Mehraufwand in BIM-Prozessen vermeiden
Die Digitalisierung der Baubranche gewinnt an Fahrt, aber die Anwender sind noch skeptisch. Gleichzeitig steigen die Ansprüche der Kunden. Die TGA-Software muss diesen Spagat bewältigen. Manfred Waluga, Inhaber und Geschäftsführer der liNear GmbH, erklärt
AUTOCAD & Inventor Magazin (ACM): Was ist die Mission Ihres Unternehmens und worin liegt der Hauptnutzen für Ihre Kunden?
Manfred Waluga: Mir ist es wichtig, die Mission von liNear deutlich zu machen: Die Zukunft der Baubranche liegt ohne Zweifel in der Digitalisierung. Trotzdem schrecken viele Planer noch vor der Komplexität der BIM-Thematik zurück, fühlen sich überfordert und warten lieber erstmal ab.
Dabei ist der Weg zur Digitalisierung der Baubranche für die einzelnen Beteiligten überschaubarer, als man es nach dem Studium der stetig anwachsenden Fachliteratur vermuten würde. Die deutlich breitere Kollaboration mit anderen Planern und Gewerken ist das, was jetzt dazu kommt und Veränderungen braucht. Aber die eigentliche Arbeit eines MEP-Ingenieurs wird deshalb nicht anders.
Wir sehen unsere Mission darin, den Kunden zu helfen, die für sie wichtigen Aspekte der Planung komplett abzudecken und zugleich sinnvoll an BIM-Prozessen zu partizipieren. Dabei entkoppeln wir sie von allem theoretischen Overhead und IT-spezifischen Details der Datenaustauschformate.
Welcher Anwender hat sich schon jemals dafür interessiert, welche Datenstrukturen hinter seiner Textverarbeitung stecken? Eigentlich will er nicht mehr, als Texte verfassen, formatieren und am Ende ausgeben.
Genauso verhält es sich hier: Wir geben unseren Kunden Werkzeuge an die Hand, um die geforderten Ergebnisse möglichst komfortabel liefern zu können. Wir sorgen dafür, dass die Teilnahme an einem BIMProzess nicht unnötigen Mehraufwand generiert, weil die Daten schon optimal strukturiert sind, um sehr einfach mit anderen Prozessbeteiligten zu kollaborieren. So nehmen wir Berührungsängste und schaffen Akzeptanz für die veränderte Arbeitsweise.
ACM: Welche Herausforderungen sehen Sie im Bereich Building Information Modeling? Könnten Sie bitte etwas Licht auf die einzigartigen Dienstleistungen und Lösungen Ihres Unternehmens werfen, um die Herausforderungen des Marktes zu bewältigen?
Manfred Waluga: Die Arbeitswelt unserer Kunden wird immer anspruchsvoller, gerade auch vor dem Hintergrund der globalen Anstrengungen, Rohstoffe und Energie einzusparen. Das heißt, die Planung von Anlagen muss eine deutlich höhere Qualität aufweisen. Gleichzeitig werden Planungszeiträume immer kürzer. Wir liefern in einer einzigen Arbeitsumgebung alles, was für den kompletten Planungsprozess wichtig ist: von der Konzeptionierung bis hin zum As-built-Modell inklusive aller spezifischen und normgerechten Berechnungen. LiNear Solutions erfüllen diese hohen Anforderungen, und das in sieben Sprachen und mit Unterstützung relevanter landesspezifischer Normen.
ACM: In einem Auszug aus Ihrer Website heißt es: ‚Ihr Workflow wird durch die direkte Integration in CAD ohne Schnittstellen optimal unterstützt. Konstruieren Sie im Detail mit minimalem Aufwand. Mit den mitgelieferten Herstellerbibliotheken sind Ihre detaillierten Zeichnungen auf Knopfdruck genau und es können bestellfertige Materiallisten erstellt werden‘. Erläutern Sie dies bitte.
Manfred Waluga: Schnittstellen zwischen verschiedenen Anwendungen bringen immer unnötige Reibungsverluste mit sich, sowohl bei der Datenqualität als auch bei der Funktionalität.
Bei thermischen Lastberechnungen ist zum Beispiel das gbXML-Format für uns unbrauchbar, da die Anforderungen in den zugrundeliegenden Berechnungsnormen Daten erfordern, die wir nur via API und eigenen Gebäudeerkennungs
Algorithmen korrekt extrahieren können. Das gilt genauso für den Bereich performanter hydraulischer Berechnungen.Für uns ist das Gebäudemodell immer die Grundlage und damit auch die ‚Single Source of Truth‘. Darüber sind wir zu der Erkenntnis gelangt, dass es der zuverlässigste Weg ist, wenn wir uns alle Informationen direkt aus dem jeweiligen Modell holen und später auch dort wieder ablegen.
Wichtige Schnittstellen zur Kollaboration und auch zur langfristigen, herstellerunabhängigen Archivierung sind natürlich IFC und BCF. Hier investieren wir kontinuierlich viel Entwicklungsarbeit, um sowohl Import als auch Export im Workflow unserer Kunden perfekt einzubetten.
