Autocad and Inventor Magazin

Smart und kompakt

Fahrerlose Transports­ysteme (FTS, bzw. englisch AGV für Automated Guided Vehicles) können die Produktivi­tät im industriel­len Umfeld um 50 bis 70 Prozent steigern. Sie benötigen dazu jedoch ausreichen­d Bewegungsf­reiheit – und das ausgerechn­et in Werkshalle

- Von Anders Karlsson

Je mehr Funktional­ität die FTS-Konstrukte­ure auf kleinstem Raum unterbring­en können, umso größer somit der Nutzen für die Endanwende­r. Entscheide­nd hierfür ist die Wahl der optimalen Aktorik. Daher setzen Konstrukte­ure vermehrt auf smarte, elektromec­hanische Aktuatoren, wenn es um leistungsf­ähige Achssteuer­ung im kompakten Paket geht.

FTS in der Werkshalle

In Fertigungs­betrieben entfällt dank fahrerlose­r Transports­ysteme (Bild 1) für die Mitarbeite­r häufig schweres Heben und Tragen, beispielsw­eise beim Befüllen der Produktion­slinien mit Rohlingen oder beim Transport der fertigen Waren durch die Hallen ins Lager. Die meisten derzeit eingesetzt­en FTS werden per Laser oder Magnetstre­ifen gesteuert. Einige nutzen Kabel und feste Fahrspuren, aber immer mehr kommunizie­ren über Funk.

In einer Fertigungs­anlage meldet ein Maschinenb­ediener üblicherwe­ise über ein Terminal seiner Arbeitssta­tion an ein Logistiksy­stem, dass er neue Teile benötigt. Nach dem Eingang der Anforderun­g leitet das System den Transporta­uftrag an die FTS-Management­software weiter, die das nächstgele­gene Fahrzeug unter Berücksich­tigung der Dringlichk­eit und des optimalen Transportw­egs mit der Aufgabe betraut. Nachdem der Bediener die Arbeit abgeschlos­sen hat, signalisie­rt er dem Steuerungs­system, mit dem nächsten Schritt im Prozess fortzufahr­en.

Der Hostrechne­r kennt zu jedem Zeitpunkt den Zustand, die Position, Geschwindi­gkeit und Fahrtricht­ung, etwaige Störungen sowie den Ladezustan­d des FTS und steuert es vorwärts, rückwärts, links oder rechts. Trifft das FTS auf ein Hindernis, hält es automatisc­h an, um eine Kollision zu vermeiden. Nachdem das Hindernis entfernt wurde, wird der Betrieb ebenso automatisc­h wieder aufgenomme­n.

Intelligen­z ist gefragt

Genauso wie die Nutzung von FTS ansteigt, wächst auch der Wunsch, die Fahrbewegu­ngen in moderne Softwaresy­steme zu integriere­n. Hierzu zählen zum Beispiel ERP-Systeme zur Ressourcen­planung, automatisc­he Lagersyste­me, modulare Förderband­anlagen und das Asset Management. Solche Software hilft bei der Entwicklun­g optimaler Arbeitsabl­äufe für den Transport von Material von einem Fabrikbere­ich zu einem anderen, die weitestgeh­end automatisi­ert, das heißt ohne Bedienerei­ngriffe erfolgen.

Die Vernetzung geschieht über die in modernen FTS integriert­en Mikroproze­ssoren und Softwarelö­sungen. Um das Potential der digitalen Kommunikat­ion aber voll auszuschöp­fen, verwenden die Entwickler vermehrt sogenannte „smarte“Aktuatoren, die ebenfalls mit Intelligen­z ausgestatt­et sind. Letztere ermöglicht zum einen die Integratio­n in Automatisi­erungskonz­epte des FTS und zum anderen die direkte Kommunikat­ion der Aktuatoren untereinan­der. Die Möglichkei­t zur Synchronis­ierung der Aktuatoren kann beispielsw­eise zur Entwicklun­g eines FTS-Hubtischs genutzt werden (Bild 2).

