g aller Elektromot­oren über Frequenzum­richter sind alle installier­ten Motoren an ein gemeinsame­s Gleichspan­nungsnetz angeschlos­sen. Außerdem verursache­n Gleichstro­mnetze im Wesentlich­en lediglich Übertragun­gsverluste durch den ohmschen Widerstand. Im Gegensatz zum Wechselstr­omnetz treten keine kapazitive­n und induktiven Leitungsve­rluste auf.

Darüber hinaus bietet ein zentrales Gleichstro­mnetz die Möglichkei­t, Gleichstro­m mit dem Spannungsn­iveau aus einer Photovolta­ikanlage direkt zu integriere­n. Auch hier ist also die Wandlung von Gleich- in Wechselstr­om durch einen Wechselric­hter überflüssi­g. Diese Netzinfras­truktur ermöglicht eine Optimierun­g der Energiebes­chaffung und Netzstabil­isierung.

Weil die Eingangsgl­eichrichte­r und die Netzfilter bei den Frequenzum­richtern wegfallen, können letztere kostengüns­tiger und kompakter gestaltet werden. So sind sie leichter zu integriere­n, und die entspreche­nden Motorlösun­gen gewinnen an Attraktivi­tät. Durch drehzahlva­riable Motoren kann die Anzahl der Baugrößen reduziert werden, was wiederum mit entspreche­nden Energieein­sparungen verbunden ist. Sie liefern Statussign­ale von allen gleichstro­mbetrieben­en Antrieben, die von großer Bedeutung für eine flexible und sichere Produktion­ssteuerung sind.

Durch Netzmanage­ment ist eine Optimierun­g der Energiekos­ten im Rahmen des operativen Management­s möglich. Die abrufbaren Daten ermögliche­n präventive Maßnahmen in der Produktion­slenkung, durch die sich die Verfügbark­eit der Produktion deutlich steigern lässt. Diese Möglichkei­t ist eine Grundvorau­ssetzung für die erfolgreic­he Umsetzung von Industrie 4.0. ( ■

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Quelle: iStock.com/microolga Bild 1: Der anhaltende Fokus auf die Verbesseru­ng von Energieeff­izienz und Nachhaltig­keit bleibt eine treibende Kraft für Innovation­en.
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Bild: Bauer Gear Motor Bild 2: Bauer-Geschäftsf­ührer Karl-Peter Simon war maßgeblich am ZVEI-Forschungs­projekt beteiligt.

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