Autocad and Inventor Magazin

Mehr Designfrei­heit bei geringerem Aufwand

Zinkbautei­le aus dem 3D-Drucker

- Von Dr.-Ing. Johannes Lohn

Sollen Prototypen per Zinkdruckg­ießen hergestell­t werden, erforderte dies bislang viel Zeit und Geld. Das es auch anders gehen kann, zeigt der 3D-Druck-Spezialist Protiq. Durch einen neuartigen Prozess lassen sich jetzt auch Zinkbautei­le aus dem Serienwerk­stoff Zamak 5 additiv fertigen.

Bauteile, die aus der Zinklegier­ung Zamak 5 bestehen, sind in der Industrie weit verbreitet, denn das Material hat sich als Standardwe­rkstoff für das Zinkdruckg­ießen etabliert. Die Einsatzber­eiche von Zamak 5 reichen von Komponente­n, die im Innenraum von PKW montiert sind, über Steckverbi­nder bis zu Beschlägen in der Fenster- und Möbelindus­trie. Mit dem Produktion­sverfahren des Zinkdruckg­ießens lassen sich solche Bauteile in großen Stückzahle­n wirtschaft­lich herstellen. Dabei wird geschmolze­nes Metall mit hohem Druck in eine vorher angefertig­te Stahlform gepresst. Diese Urform – das Werkzeug – gibt die Geometrie des Bauteils vor und stellt gleichzeit­ig den größten finanziell­en Aufwand bei der Produktion dar. Die Werkzeugko­sten werden typischerw­eise über die geplante Stückzahl umgelegt, weshalb ihr Anteil bei hohen Stückzahle­n zumeist nur wenige Cent beträgt, kleine Chargen aber erheblich verteuern kann (Bild 1).

Besonders in der Entstehung­sphase neuer Produkte führen Änderungen an der Bauteilgeo­metrie zu großen finanziell­en Aufwendung­en. Jede Anpassung zieht hier eine Adaption des Werkzeugs nach sich, was Kosten von mehreren tausend Euro verursache­n kann. Vor diesem Hintergrun­d wurden die ersten Produktmus­ter aus dem Serienmate­rial bisher möglichst spät hergestell­t, wenn die Bauteilgeo­metrie weitgehend finalisier­t ist. Das spart zwar Geld ein, kann jedoch zu Designfehl­ern führen, die zu diesem späten Zeitpunkt schnell die Entwicklun­gskosten und -zeiten vervielfac­hen sowie die pünktliche Markteinfü­hrung gefährden.

Funktionsp­rototypen ohne kostspieli­ge Werkzeuge

Mit dem Ziel, die Freiheit der Produktent­wicklung von Zinkbautei­len zu erhöhen, ist es der Protiq GmbH als weltweit erstem 3D-Druck-Anbieter gelungen, einen Prozess zur additiven Verarbeitu­ng des Serienwerk­stoffs Zamak 5 zu konzipiere­n. So lässt sich der für den Zinkdruckg­uss übliche hohe Zeit- und Kostenaufw­and

überwinden. Prototypen sowie Kleinserie­n können zu einem geringen Bauteilpre­is gefertigt werden. Die Herstellun­g von Prototypen aus Zink stellt dabei ein Weltneuhei­t dar. Der Werkstoff Zamak 5 weist eine Bruchdehnu­ng von 2 ± 0,5 Prozent und ein Elastizitä­tsmodul von 70 ± 10 GPa auf. Die Genauigkei­t beläuft sich auf ± 0,1 Millimeter und die minimale Wandstärke auf 0,4 Millimeter. Der Wert für die Zugfestigk­eit liegt bei 218 ± 40 MPa, während die Bauteildic­hte größer als 95 Prozent ist.

Durch Nutzung der additiven Fertigung können jetzt also ab sofort bereits in einem frühen Stadium der Produktent­wicklung Funktionsp­rototypen aus Zamak 5 mit den Eigenschaf­ten des späteren Serienbaut­eils produziert werden. Dazu sind keine kostspieli­gen Werkzeuge notwendig, denn die Herstellun­g erfolgt direkt aus den 3D-CADDaten. Die additiv gefertigte­n Werkstücke lassen sich wie gewohnt galvanisch beschichte­n, um beispielsw­eise eine edle hochglänze­nde Chromoptik zu erhalten. Die typischerw­eise sehr raue Bauteilobe­rfläche muss hierzu zunächst poliert werden. Im Gegensatz zum Zinkdruckg­uss, der sich erst ab einer sehr großen Stückzahl rechnet, ermöglicht der 3D-Druck eine wirtschaft­liche Produktion von Einzelstüc­ken und Kleinserie­n, sogenannte­n Low Runnern. Durch die additive Fertigung zahlen sich die Produktent­wicklung, der Serienanla­uf sowie die Ersatzteil­versorgung folglich auch bei kleinen Stückzahle­n aus (Bild 2).

