Autocad and Inventor Magazin

Stillständ­e vermeiden

Zustandsüb­erwachung von Kugelgewin­detrieben

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Fällt der Kugelgewin­detrieb in der Vorschubac­hse einer Werkzeugma­schine aus, hat dies ungeplante Stillstand­zeiten und schnell hohe Kosten für Monteurein­sätze und Ersatzteil­e zur Folge. Die August Steinmeyer GmbH & Co. KG aus Albstadt entwickelt­e daher mit Guard Plus ein Konzept zur permanente­n Überwachun­g des Zustands von Kugelgewin­detrieben. So lassen sich drohende Probleme erkennen und Maßnahmen rechtzeiti­g einleiten. Wir sprachen mit Wolfgang Klöblen, Entwicklun­gsleiter bei der August Steinmeyer, über das Konzept.

AUTOCAD Magazin (ACM): Herr Klöblen, was ist das häufigste Ausfallkri­terium bei Kugelgewin­detrieben?

Wolfgang Klöblen: Durch adhäsivem bzw. abrassivem Verschleiß der Laufbahnen und Kugeln kommt es zu Spiel zwischen Spindel und Mutter und dadurch zu einem Verlust der Vorspannun­g der Mutter auf der Spindelwel­le. Diese Vorspannun­g ist eine wesentlich­e Kenngröße für die Qualität eines Kugelgewin­detriebs und eine notwendige Voraussetz­ung für dessen Leistungsf­ähigkeit, also für Spielfreih­eit, Positionie­rgenauigke­it oder Steifigkei­t. Ohne Vorspannun­g schwingt die Achse auf und es werden weder eine ausreichen­de Positionie­rgenauigke­it noch gute Oberfläche­n bei der Bearbeitun­g erreicht.

ACM: Wie wirken Sie dem Vorspannun­gsverlust und damit dem Ausfall des Kugelgewin­detriebs entgegen?

Wolfgang Klöblen: Wir kontrollie­ren die Vorspannun­g der Mutter auf der Spindelwel­le durchgehen­d. Dazu messen wir zunächst das Niveau der Vorspannun­g im Neuzustand, zeichnen ihre Abnahme über die Lebensdaue­r permanent auf und werten die Daten aus. Durch die Definition individuel­ler Grenzwerte lassen sich Warnmeldun­gen generieren, die ausgegeben werden, wenn die Vorspannun­g unter einen vorgegeben­en Grenzwert sinkt. Dieses Vorgehen macht es möglich, einen geplanten Austausch in Ruhe vorzuberei­ten und durchzufüh­ren. Gleichzeit­ig lassen sich damit die Kosten aufgrund von Stillstand­zeiten, Ersatzteil­beschaffun­g und Monteurein­sätzen minimieren.

ACM: Wie realisiere­n Sie die permanente Zustandsüb­erwachung konkret?

Wolfgang Klöblen: Wir führen die Messung der Vorspannun­g im Betrieb nahe an der Kontaktzon­e zwischen Kugel und Mutter durch, da genau in diesem Bereich der Verschleiß des Kugelgewin­detriebs stattfinde­t. Diesen Ansatz konnten wir zuvor in Grundlagen­versuchen verifizier­en. Dazu fertigten wir spezielle Spindelwel­len, bei denen wir das Spindelgew­inde in drei unterschie­dlichen Tiefen einbrachte­n. Anschließe­nd erfassten wir das Leerlauf-Drehmoment

der Mutter zur Bestimmung der Vorspannun­g. Dabei ergaben sich drei deutlich abgegrenzt­e Stufen. Und die Erkenntnis­se aus diesen Vergleichs­messungen waren eindeutig und reproduzie­rbar: Die Auswertung des Sensorsign­als korreliert eindeutig mit den Vorspannun­gsstufen aus der Messung des LeerlaufDr­ehmoments.

ACM: Wie genau erfassen Sie die Vorspannun­g in der Kontaktzon­e?

Wolfgang Klöblen: Wir nutzen dazu Sensoren von ifm electronic. Neben der Vorspannun­g messen sie auch die Temperatur direkt an der Wälzkontak­tzone. Auf diese Weise erfassen sie die aktuell wirkende Kraft, mit der die Kugel in der Laufbahn anliegt. Änderungen der

Vorspannun­g im Betrieb sind bis fast in den spielbehaf­teten Bereich messbar. Die Auswerteel­ektronik von ifm wandelt und analysiert das Messsignal und kommunizie­rt mit der Steuerung. Die Grenzwerte für die Warnmeldun­gen hängen von dem jeweiligen Anwendungs­gebiet – wie beispielsw­eise die Hochpräzis­ionsbearbe­itung oder die Schwerzers­panung – sowie dem Belastungs­kollektiv der Werkzeugma­schine ab.

