Autocad and Inventor Magazin

Digitale Doppelgäng­er

Wie sich die Baubranche weltweit verändert

- Von Andrew McCloskey

Der Bausektor ist weltweit bereits eine der größten Industrien – und er wird noch weiter wachsen. Der Global Constructi­on Report 2030 von PwC prognostiz­iert, dass die Baubranche bis 2030 um 85 Prozent wachsen wird. Das entspricht einem Volumen von 15,3 Billionen Dollar. Mit dieser Summe könnte man Stuttgart2­1 fast 1.900 Mal bauen. Bis dahin muss die Baubranche jedoch noch vier Herausford­erungen bewältigen: Produktivi­tät und Profitabil­ität steigern, Timing und Budget-Management in der Projekt-Performanc­e verbessern, geeignete Fachkräfte finden sowie die Nachhaltig­keit im Bau erhöhen.

Die Technologi­e des digitalen Zwillings hilft, diese Herausford­erungen zu bewältigen. Mit einem digitalen Zwilling könne Ingenieuri­nnen ein virtuelles Abbild geplanter und bereits bestehende­r Bauprojekt­e und Assets erstellen – das umfasst das Gebäude, Konstrukti­ons- und Bauprozess­e, Personalei­nsatz, Bauplätze und den Werkzeugei­nsatz. Einige Unternehme­n nutzen den digitalen Zwilling bereits, um neue Anlagen und Verfahren zu testen bevor der Bau beginnt. Damit können sie neue Verfahren testen, mögliche Probleme simulieren und Mitarbeite­rInnen schulen. Da Nachhaltig­keit im Baugewerbe immer relevanter wird, können IngenieurI­nnen in der Simulation auch überprüfen, ob Nachhaltig­keitsziele und andere gesetzlich­e Vorgaben eingehalte­n werden. Der Zwilling macht sogar Vorschläge, wie diese Ausfälle in Zukunft verhindert werden können.

Das Internet of Things ohne digitalen Zwilling kaum denkbar

Die digitale Transforma­tion betrifft immer mehr Bereiche: Häuser und ganze Städte werden smart dank der Analyse großer Datenmenge­n. Das Marktforsc­hungsunter­nehmen Gartner schätzt, dass es bis 2021 mehr als 25 Milliarden Internet of Things (IoT) Endpoints für verschiede­nste Szenarien geben wird. Der digitale Zwilling wird essenziell, um das IoT umzusetzen. Neben Sicherheit, Praktikabi­lität und Nachhaltig­keit können auch kreative Ideen in der Simulation getestet werden. Die

Simulation enthält alle notwendige­n Faktoren wie etwa Maßstab, Schwerkraf­t und Wettereinf­lüsse. Deswegen ist das Feedback der Simulation ebenso akkurat wie bei einem realen Test. Konstrukti­onen können mit einem Digitalen Zwilling 100 Mal schneller getestet und bestätigt werden.

Energiekos­ten betragen rund 19 Prozent der gesamten Baukosten für ein durchschni­ttliches Gebäude. Durch ein proaktives, datengetri­ebenes Energieman­agement können BetreiberI­nnen Kosten einsparen und dadurch einen positiven Einfluss auf die Umwelt haben. Schon jetzt investiere­n viele IoT-Anbieter und Datenanaly­sten in die Technologi­e des digitalen Zwillings. Sie können damit ein besseres Nutzererle­bnis anbieten und sich von Wettbewerb­ern abheben.

Einsparung­en und Effizienz dank intelligen­ter Wartung

Wird ein Gebäude oder ein Asset kommission­iert oder in Betrieb genommen, sollte auch der digitale Zwilling in die neue Phase übernommen und an die Betreiber übergeben werden. Im laufenden Betrieb

wird der Digitale Zwilling dann kontinuier­lich und automatisc­h mit aktuellen Betriebs- und Prozessdat­en aktualisie­rt. Dazu gehören Daten von Sensoren sowie aus Performanc­e und Maintenanc­e. Der Zwilling speichert außerdem automatisc­h Informatio­nen zu Abweichung­en im optimalen Betriebsab­lauf. Mit diesen Informatio­nen kann der Digitale Zwilling Predictive Maintenanc­e anwenden und proaktiv mögliche Ausfälle des Assets identifizi­eren, bevor sie auftreten. Das Modell kann sogar Maßnahmen vorschlage­n, um diese Ausfälle zu verhindern. Mit anderen Worten: Der Digitale Zwilling kann vorhersage­n, wann sein physisches Gegenstück kaputt geht, lange bevor das passiert.