Die enge Zusammenarbeit mit der Industrie ergibt unterschiedliche Vorteile für unsere Kunden. Generische Planung ist bis zu einem bestimmten Punkt der richtige Weg, um schnell überschlägige Entscheidungsgrundlagen zu liefern. Um aber später realitätsnahe Berechnungsergebnisse zu ermöglichen, sind korrekte Ausgangsparameter unerlässlich. Deshalb haben wir als Unternehmen schon vor fast 30 Jahren angefangen, neben CADBibliotheken auch separate Datensätze für reale Produkte wie Heizkörper, Thermostatventile, Luftauslässe, Rohrsysteme zu erstellen. Dies erspart dem Anwender, Daten aus Produktdatenblättern einzugeben, und erlaubt es unserer Software zudem, automatisiert z.B. die richtigen Varianten einer gewählten Modellreihe zu selektieren.
Unser CAD-Browser bietet neben einer Fülle von 3D-Produkten für Revit und AutoCAD von aktuell mehr als 70 liNearPartnern aus der Industrie auch zusätzliche Funktionalität für Produktauswahl und Konfiguration wie auch Stücklisten mit Herstellern und Artikelnummern, die ein idealer Input für Ausschreibungsprogramme sind. Von anderen CAD-Bibliotheken unterscheidet uns vor allem die Qualität und Vollständigkeit der Daten, die wir zusammen mit unseren Industriepartnern regelmäßig aktualisieren, überprüfen und schließlich für alle Anwender kostenfrei zur Verfügung stellen.
ACM: Es gibt eine Reihe von Unternehmen, die um die Spitzenposition kämpfen. Was sind die Unterscheidungsmerkmale, die liNear einen Wettbewerbsvorteil verschaffen sollen?
Manfred Waluga: Ich denke, neben den oben bereits erwähnten Dingen ist es vor allem der Lösungsansatz, der uns vom Wettbewerb unterscheidet. Es gibt eine Vielzahl von Tools auf dem Markt, die dem Planer die Arbeit erleichtern sollen. Dabei verfolgen viele aber keinen ganzheitlichen Ansatz. Wir geben unseren Kunden keine kleinteiligen Tools an die Hand, sondern verstehen uns als Lösungsanbieter. Dabei orientieren wir uns am optimalen Workflow für eine Planung eingebettet in BIM-Prozesse und bilden diesen mit unseren Werkzeugen ab. Darüber hinaus erwarten unsere Anwender (auf inzwischen mehr als 28.000 Arbeitsplätzen), dass Marktneuheiten wie zum Beispiel Wohnungsstationen, Systeme für Wohnungslüftung oder auch neue Regelarmaturen mit unserer Software auch auszulegen sind.
Dieser Anspruch erfordert neben sehr viel Detail-Know-how vor allem auch regelmäßige Weiterentwicklungen. Wir sind ein unabhängiges, inhabergeführtes Software-Unternehmen mit eigener Produktentwicklung, qualifizierten Vertriebsingenieuren und Support- und Schulungsabteilungen. Das bedeutet, wir können alle Faktoren unseres Leistungsangebotes selbst steuern. Und das ist sicher auch ein Grund, warum uns viele Kunden gerade vor dem Hintergrund der anstehenden Veränderungen zutrauen, der richtige Partner für sie zu sein.
ACM: Teilen Sie uns ein oder zwei Fallstudien mit, in denen Ihr Unternehmen Kunden dabei geholfen hat, ihre Herausforderungen zu meistern.
Manfred Waluga: Die Lösungen von liNear sind seit 30 Jahren am Markt und kamen schon in unzähligen Projekten zum Einsatz. Darunter waren auch prestigeträchtige Vorhaben, wie beispielsweise die Formel 1-Strecke in Abu Dhabi, das Tropical Island in Berlin oder in diesem Jahr in Deutschlands höchstem Wohngebäude, dem Grand Tower in Frankfurt, bei dem eine dezentrale Wärme- und Kälteverteilung mit über 300 km Fußbodenheizung und 400 Wohnungsstationen realisiert wurde. Spannend ist sicherlich auch das aktuelle Projekt aus Russland von unserem Kunden VNII Galurgii, der die interne Planungsabteilung des größten Kaliproduzenten Russlands PJSC Uralkali ist. Bereits vor Jahren wurde hier begonnen, BIM-konform zu planen. 2019 begann das Unternehmen, alle Bestandsbauten inklusive bestehender Heizsystem in digitale Modelle zu überführen. Dies bildete die Grundlage für die Ausarbeitung von Optimierungsmaßnahmen zur Effizienzsteigerung. Bei der Realisierung des Projektes entschied man sich für den Einsatz der liNear-Software, da diese nahtlos in die bereits eingesetzte Plattform Autodesk Revit integriert ist und zudem eine Zertifizierung für die Einhaltung russischer Standards vorliegt. Aktuell ist das Unternehmen dabei, die gesamten Liegenschaften zu digitalisieren und die technischen Systeme mithilfe von liNear zu optimieren.
ACM: Herr Waluga, vielen Dank für das Gespräch. ( anm) ■