Der Weg zur smarten Fabrik
CPQ-Lösung im Einsatz bei Vacom
Um die Produktion auf die Zukunft vorzubereiten und auf die Industrie 4.0 umzugestalten, gilt es, an vielen Stellschrauben zu drehen. Die Firma Vacom aus Großlöbichau bei Jena baut gerade eine Smart Factory auf. Das Unternehmen hat dabei frühzeitig erkannt, dass man auch die Auftragsgewinnung und -bearbeitung automatisieren und digitalisieren muss. Die Durchgängigkeit der Daten ist hierbei der entscheidende Faktor für den Erfolg der Smart Factory.
Die Vacom Vakuum Komponenten & Messtechnik GmbH gehört zu den führenden europäischen Anbietern für Vakuumtechnik. Das Produktspektrum reicht von Vakuummechanik, -optik, -messtechnik über elektrische Durchführungen bis hin zu kundenspezifischen Sonderbauteilen. Genutzt werden die Produkte vor allem in der Forschung sowie in den Bereichen der Halbleitertechnik, bei Teilchenbeschleunigern oder auch in der Medizin bei der Krebstherapie. So setzt zum Beispiel der Teilchenbeschleuniger bei DESY in Hamburg oder das europäische Zentrum für Kernforschung CERN bei Genf bei ihrer physikalischen Grundlagenforschung auf Komponenten des Herstellers aus Thüringen.
Losgröße Eins an der Tagesordnung
Neben den Standardprodukten werden viele kundenspezifische Produkte ab Losgröße Eins angefordert. Da die Vakuumprodukte oft in Forschungsprojekten Anwendung finden, geht es hier nicht um Massenware, sondern vielmehr um einzelne Anlagen mit variablen Maßen und Vakuumkammern, die nicht in einem Standardkatalog abbildbar sind. Auch
ohne Smart Factory ist die flexible Erstellung von individualisierten Produkten und eine schnelle Bereitstellung von technischen sowie kaufmännischen Informationen bereits eine Herausforderung für das Familienunternehmen aus Großlöbichau. So kommt es bereits während Phase der Auftragsgewinnung zu personellem Aufwand in der Konstruktion, um Angebote mit Datenblättern und/oder Zeichnungen erstellen zu können. Daraus ergab sich für das 300 Mitarbeiter starke Unternehmen der Wunsch, wiederkehrende Abläufe für kundenspezifische Produkte rationeller zu gestalten und zu automatisieren. Von einer Angebotserstellung mit automatischer Modellerstellung würde nicht nur der Vertrieb profitieren. Weitere Bereiche, wie die Auftragsbearbeitung und Fertigungsvorbereitung, würden ebenso Zeit einsparen. Zudem würde sich auch die Zahl der Fehler in Angeboten und Modellen reduzieren, da eine Automatisierung mit einem festgelegten Regelwerk arbeitet.
CPQ als Lösung
Um das Ziel der Reduktion von Zeit und Fehlern zu erreichen und den Aufwand für kundenindividuelle Produkte zu minimieren, wurde die CPQ-Lösung Speedmaxx von Acatec erkannt und angeschafft. Mit Speedmaxx lassen sich Produkte konfigurieren, Preise kalkulieren und Angebote erstellen.
Die Software hat aber noch weitere Vorteile, die der Vakuumspezialist nutzt. So lässt sich bereits während der Konfiguration das CAD-Modell ansteuern, und es wird automatisch aus den neu erstellten Konfigurationsdaten ein CAD-Modell erzeugt. Möglich macht das die CAD-Automation von Speedmaxx. Die vorhandene Schnittstelle zum CAD-System Inventor wird hierfür verwendet. So werden die Daten zur Laufzeit an das CAD-System gesendet, und ohne eine händische Eingabe des Konstrukteurs wird ein neues CAD-Modell in Inventor generiert.
Das Ziel ist die Durchgängigkeit
Ein weiterer, entscheidender Faktor der Anwendung Speedmaxx war für Vacom die Durchgängigkeit der Softwarelösung. Die im Konfigurator entstandenen Daten werden ohne Systembrüche durch den ganzen Geschäftsprozess geleitet. Angefangen bei der CAD-Automation, über die Anbindung an das ERP-System SAP bis hin zur Fertigung. „Wenn eine Smart Factory das Ziel ist, dann macht die Eingabe per Hand an verschiedenen Stellen gar keinen Sinn“, so Franz Minnigerode, der das Projekt bei Vacom initiiert hat.
