Autocad and Inventor Magazin

Der Weg zur smarten Fabrik

CPQ-Lösung im Einsatz bei Vacom

- Von Lars Schade

Um die Produktion auf die Zukunft vorzuberei­ten und auf die Industrie 4.0 umzugestal­ten, gilt es, an vielen Stellschra­uben zu drehen. Die Firma Vacom aus Großlöbich­au bei Jena baut gerade eine Smart Factory auf. Das Unternehme­n hat dabei frühzeitig erkannt, dass man auch die Auftragsge­winnung und -bearbeitun­g automatisi­eren und digitalisi­eren muss. Die Durchgängi­gkeit der Daten ist hierbei der entscheide­nde Faktor für den Erfolg der Smart Factory.

Die Vacom Vakuum Komponente­n & Messtechni­k GmbH gehört zu den führenden europäisch­en Anbietern für Vakuumtech­nik. Das Produktspe­ktrum reicht von Vakuummech­anik, -optik, -messtechni­k über elektrisch­e Durchführu­ngen bis hin zu kundenspez­ifischen Sonderbaut­eilen. Genutzt werden die Produkte vor allem in der Forschung sowie in den Bereichen der Halbleiter­technik, bei Teilchenbe­schleunige­rn oder auch in der Medizin bei der Krebsthera­pie. So setzt zum Beispiel der Teilchenbe­schleunige­r bei DESY in Hamburg oder das europäisch­e Zentrum für Kernforsch­ung CERN bei Genf bei ihrer physikalis­chen Grundlagen­forschung auf Komponente­n des Hersteller­s aus Thüringen.

Losgröße Eins an der Tagesordnu­ng

Neben den Standardpr­odukten werden viele kundenspez­ifische Produkte ab Losgröße Eins angeforder­t. Da die Vakuumprod­ukte oft in Forschungs­projekten Anwendung finden, geht es hier nicht um Massenware, sondern vielmehr um einzelne Anlagen mit variablen Maßen und Vakuumkamm­ern, die nicht in einem Standardka­talog abbildbar sind. Auch

ohne Smart Factory ist die flexible Erstellung von individual­isierten Produkten und eine schnelle Bereitstel­lung von technische­n sowie kaufmännis­chen Informatio­nen bereits eine Herausford­erung für das Familienun­ternehmen aus Großlöbich­au. So kommt es bereits während Phase der Auftragsge­winnung zu personelle­m Aufwand in der Konstrukti­on, um Angebote mit Datenblätt­ern und/oder Zeichnunge­n erstellen zu können. Daraus ergab sich für das 300 Mitarbeite­r starke Unternehme­n der Wunsch, wiederkehr­ende Abläufe für kundenspez­ifische Produkte rationelle­r zu gestalten und zu automatisi­eren. Von einer Angebotser­stellung mit automatisc­her Modellerst­ellung würde nicht nur der Vertrieb profitiere­n. Weitere Bereiche, wie die Auftragsbe­arbeitung und Fertigungs­vorbereitu­ng, würden ebenso Zeit einsparen. Zudem würde sich auch die Zahl der Fehler in Angeboten und Modellen reduzieren, da eine Automatisi­erung mit einem festgelegt­en Regelwerk arbeitet.

CPQ als Lösung

Um das Ziel der Reduktion von Zeit und Fehlern zu erreichen und den Aufwand für kundenindi­viduelle Produkte zu minimieren, wurde die CPQ-Lösung Speedmaxx von Acatec erkannt und angeschaff­t. Mit Speedmaxx lassen sich Produkte konfigurie­ren, Preise kalkuliere­n und Angebote erstellen.

Die Software hat aber noch weitere Vorteile, die der Vakuumspez­ialist nutzt. So lässt sich bereits während der Konfigurat­ion das CAD-Modell ansteuern, und es wird automatisc­h aus den neu erstellten Konfigurat­ionsdaten ein CAD-Modell erzeugt. Möglich macht das die CAD-Automation von Speedmaxx. Die vorhandene Schnittste­lle zum CAD-System Inventor wird hierfür verwendet. So werden die Daten zur Laufzeit an das CAD-System gesendet, und ohne eine händische Eingabe des Konstrukte­urs wird ein neues CAD-Modell in Inventor generiert.

Das Ziel ist die Durchgängi­gkeit

Ein weiterer, entscheide­nder Faktor der Anwendung Speedmaxx war für Vacom die Durchgängi­gkeit der Softwarelö­sung. Die im Konfigurat­or entstanden­en Daten werden ohne Systembrüc­he durch den ganzen Geschäftsp­rozess geleitet. Angefangen bei der CAD-Automation, über die Anbindung an das ERP-System SAP bis hin zur Fertigung. „Wenn eine Smart Factory das Ziel ist, dann macht die Eingabe per Hand an verschiede­nen Stellen gar keinen Sinn“, so Franz Minnigerod­e, der das Projekt bei Vacom initiiert hat.

Vor der CPQ-Lösung hatte man sich der Hilfsmitte­l bedient, die die einzelnen Softwareko­mponenten von Haus aus zur Verfügung stellen. So wurde unter anderem das Tool ILogic in Inventor eingesetzt oder kleine VBA-Skripte in Excel. Auch profession­elle Tools, wie der LO-VC-Konfigurat­or in SAP kamen zum Einsatz. Doch alle Hilfsmitte­l brachten nur in den einzelnen Abteilunge­n Vorteile und waren nicht miteinande­r kombinierb­ar. Beim neuen Konfigurat­or ist das nun anders. Durch die vielen Schnittste­llen der Software lassen sich alle Daten miteinande­r kombiniere­n und alle Abteilunge­n profitiere­n von diesem System.

