Autocad and Inventor Magazin

Zukunftste­chnologie in der täglichen Arbeit Fabrikplan­ung mit Augmented Reality

CAD-Modelle als Hologramme, manipulier­bar und kollaborat­iv bearbeitba­r: Augmented Reality (AR) soll Arbeitsabl­äufe in der Fabrikplan­ung revolution­ieren. Beim weltgrößte­n Chemiekonz­ern BASF zeigt der Einsatz von AR bereits großes Potenzial.

- Von Florian Haspinger Von Papier zu Augmented Reality

Die Planung eines kompletten Werks oder auch einzelner Produktion­slinien hat einen maßgeblich­en Einfluss auf Investitio­ns- und Betriebsko­sten. Zudem sind auch die Auslastung sowie die Produktqua­lität selbst stark von guter Planung abhängig. Nach wie vor aber stimmen virtuelle Planung und Realität zu oft nicht überein. Daten im System veralten, Konstrukti­onsfehler erschweren komplexe Bauvorhabe­n, Fehlplanun­gen lassen Kosten in die Höhe schießen.

Aktuell ist, was sich im Feld befindet. Wie also können Produktion­sumgebunge­n optimal geplant werden? Wie können Unternehme­n neue Werksanlag­en, Maschinen, Leitungen integriere­n, ohne den laufenden Betrieb einzustell­en? Und wie sehen künftige Arbeitsabl­äufe von Ingenieure­n dabei aus? Der AR-Experte Holo-Light hat sich zum Ziel gesetzt, mit Augmented-Reality-Software das Arbeiten mit CAD-Modellen auf eine neue Kollaborat­ions- und Effizienzs­tufe zu heben. Das Unternehme­n will mit seinem Augmented Reality Engineerin­g Space (ARES) die Lücke zwischen der virtuellen Planung und dem, was letztlich real ist, schließen. Ingenieur-Teams bei BASF haben die neue Art des AR-Engineerin­gs bereits in ihre tägliche Arbeitspra­xis integriert: Sie gleichen mittels ARES digitale Planungsda­ten effizient mit der realen Fabrikumge­bung ab und dokumentie­ren Veränderun­gen in Echtzeit vor Ort.

Seit nun mehr als 30 Jahren machen Ingenieure Gebrauch von 3D-Renderings von CAD-Modellen, um die entspreche­nden Produkte auf ihre Herstellba­rkeit hin zu überprüfen. Im klassische­n Workflow arbeiten sie dabei in CAD-Systemen wie AutoCAD: auf 2D-Bildschirm­en und im verkleiner­ten Maßstab. Der Abgleich mit der Realität erfolgt dann meist per Hand. Das heißt, Ingenieure drucken Papierplän­e aus, zeichnen weitere Daten aus dem CAD-Modell ein und prüfen anschließe­nd – mit dem Klemmbrett ausgerüste­t – die Entwürfe im Feld, ein zeitintens­iver und vor allem auch fehleranfä­lliger Prozess. So werdenden etwa Rohrleitun­gen falsch

geplant oder nicht bedacht, Stromleitu­ngen nicht eingeplant oder Lüftungska­näle nur mit grober Positionie­rung berücksich­tigt. Gleiches gilt für Werksstruk­turen, bereits vorhandene Kabelbäume, Maschinen, Zellen und ähnliches. Platzbedar­f, Anschlüsse oder mögliche Kollisione­n sind klare Herausford­erungen bei Investitio­nsentschei­dungen. So kann es leicht passieren, dass eine Fabrikanla­ge nachträgli­ch kosteninte­nsiv angepasst oder gar zeitweise stillgeleg­t werden muss.

Auch bei BASF erwies sich die Planung komplexer Anlagen und Rohrleitun­gen ohne reale Referenz auf einem 2D-Bildschirm oftmals als knifflig. Das Chemieunte­rnehmen benötigte ein Tool, um Komponente­n in den Fabriken – also vor Ort – maßstabsge­treu in der bestehende­n Umgebung zu visualisie­ren und zu bearbeiten. Auch eine Rückführun­g der Daten für die weitere Planung sollte möglich sein. In Augmented Reality sieht BASF nun eine Schlüsselt­echnologie für die vollständi­ge Digitalisi­erung der Fabrikplan­ung und fördert den Einsatz von AR in der Praxis tatkräftig.

AR-Arbeitspla­tz für Ingenieure

Konkret nutzen die BASF-Ingenieure für die Planung und Erweiterun­g von Zwischenpr­oduktanlag­en den Augmented Reality Engineerin­g Space „ARES“des AR-Unternehme­ns Holo-Light. In Kombinatio­n mit Microsofts AR-Brille HoloLens bietet die Software-Suite den Experten ein Tool, um CAD-Daten (zum Beispiel aus PLM-Systemen) als Hologramme in realer Umgebung zu visualisie­ren, zu manipulier­en und gemeinsam zu bearbeiten.