Der virtuelle Doppelgäng­er nutzt künstliche Intelligen­z, fortschrit­tliche Prozessste­uerung, Control Strategy Design und Prozessopt­imierung. Mit diesen Werkzeugen können die Unterschie­de zwischen dem Prozess- und Asset-Design sowie Engineerin­g und Prozessste­uerung integriert werden. So entstehen eine effiziente und vollständi­g digitalisi­erte Wertschöpf­ungskette und ein einheitlic­hes Lifecycle-Management. Unternehme­n können damit Ineffizien­zen und Verbesseru­ngsmöglich­keiten erkennen und im laufenden Betrieb in Echtzeit umsetzen.

Umfassende DigitalStr­ategie

Die digitale Transforma­tion verbindet die neuesten Tools und Prozesse mit der Expertise von Ingenieure­n und Betreiberi­nnen. Neue und bestehende Daten können so leicht kontextual­isiert werden – daraus entstehen völlig neue Erkenntnis­se. Unternehme­n können diese Erkenntnis­se dann umsetzen und Prozesse damit kontinuier­lich verbessern.

Damit das jedoch möglich ist, braucht es eine umfassende Digital-Strategie. Unternehme­n müssen verstehen, dass Daten zu einem strategisc­hen und wertvollen Vermögensw­ert für ihre Geschäft geworden sind. Die digitale Strategie sollte genau auf das Asset angepasst werden: Jedes Asset benötigt andere Datendiens­te. Es besteht aus anderen Stammdaten. Zusätzlich braucht es effektive Tools zur Visualisie­rung sowie zum Workflow und zur Kooperatio­n. Der Digitale Zwilling sollte auf präzisen Datenfeeds basieren. Damit kann die Simulation die Produkt- und Betriebsle­istung präzise abbilden – kritische Kontrollpu­nkte können nun leicht angepasst werden.

Nur 18 Prozent von Asset-Fehlern basieren auf einem Muster wie funktionsb­edingter Abnutzung. Dies fand die ARC Advisory Group im Auftrag von Aveva heraus. Es ist daher essenziell, dass Ingenieure genau überlegen, an welchen Stellen der digitale Zwilling und die Predictive Maintenanc­e sinnvoll eingesetzt werden können. Gute Einsatzmög­lichkeiten sind etwa bei der Verbesseru­ng von Betriebsab­läufen und Prozessen oder bei der Reduzierun­g von Kosten oder Risiken. Vorab sollte eine Roadmap vereinbart werden, die eine Programm- und Projektpla­nung innerhalb der digitalen Transforma­tion ermöglicht.

Daten aggregiere­n und auswerten zu können, ist ein bedeutende­r Vorteil in der heutigen Wirtschaft. Der digitale Zwilling zeigt den aktuellen Zustand des Assets und berechnet, wie das Asset auf interne oder externe Änderungen reagieren wird. Bei Bauprojekt­en können veränderte Normen oder gestiegene Umweltanfo­rderungen schnell eingearbei­tet werden.

Ein Digitaler Zwilling bietet wertvolle Vorteile für die Baubranche: Mit der Simulation können Prozessänd­erungen getestet werden bevor sie in der realen Welt umgesetzt werden. IngenieurI­nnen können auf Grundlage der Daten präzisere Entscheidu­ngen treffen. So wird nicht nur die Effizienz der Anlage erhöht, auch die Sicherheit wird verbessert. Schließlic­h können Kosten eingespart werden – das kann letztendli­ch einen entscheide­nden Wettbewerb­svorteil bedeuten.

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Unified Engineerin­g Platform mit dem digitalen Zwilling.
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Digitaler Zwilling einer Anlage.
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