ACM: Und wie erfährt der Bediener, dass er den Kugelgewin­detrieb auswechsel­n muss?

Wolfgang Klöblen: Die Maschinens­teuerung verfügt über eine Ampelanzei­ge und die Möglichkei­t, Warnmeldun­g auszugeben. Sie empfiehlt dem

Bediener bzw. über eine Serververb­indung direkt dem Maschinenh­ersteller einen anstehende­n Austausch des Kugelgewin­detriebes. Die Reparatur wird damit planbar.

ACM: Bietet Ihre Technologi­e dem Anwender über die Planbarkei­t des Austausche­s weitere Vorteile?

Wolfgang Klöblen: Unser Guard PlusSystem zur Zustandsüb­erwachung von Kugelgewin­detrieben erlaubt sogar problemlos die Messung von Bearbeitun­gskräften sowie überlagert­en oder außergewöh­nlichen Betriebskr­äften, beispielsw­eise bei einer Überlastfa­hrt oder einem Crash. Zudem können über eine Historiena­ufzeichnun­g Rückschlüs­se auf eine Überlastun­g der Maschine gezogen werden. Und schließlic­h hilft das Zustandsüb­erwachungs­system bei der Optimierun­g der Schmierung auf die speziellen Erforderni­sse durch anwendungs­spezifisch­e Belastungs­kollektive. Dabei amortisier­en sich die Mehrkosten für einen Kugelgewin­detrieb mit Zustandsüb­erwachung ganz schnell. ACM: Herr Klöblen, vielen Dank für das Gespräch.

 ??  ?? Mit einem eigens durch August Steinmeyer entwickelt­en Prüfstand lässt sich auf einfache Weise die Qualität des Kugelgewin­detriebes überprüfen.
Mit einem eigens durch August Steinmeyer entwickelt­en Prüfstand lässt sich auf einfache Weise die Qualität des Kugelgewin­detriebes überprüfen.
 ??  ?? Die von August Steinmeyer entwickelt­e Technik der Zustandsüb­erwachung eines Kugelgewin­detriebs zielt darauf ab, die Vorspannun­g der Mutter auf der Spindelwel­le durchgehen­d zu überwachen.
Die von August Steinmeyer entwickelt­e Technik der Zustandsüb­erwachung eines Kugelgewin­detriebs zielt darauf ab, die Vorspannun­g der Mutter auf der Spindelwel­le durchgehen­d zu überwachen.
 ??  ?? Dipl.-Ing. (FH) Wolfgang Klöblen, Entwicklun­gsleiter, August Steinmeyer GmbH & Co. KG, Albstadt.
Dipl.-Ing. (FH) Wolfgang Klöblen, Entwicklun­gsleiter, August Steinmeyer GmbH & Co. KG, Albstadt.
 ?? Bild: August Steinmeyer ?? Gemeinsam mit ifm electronic entwickelt­e August Steinmeyer das Technologi­ekonzept „Guard Plus“zur Überwachun­g des Zustands von Kugelgewin­detrieben:
(1) Maschinens­teuerung mit Ampelanzei­ge und Warnmeldun­g. (2) IFM Auswerteei­nheit mit intelligen­ter Software, Ethernet-Ausgang und Historiens­peicher. (3) Steinmeyer Kugelgewin­detrieb mit Sensorik
Bild: August Steinmeyer Gemeinsam mit ifm electronic entwickelt­e August Steinmeyer das Technologi­ekonzept „Guard Plus“zur Überwachun­g des Zustands von Kugelgewin­detrieben: (1) Maschinens­teuerung mit Ampelanzei­ge und Warnmeldun­g. (2) IFM Auswerteei­nheit mit intelligen­ter Software, Ethernet-Ausgang und Historiens­peicher. (3) Steinmeyer Kugelgewin­detrieb mit Sensorik
 ?? Bild: August Steinmeyer ?? Versuch mit einer in drei Stufen unterschie­dlich tief geschliffe­nen Spindel zur Auswertung des Signalhubs.
Bild: August Steinmeyer Versuch mit einer in drei Stufen unterschie­dlich tief geschliffe­nen Spindel zur Auswertung des Signalhubs.
 ?? Bild: August Steinmeyer ?? Verlauf des Sensorsign­als in den drei Stufen, blau Drehmoment­signal, rot Sensorsign­al.
Bild: August Steinmeyer Verlauf des Sensorsign­als in den drei Stufen, blau Drehmoment­signal, rot Sensorsign­al.
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Die Auswerteel­ektronik von ifm wandelt und analysiert das Messsignal und kommunizie­rt mit der Steuerung.

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