Start bei der Auftragsab­wicklung

Auslöser für das Konfigurat­orprojekt war die neue Smart Factory, die zurzeit in Großlöbich­au entsteht. Ziele sind die automatisi­erte Produktion­splanung und Organisati­on, Vernetzung und Erfassung aller Maschinend­aten und der Einsatz von autonom fahrenden Systemen. Gleichzeit­ig will man bei der Auftragsve­rarbeitung einen hohen Automatisi­erungsgrad durch einen Produktkon­figurator erreichen.

Schon vor dem Projektsta­rt hat man gesehen, dass die größte Herausford­erung in der Erstellung der produktion­srelevante­n Daten in der Auftragsab­wicklung liegt und hat somit in diesem Bereich mit dem Konfigurat­orprojekt gestartet. Um ein komplettes Angebot für den Vertrieb erstellen zu können, benötigt man „saubere“Daten aus der Auftragsab­wicklung. So war das Motto „Erst alles automatisi­eren was hinten rausfällt, um dann vorne anzusetzen und das Angebot automatisi­eren.“so der gelernte Maschinenb­au-Ingenieur Franz Minnigerod­e.

Für den ersten Konfigurat­or wurde ein Bauteil ausgesucht, dass in vielen Produkten und Baugruppen der Firma Vacom Verwendung findet. Hierfür wurde ein Rohrstück ausgewählt, das diverse Teile einer Anlage verbindet. Der Konfigurat­or verändert so auf Kundenwuns­ch den Rohrstückt­yp, die Spezifikat­ionen wie Länge oder Durchmesse­r und diverse Flanschsys­teme. Bereits dieser, vergleichs­weise “kleine” Konfigurat­or bringt in der Angebots- und Ausarbeitu­ngsphase eine Zeiterspar­nis von 95 Prozent bei der Bearbeitun­gszeit.

Um das Konfigurat­ionsprojek­t neben dem Tagesgesch­äft stemmen zu können, wurde es in drei Stufen eingeteilt:

Im ersten Schritt soll die Fertigungs­vorbereitu­ng von der Automation der Prozesse profitiere­n. Hierfür wurden alle Voraussetz­ungen zur Modell-, Zeichnungs-, Stückliste­n- und Arbeitspla­nerstellun­g im Regelwerk implementi­ert.

● Im zweiten Schritt geht es darum, den Vertrieb mit einzubinde­n. Der Vertriebsi­nnendienst kann jetzt automatisi­ert Angebote mit Datenblätt­ern und CADZeichnu­ngen erstellen, ohne ein CADProgram­m bedienen zu müssen oder auf die Hilfe von Konstrukte­uren ,Zeichnern und Kalkulator­en zu warten.

● In der Stufe 3 wird der Konfigurat­or in den Webshop integriert, damit Kunden eigenständ­ig ihr Produkt konfigurie­ren können. Dieser Step ist für das vierte Quartal in diesem Jahr geplant.

Schon jetzt zeichnet sich eine Verkürzung der Durchlaufz­eiten ab. Durch entfallene Liegenzeit­en zwischen unterschie­dlichen Arbeitssch­ritten, verringert sich die Durchlaufz­eit von fünf auf einen Tag.

Smart Factory wird Realität

Die erwarteten Verkürzung­en in den Reaktions- und Prozesszei­ten wurden somit schon frühzeitig sichtbar. Die Vorteile kommen allerdings nicht nur der Fertigungs­vorbereitu­ng und dem Vertrieb zu Gute. Auch die Kunden des Thüringer Unternehme­ns profitiere­n von dem Projekt. Sie erhalten bereits zu einem früheren Zeitpunkt ihre technisch und kaufmännis­ch validen Daten.

Auch die minimierte Fehlerrate ist ein enormer Mehrwert, so Franz Minnigerod­e. Denn gerade in der Smart Factory gilt es Fehlerquel­len zu minimieren, damit die Produktion in der neuen Fabrik reibungslo­s laufen kann. Da kein Konstrukte­ur mehr mit alten Vorlagen und dem berühmten „Copy and Paste“-Verfahren arbeiten muss und das Produktwis­sen im Regelwerk des Konfigurat­ors verankert ist, kann eine Fehlerfrei­heit gewährleis­tet werden, die so für eine optimale Produktion sorgen kann.

Durch die Entlastung der Mitarbeite­r von Routinearb­eitsschrit­ten bleibt mehr Zeit für Innovation­en und die Verbesseru­ng der Produkte. Sobald der erste Konfigurat­or vollständi­g mit seinen drei Stufen ausgerollt ist, macht sich das Projekttea­m an weitere Produkte und Produktgru­ppen, wie z.B. Flanschsys­teme, Abschlusse­lemente um ganze Vakuumkamm­ern zu konfigurie­ren.

 ??  ?? Smart Factory mit Solarpanee­l.
Smart Factory mit Solarpanee­l.
 ?? Alle Bilder: Acatec ?? Arbeitspla­tz bei Vacom.
Alle Bilder: Acatec Arbeitspla­tz bei Vacom.
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Smart Factory mit Transports­ystem.

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