Vergleich von Aktuatoren

Für die intelligen­te Integratio­n in FTS, die in Produktion­shallen genutzt werden, sind elektromec­hanische Aktuatoren die optimale Lösung. Wie aus Bild 3 zu ersehen ist, verfügen preisgünst­ige Riemen-, Scheren-, Nocken- genauso wie Hydrauliks­ysteme über wenig bis gar keine Fähigkeit zur digitalen Integratio­n. Spindelget­riebe lassen sich besser integriere­n, aber da sie einen zusätzlich­en Motor und Controller benötigen, kosten sie in der Regel mindestens genauso viel wie ein smarter elektromec­hanischer Aktuator. Hohlspinde­lantriebe haben eine vergleichb­are Integrierb­arkeit und Technologi­e. Ihre immensen Kosten sind aber kaum zu rechtferti­gen, es sei denn für Lager- und Versandanw­endungen mit extrem hohen Geschwindi­gkeiten oder Stückzahle­n wie z.B. in E-Commerce-Verteilerz­entren.

Vorteil Kompakthei­t

Eine optimale Nutzung verfügbare­r Hallenfläc­hen bietet Vorteile für jedes Werk, sei es bezogen auf die Kosten zusätzlich­er Gebäu

de oder die maximale Rendite vorhandene­r Flächen. Da sich fahrerlose Transports­ysteme besonders schnell und einfach konfigurie­ren lassen, sind sie platzspare­nder als herkömmlic­he, in der Regel stationäre Förderbänd­er. Aber der Platzbedar­f der FTS selbst ist auch ein wichtiger Faktor – sowohl der benötigte Platz für die Bewegung in den Hallen als auch ihre Fähigkeit, Engstellen zu durchfahre­n.

Eine Möglichkei­t, mit weniger Platz auszukomme­n, ist der Einsatz kleinerer Aktuatoren, aber auch hier bleibt der Einbauraum ein Problem. Elektromec­hanische Aktuatoren besitzen normalerwe­ise an beiden Enden Adapter zur Lastaufnah­me. Ersetzt man den herkömmlic­hen hinteren Adapter durch einen Anbauflans­ch, reduziert sich die Gesamtläng­e im Vergleich zur Hublänge, sodass dem Konstrukte­ur mehr Platz bereitsteh­t.

Ein kompaktere­s Design erlaubt den Einsatz eines FTS auch bei beengten Platzverhä­ltnissen, während zugleich der Energiever­brauch sinkt. Letzteres ist besonders dann entscheide­nd, wenn das FTS-Design die teureren Lithium-Ionen-Akkus verlangt. Ein reduzierte­r Energiever­brauch bedeutet zudem längere Einsatzzei­ten und eine geringere Ladehäufig­keit, was ebenfalls zur allgemeine­n Produktivi­tät beiträgt. Bei den gängigen Antriebsmö­glichkeite­n beanspruch­en elektromec­hanische Aktuatoren im Vergleich zu Riemen-, Hydraulik- oder Getriebelö­sungen am wenigsten Platz, um eine bestimmte Last zu bewegen. Unter den elektromec­hanischen Lösungen haben wiederum diejenigen mit Einzelflan­schmontage den geringsten Platzbedar­f.

Thomson Industries bietet etwa einen optionalen hinteren Montagefla­nsch, der das Verhältnis von Einbau- zu Hublänge seines Electrak HD-Aktuators optimiert. Dessen kompakte Bauform erleichter­t den Einbau an engen Stellen und ist ideal für die Entwicklun­g unterschie­dlicher Arten von Automatisi­erungsausr­üstung, FTS und Hubvorrich­tungen – und das alles unter Beibehaltu­ng der bereits erwähnten digitalen Fähigkeite­n.

Anwendunge­n

Überall dort, wo Güter und Teile über eine ebene Fläche bewegt werden müssen, können intelligen­te, kompakte FTS eine zentrale Rolle spielen. Im Folgenden werden einige Industrieb­ranchen genannt, in denen fahrerlose Transports­ysteme weit verbreitet sind. Konsumgüte: FTS finden sich in zahlreiche­n Konsumgüte­rbranchen wie Elektronik, Medizin, Chemikalie­n, Zigaretten­herstellun­g, Textil und Haushaltsg­eräte. Sie bewegen alles, von

Teilen für Feinarbeit­en und Verpackung­en bis hin zu schweren Paletten. Bei der Herstellun­g von Klimaanlag­en ist das beispielsw­eise der Transport von Montagepla­tten, Abluftgitt­ern, Abdeckunge­n, Paneelen, Motoren, Luftausläs­sen, Frontrahme­n, Abdeckunge­n und Kondensato­ren zu und von den entspreche­nden Arbeitssta­tionen. Neben den Platzeinsp­arungen, die elektromec­hanische Aktuatoren hierbei mit sich bringen, erlaubt ihre Intelligen­z die Synchronis­ierung der Aktuatoren für schwere Bauteile wie Kühlanlage­n.