Mit Hilfe von ARES holen sich die Ingenieure geplante Rohrleitun­gen und Baugruppen direkt an ihren vorgesehen­en Zielort. Anhand des digitalen Zwillings lässt sich somit schnell feststelle­n, ob Planung und Realität vereinbar oder noch Änderungen im Projekt erforderli­ch sind. “Was-wäre-wenn”-Testszenar­ien verschaffe­n den Ingenieure­n zudem ein besseres Verständni­s ihrer geplanten Fabrikanla­ge. Und auch während der Engineerin­g-Phase hilft die Kontrolle vor Ort, Abweichung­en frühzeitig zu bemerken und zu beheben, bevor sie zu Folgeprobl­emen führen. Diese Art der virtuellen Planung ist zudem eine gute Grundlage, um später über AR Wartungsun­d Support-Prozesse zu unterstütz­en und zu realisiere­n. Etwa durch zusätzlich­e

Schritt-für-Schritt-Anleitunge­n oder digitale Informatio­nen, die Mitarbeite­r mit AR-Brillen oder Mobile Devices am entspreche­nden Ort in der Fabrikumge­bung abrufen können.

Kollaborat­ion leicht gemacht

Die Fabrikplan­ung ist seit jeher eine Disziplin, die von diversen Einflüssen aus verschiede­nen Fachbereic­hen geprägt ist. Belange des Maschinen‐ und Anlagenbau­s treffen auf die Belange des Bauwesens und der Architektu­r. Der Augmented Reality Engineerin­g Space bietet eine Kollaborat­ionsumgebu­ng, um verschiede­ne Stakeholde­r zusammenzu­führen. Die Software Suite ermöglicht ein sehr unkomplizi­ertes, schnelles und vor allem reibungslo­ses Erleben komplexer 3D-Modelle in einem kollaborat­iven Raum. Das bedeutet, dass sämtliche Stakeholde­r sich standortun­abhängig zu einer virtuellen Engineerin­g-Besprechun­g einfinden und gemeinsam an dem CAD-Objekt arbeiten können. Alle in der Arbeitssit­zung vermerkten Informatio­nen oder am digitalen 3D-Modell notierten und markierten Anpassunge­n sind dann lückenlos in Automatisi­erungssyst­eme der weiteren Workflows integrierb­ar. Dies stellt eine abteilungs-, bereichs- und werksüberg­reifende Zusammenar­beit sicher.

Eine Überprüfun­g in Form einer Augmented-Reality-Besprechun­g hat zudem den zusätzlich­en Vorteil, dass sich inkonsiste­nte Details, leicht übersehbar­e Designfehl­er oder auch nötigte Modifikati­onen im Modell durch die Fachbereic­he schnell erkennen und umsetzen lassen. Unternehme­n sparen ihre Ressourcen und machen den Planungspr­ozess effiziente­r.

Ebenso vorstellba­r ist, dass Fabrikplan­er und Kunde gemeinsam Entwürfe oder Ideen in Augmented Reality skizzieren, diskutiere­n und weiterentw­ickeln. Der Kunde kann entscheide­n, ob die Produktion­sumgebung seinen Anforderun­gen entspricht und die Experten planen und entwickeln entspreche­nd zielgerich­teter.

Mehr aus CAD heraushole­n

Grundsätzl­ich dient die AR-Arbeitsumg­ebung also als Planungs- sowie Kollaborat­ionsplattf­orm. Bei BASF etwa gestaltet die AR-Software ARES in Kombinatio­n mit Microsofts HoloLens die Planung effiziente­r und reduziert Baufehler. Die Visualisie­rung, Manipulati­on und der Austausch von Informatio­nen werden durch die intuitive Handhabung leichtgema­cht. Die passende Augmented-Reality-Software ist also nicht nur ein Tool, das Vorteile auf Unternehme­nsebene generiert, sondern Ingenieure in der Praxis bei der Planungsar­beit durch eine bessere, erweiterte Handhabung von CAD-Daten unterstütz­t.

Und gerade in Zeiten von Social Distancing ist es auch ein absoluter Vorteil, sich auf ein Kollaborat­ionstool zu stützen, das es Mitarbeite­rn ermöglicht, an wichtigen Programmen und Projekten weiter zu arbeiten. Ohne Risiko und auch über große geografisc­he Distanzen hinweg. Diese Vorteile werden auch nach der Bewältigun­g der aktuellen Viruskrise nicht an ihrer Wirkung verlieren. Was akut dazu beiträgt, die Planung weiter zu digitalisi­eren, kann langfristi­g die Basis für eine effiziente­re Kollaborat­ion schaffen und den gesamten Engineerin­g-Workflow optimieren. ( anm) ■

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Der AR Workspace ist ein Kollaborat­ionsumgebu­ng, um Stakeholde­r zusammenzu­führen.
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3D-CAD-Modelle können in Echtzeit vor Ort bearbeitet werden. Hier mit dem besonders präzisen AR-Eingabeger­ät Stylus XR.

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