Mit Virtual Reality zur Hubtechnik der Zukunft Neue Funktionen für die Anforderungen von Industrie 4.0
Industriekrane und Antriebslösungen von Demag sind für ihre verlässliche Qualität bekannt. Im Rahmen des Forschungsprojektes Optimum werden in der Demag-Forschungsfabrik neue Funktionen für die Industrie 4.0 entwickelt. Ein „digitaler Zwilling“dieser real
Seit 1819, also genau 200 Jahre, entwickelt Demag in Wetter an der Ruhr innovative Lösungen für den industriellen Einsatz. Dabei geht es um höhere Leistungswerte, unbedingte Sicherheit durch Unfallverhütung und die bekannte Zuverlässigkeit im langlebigen Einsatz. Wie lassen sich diese Eigenschaften mit neuen Anforderungen der Industrie 4.0 verbinden, wo Bauteile,
Maschinen und wohl auch Hubanwendungen miteinander kommunizieren? Diese Fragen untersucht ein siebenköpfiges Team der Demag im Rahmen des Forschungsprojektes „OPTimised Industrial IoT and Distributed Control Platform for Manufacturing and Material Handling“, kurz Optimum. Gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung, beschäftigen sich 17 Partner aus sechs Ländern seit September 2017 mit Themen der Industrie 4.0: „Die Forschungsthemen, etwa Kommunikation zwischen Maschinen, Anlagen und Bedienern, hohe Ausfallsicherheit durch eine verteilte Steuerungsplattform, die Lokalisierung von Komponenten in Innenräumen oder die kabellose 5G-Echtzeitkommunikation betreffen auch unsere Hebetechnik“, sagt Giuliano Persico, Manager in der ElektronikEntwicklung von Demag „Weitere Themen sind hohe Sicherheit der Bediener und Datensicherheit.“Das Forschungsprojekt befindet sich in der Umsetzungsphase und läuft noch bis August 2020.
Forschungsfabrik
In der Demag Forschungsfabrik wurde im Rahmen des Optimum-Projekts eine typische, industrielle Montagehalle für die Fertigung von Kettenzügen aufgebaut. „Wir wollten mithilfe von Demag-Standardprodukten etwas montieren und dabei neue Funktionen programmieren und testen, die bisher nur in den Köp fen der Entwickler existieren“, berichtet Marius Breuer, der als Werkstudent seine Bachelorarbeit mit Fragestellungen des Projekts abgeschlossen hat. Zunächst wird ein Demag-Kettenzug mit Platine, Bremse und Elektroabdeckung komplettiert. Im
zweiten Schritt werden zwei Kettenzüge an einem Träger zum Duo verbunden; am dritten Arbeitsplatz zwei Duo-Kettenzüge mit kurzen Trägen zu einem Quadro montiert Die Materialbewegungen übernehmen zwei in Längsrichtung verfahrende Deckenkrane, an deren Querträgern jeweils zwei in Querrichtung steuerbare Kettenzüge angebracht sind.
Planung und Visualisierung
Marius Breuer übernahm die Aufgabe, einen „digitalen Zwilling“der Montagehalle mit der in CAD konstruierten Einrichtung mit taraVRbuilder zu erstellen – der Virtual Reality Software des Projektpartners tarakos. Diese simulationsnahe Visualisierungssoftware wird oft angewendet, wenn Logistik- und Montageprozesse geplant, optimiert und umgesetzt werden müssen. Ein Grund dafür liegt in der einfachen Benutzung: „Das Tool ist auf jeden Fall schneller erlernbar, als viele andere“; sagt Marius Breuer. „Nach zwei Tagen Schulung beherrsche ich mehr Funktionen, als ich für dieses Projekt gebraucht habe.“
Oft dient der CAD-Plan einer Halle als Grundlage für ein 3D-Szenario. Die animierbaren Komponenten, wie Fördermittel, Fahrzeuge, Arbeits- und Montageplätze, Fördergüter oder Lagersysteme entnimmt man den im TaraVRbuilder enthaltenen Objektbibliotheken. Sie lassen sich mit der Maus platzieren und anschließend mit Parametereingaben animieren. Doch die überwiegend kundenspezifischen Komponenten von Demag wurden im 3D-CAD-System Inventor konstruiert und über eine Schnittstelle in den taraVRbuilder importiert: „Damit ich sie als einzelne Objekte verwenden konnte, musste ich viele Bauteile wie Kettenzüge, Rohre und Haken einzeln exportieren“, sagt Marius Breuer. „Die Arbeitsplätze, Förderfahrzeuge und den Tandemkran habe ich zunächst als Stillleben in der inzwischen dreidimensionalen Halle platziert.“
Komplexe Prozesse visualisieren
Bei der anschließenden Animation der Komponenten musste der Projektmitarbeiter manchmal kreative Umwege gehen, um die gewünschten Prozesse zu erreichen. „Für unsere komplexen Interaktionen von Werkern, Fahrzeugen und Kranen reichen die Standard-Parameter nicht immer aus“, berichtet er. „Prinzipiell ist alles möglich“, meint Breuer. „Doch es erfordert eine gewisse Kreativität, komplexe Montageprozesse mit generischen Funktionen detailliert zu beschreiben.“Tarakos nimmt das Feedback der Projektpartner auf, um die Nutzerfreundlichkeit und den Funktionsumfang der Software gezielt auszubauen. Dann kann der virtuelle Gabelstaplerfahrer vielleicht nach dem Warentransport abspringen und Montagetätigkeiten übernehmen. Immerhin gelang mit intelligenten Tricks die vollständige Visualisierung der angedachten Prozesse.