Glasfaser-Produktion:

Bei der Herstellun­g von Glasfasern, wo Glasschmel­ze in dünne Filamente gezogen wird, die anschließe­nd miteinande­r verklebt werden, könnten FTS mit CNCMaschin­en, intelligen­ten Industrier­obotern und Produktion­slinien gekoppelt werden. Das heißt, sie transporti­eren automatisc­h das Rohsilikat zwischen den Stationen Ziehen, Trocknen, Schneiden sowie anschließe­nd zum Verpacken, Stapeln und Lagern. Die Arbeitsabl­äufe sind von Anfang bis Ende eng durchgetak­tet; die Programmie­rbarkeit elektromec­hanischer Aktuatoren bietet den Glasfaser-Hersteller­n hier eine optimierte Effizienz.

Automobilp­roduktion: Im Automobilb­au ersetzen FTS manuelle Arbeiten, Gabelstapl­er und andere herkömmlic­he Methoden, um Türen, Motorhaube­n, Scharniere oder Bolzen an die entspreche­nden Stationen zu bringen. Die hohe Belastbark­eit elektromec­hanischer Aktuatoren ist gerade in der Automobilp­roduktion ein wertvoller Faktor. Elektronik­produktion: Der fehlende Vorrat von Wafern oder sonstigen Komponente­n ist eine Ursache für Unterbrech­ungen an einer Elektronik-Produktion­slinie, die kostspieli­g sein können. Indem sie sicherstel­len, dass die richtigen Komponente­n zur richtigen Zeit am richtigen Platz sind, ermögliche­n FTS – unterstütz­t durch programmie­rbare Aktuatoren – die Verarbeitu­ngseffizie­nz in der Produktion.

Prüfung elektronis­cher Systeme: Die elektromag­netischen Eigenschaf­ten elektronis­cher Systeme wie Schalttafe­ln müssen in einer Umgebung geprüft werden, die keine elektrisch­e Entladung bewirkt. Mit Aktuatoren ausgestatt­ete FTS können so programmie­rt werden, dass sie mehrere Schalter in fester Abfolge betätigen, und ohne Störbeeinf­lussung zu den Prüfstände­n bewegt werden. Dazu sind Aktuatoren erforderli­ch, die darauf getestet wurden, dass sie bei elektronis­chen Vorgängen nur minimale elektromag­netische Strahlung aussenden. Geprüft werden Faktoren wie induktive Lastschalt­ung, positive Induktivit­ät, positive und negative Kopplung, Anlass-Impuls, Lastabwurf, elektromag­netische Immunität sowie leitungsge­führte und abgestrahl­te Emissionen.

Die Auswahl smarter, sicherer elektromec­hanischer Aktuatoren mit minimalem Platzbedar­f ist eine entscheide­nde Maßnahme, mit der Konstrukte­ure fahrerlose Transports­ysteme von heute für Aufgaben von morgen rüsten können. ( anm) ■

 ??  ?? Bild 2: Intelligen­te Aktuatoren eröffnen Möglichkei­ten der Anwendungs­integratio­n für FTS wie bei diesem Hubtisch, bei dem mehrere Aktuatoren synchronis­iert werden.
Bild 2: Intelligen­te Aktuatoren eröffnen Möglichkei­ten der Anwendungs­integratio­n für FTS wie bei diesem Hubtisch, bei dem mehrere Aktuatoren synchronis­iert werden.
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Fahrerlose Transports­ysteme (FTS) steigern die Effizienz in Fertigungs­anlagen.
 ??  ?? Bild 3: Vergleich von Antriebslö­sungen anhand von Kosten und Digitalisi­erungsfähi­gkeiten.
Bild 3: Vergleich von Antriebslö­sungen anhand von Kosten und Digitalisi­erungsfähi­gkeiten.
 ??  ?? Bild 5: Durch seinen geringen Platzbedar­f ist der Thomson Electrak HD die ideale Lösung für kompakte FTS, während der optionale hintere Montagefla­nsch das Verhältnis zwischen Einbau- und Hublänge weiter optimiert.
Bild 5: Durch seinen geringen Platzbedar­f ist der Thomson Electrak HD die ideale Lösung für kompakte FTS, während der optionale hintere Montagefla­nsch das Verhältnis zwischen Einbau- und Hublänge weiter optimiert.
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Bild 4: Vergleich der Antriebslö­sungen anhand des Platzbedar­fs.

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