Vor der CPQ-Lösung hatte man sich der Hilfsmittel bedient, die die einzelnen Softwarekomponenten von Haus aus zur Verfügung stellen. So wurde unter anderem das Tool ILogic in Inventor eingesetzt oder kleine VBA-Skripte in Excel. Auch professionelle Tools, wie der LO-VC-Konfigurator in SAP kamen zum Einsatz. Doch alle Hilfsmittel brachten nur in den einzelnen Abteilungen Vorteile und waren nicht miteinander kombinierbar. Beim neuen Konfigurator ist das nun anders. Durch die vielen Schnittstellen der Software lassen sich alle Daten miteinander kombinieren und alle Abteilungen profitieren von diesem System.
Start bei der Auftragsabwicklung
Auslöser für das Konfiguratorprojekt war die neue Smart Factory, die zurzeit in Großlöbichau entsteht. Ziele sind die automatisierte Produktionsplanung und Organisation, Vernetzung und Erfassung aller Maschinendaten und der Einsatz von autonom fahrenden Systemen. Gleichzeitig will man bei der Auftragsverarbeitung einen hohen Automatisierungsgrad durch einen Produktkonfigurator erreichen.
Schon vor dem Projektstart hat man gesehen, dass die größte Herausforderung in der Erstellung der produktionsrelevanten Daten in der Auftragsabwicklung liegt und hat somit in diesem Bereich mit dem Konfiguratorprojekt gestartet. Um ein komplettes Angebot für den Vertrieb erstellen zu können, benötigt man „saubere“Daten aus der Auftragsabwicklung. So war das Motto „Erst alles automatisieren was hinten rausfällt, um dann vorne anzusetzen und das Angebot automatisieren.“so der gelernte Maschinenbau-Ingenieur Franz Minnigerode.
Für den ersten Konfigurator wurde ein Bauteil ausgesucht, dass in vielen Produkten und Baugruppen der Firma Vacom Verwendung findet. Hierfür wurde ein Rohrstück ausgewählt, das diverse Teile einer Anlage verbindet. Der Konfigurator verändert so auf Kundenwunsch den Rohrstücktyp, die Spezifikationen wie Länge oder Durchmesser und diverse Flanschsysteme. Bereits dieser, vergleichsweise “kleine” Konfigurator bringt in der Angebots- und Ausarbeitungsphase eine Zeitersparnis von 95 Prozent bei der Bearbeitungszeit.
Um das Konfigurationsprojekt neben dem Tagesgeschäft stemmen zu können, wurde es in drei Stufen eingeteilt:
Im ersten Schritt soll die Fertigungsvorbereitung von der Automation der Prozesse profitieren. Hierfür wurden alle Voraussetzungen zur Modell-, Zeichnungs-, Stücklisten- und Arbeitsplanerstellung im Regelwerk implementiert.
● Im zweiten Schritt geht es darum, den Vertrieb mit einzubinden. Der Vertriebsinnendienst kann jetzt automatisiert Angebote mit Datenblättern und CADZeichnungen erstellen, ohne ein CADProgramm bedienen zu müssen oder auf die Hilfe von Konstrukteuren ,Zeichnern und Kalkulatoren zu warten.
● In der Stufe 3 wird der Konfigurator in den Webshop integriert, damit Kunden eigenständig ihr Produkt konfigurieren können. Dieser Step ist für das vierte Quartal in diesem Jahr geplant.
Schon jetzt zeichnet sich eine Verkürzung der Durchlaufzeiten ab. Durch entfallene Liegenzeiten zwischen unterschiedlichen Arbeitsschritten, verringert sich die Durchlaufzeit von fünf auf einen Tag.
Smart Factory wird Realität
Die erwarteten Verkürzungen in den Reaktions- und Prozesszeiten wurden somit schon frühzeitig sichtbar. Die Vorteile kommen allerdings nicht nur der Fertigungsvorbereitung und dem Vertrieb zu Gute. Auch die Kunden des Thüringer Unternehmens profitieren von dem Projekt. Sie erhalten bereits zu einem früheren Zeitpunkt ihre technisch und kaufmännisch validen Daten.
Auch die minimierte Fehlerrate ist ein enormer Mehrwert, so Franz Minnigerode. Denn gerade in der Smart Factory gilt es Fehlerquellen zu minimieren, damit die Produktion in der neuen Fabrik reibungslos laufen kann. Da kein Konstrukteur mehr mit alten Vorlagen und dem berühmten „Copy and Paste“-Verfahren arbeiten muss und das Produktwissen im Regelwerk des Konfigurators verankert ist, kann eine Fehlerfreiheit gewährleistet werden, die so für eine optimale Produktion sorgen kann.
Durch die Entlastung der Mitarbeiter von Routinearbeitsschritten bleibt mehr Zeit für Innovationen und die Verbesserung der Produkte. Sobald der erste Konfigurator vollständig mit seinen drei Stufen ausgerollt ist, macht sich das Projektteam an weitere Produkte und Produktgruppen, wie z.B. Flanschsysteme, Abschlusselemente um ganze Vakuumkammern zu konfigurieren.