Weitere Fertigung visualisiert
Dass dies auch mit den Standard-Objekten zu schaffen ist, zeigte ein weiteres Projekt bei Demag: Um Prozessverbesserungen bei der Fertigung von Kettenzügen zu verifizieren, erhielt tarakos den Auftrag, weitere Montagevorgänge nur mit Standardkomponenten zu visualisieren. Dabei ging es nicht um Details. Deshalb wurden bis auf ein Getriebegehäuse keine Sondermodelle verwendet und der Gebäudeplan nicht dreidimensional erweitert. „Durch die Visualisierung von Prozessen in Fertigung und mechanischer Bearbeitung wollen wir Engpässe auffinden,“sagt Marius Breuer. „In der Simulation mit dem taraVRbuilder können wir Abläufe ohne Risiko verändern und sehen sofort, welche Ergebnisse dies bringt.“Daher evaluieren sowohl Werksplanung als auch Montage und mechanische Fertigung derzeit eine Anwendung der simulationsnahen Visualisierungslösung.
Signale an die Simulation
In der Forschungsfabrik sollen nun Signale und Daten aus den Prozessen in Echtzeit erfasst und analysiert werden. Wie lange wird das Teil noch bearbeitet? Wo befindet sich der Kran gerade? Wann steht die nächste Wartung an? Antworten auf diese und ähnliche Fragen sind für Automatisierungsvorhaben der Industrie 4.0 unerlässlich. Zuvor müssen jedoch der Bedarf ermittelt, die Signalquellen definiert und die Auswirkungen getestet werden. Dazu dient ein weiteres Produkt von tarakos: Die Software taraVRcontrol dient der 3D-Prozessvisualisierung in der Automatisierungstechnik. Der in taraVRbuilder erstellte „digitale Zwilling“der Forschungsfabrik wird eingelesen und kann unter Berücksichtigung aller bereits definierten Abhängigkeiten nun mit echten Daten aus SPS oder OPC-Servern animiert werden. Die Position der Krane, die Bewegung des Hakens und andere Eigenschaften folgen den Signalen aus der Automatisierungstechnik. „Anhand von Echtzeitdaten können wir damit Situationen visualisieren, die wir in der Realität nicht überprüfen können“, sagt Marius Breuer.
Hubtechnik der Industrie 4.0
Damit kommt man dem Ziel, neue Kranfunktionen zu programmieren und zu testen, einen Schritt näher. So kann eine Maschine ein fertiges Teil genau so rechtzeitig ankündigen, dass der Kran aus einer gegebenen Position pünktlich zur Entnahme anfahren kann. Sicherheitsfunktionen sollen noch sicherer verhindern, dass Krane gegen Werker oder Maschinen fahren. Die Auswertung vieler Betriebsdaten lässt sich für die Vorhersage der optimalen Wartungstermine nutzen. Dabei setzt Demag weiter auf tarakos: „Wir haben einen sehr engen Draht zu einigen Ansprechpartnern, die uns sehr schnell weiterhelfen, wenn wir Unterstützung brauchen“, meint Mario Breuer. „So macht es Spaß, mit der Software zu arbeiten.“( anm) ■