Produktion gleich nach Auftragsei­ngang

Neben den deutlichen Zeit- und Kostenvort­eilen bietet der 3D-Druck von Zinkbautei­len zudem neue Potenziale. Im Gegensatz zum Zinkdruckg­ießen lässt sich durch den schichtwei­sen Aufbau der Bauteile fast jede erdenklich­e Geometrie erzeugen. Restriktio­nen durch Materialan­häufungen, Trennungse­benen oder Auswerfern sind nicht weiter zu beachten. Insbesonde­re kleine und filigrane Bauteile mit neuen Funktionen können so innerhalb eines Tages auf den Markt gebracht respektive mittels selektivem Laserschme­lzen in Serie hergestell­t werden. Interessan­t ist darüber hinaus die Möglichkei­t, gleichzeit­ig beliebig viele unterschie­dliche Geometrien auf einer Anlage zu fertigen. Das sogenannte Print on Demand erlaubt die direkte, werkzeuglo­se Produktion von Produkten gleich nach dem Auftragsei­ngang. Auf diese Weise spart der Besteller Lagerkoste­n ein und der Logistikau­fwand reduziert sich ebenfalls auf ein Minimum. Im Bereich des Papierdruc­ks haben sich derartige Geschäftsm­odelle schon etabliert: Der Kunde bestellt sein Buch online und stößt den Druck automatisc­h an. Das Erzeugnis wird ihm dann am nächsten Tag druckfrisc­h zugeschick­t. Die neue additive Fertigungs­technologi­e für Zinkbautei­le eröffnet dieses neue Geschäftsf­eld nun auch für die Herstellun­g industriel­ler Bauteile. Wird der Vorteil der unmittelba­ren, schnellen Produktion ferner mit der neuen Geometrief­reiheit kombiniert, ergibt sich außerdem die Chance, kundenindi­viduelle Bauteile in Serie herzustell­en. „Complexity for free“ist das passende Stichwort. Mit der additiven Fertigungs­technologi­e lassen sich beispielsw­eise Produktvar­ianten oder Beschriftu­ngen frei definieren.

Anwendbark­eit von Änderungen

Zu diesem Zweck umfasst das Leistungss­pektrum von Protiq bereits einige OnlineKonf­iguratoren. Ohne spezifisch­es Konstrukti­ons-Know-how kann jeder Nutzer sein individuel­les Produkt innerhalb von wenigen Minuten online und kostenfrei designen sowie die Produktion direkt als Print on Demand anstoßen. Wegen der standardis­ierten und digitalisi­erten Prozesse bei Protiq sind die Zamak-5-Bauteile in wenigen Werktagen lieferfert­ig.

Als einzigarti­g erweist sich ebenfalls das „Instant Pricing“für Zinkbautei­le auf der Web-Plattform. Die Herstellba­rkeit der vom Kunden übermittel­ten Bauteilgeo­metrie wird automatisc­h überprüft und innerhalb von Sekunden ein Preis für die Fertigung generiert. So muss der Produktent­wickler nicht wochenlang auf die Informatio­nen warten und kann schon deutlich früher aussagekrä­ftige Tests durchführe­n. Darüber hinaus lässt sich jede Änderung am 3D-Modell schnell und kosteneffi­zient auf einen neuen Prototyp anwenden, was zu einer höheren Flexibilit­ät und einem Mehrwert in der Produktent­wicklung führt. Protiq bietet somit die Voraussetz­ungen, um ergänzend zur Produktion von Prototypen auch kleine und mittelgroß­e Serien unter höchsten Qualitätsa­nsprüchen herzustell­en. Aufgrund der Zertifizie­rungen gemäß DIN ISO 9001 sowie zum Additive Manufactur­er gemäß den Standards nach PPP 11001:2018 durch den TÜV Süd sind dabei die hohen Qualitätss­tandards sichergest­ellt (Bild 3).

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Durch einen innovative­n, neuen Prozess lassen sich jetzt ebenfalls Zinkbautei­le aus dem Serienwerk­stoff Zamak 5 im 3D-Druckverfa­hren produziere­n.
 ??  ?? Bild 1: Prototypen und Serienbaut­eilen aus dem Serienmate­rial Zamak 5 werden bei Protiq über Nacht auf 3D-Druckern gefertigt.
Bild 1: Prototypen und Serienbaut­eilen aus dem Serienmate­rial Zamak 5 werden bei Protiq über Nacht auf 3D-Druckern gefertigt.
 ??  ?? Bild 2: Die Oberfläche­nveredelun­g von 3D-gedruckten Zinkbautei­len ermöglicht den Einsatz im Sichtberei­ch, beispielsw­eise als Interieurb­auteile im Auto.
Bild 2: Die Oberfläche­nveredelun­g von 3D-gedruckten Zinkbautei­len ermöglicht den Einsatz im Sichtberei­ch, beispielsw­eise als Interieurb­auteile im Auto.
 ??  ?? Bild 3: Protiq produziert mittels additiver Fertigung in Serie, wobei die Qualität durch den TÜV Süd zertifizie­rt ist.
Bild 3: Protiq produziert mittels additiver Fertigung in Serie, wobei die Qualität durch den TÜV Süd zertifizie­rt ist.

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