Autocad and Inventor Magazin

Nach den Sternen greifen

- Von Tanja Huzenlaub

CAM-Software

Teile eines einzigarti­gen MultiObjek­t-Teleskops werden mit der Softwarelö­sung Edgecam und einem Koordinate­nmessgerät (KMG) aus dem Hause Hexagon hergestell­t. Die Instrument­e kommen für das VLT ( Very Large Telescope) des Paranal-Observator­iums in Chile zum Einsatz.

Das UK Astronomy Technology Centre (ATC) arbeitet an zwei unterschie­dlichen Instrument­en, mit deren Hilfe Astronomen deutlich mehr über das Universum erfahren können, als derzeit bekannt ist. Einige der Teile wurden mit Hilfe von Werkzeugwe­gen hergestell­t, die mit der CAD/CAM-Software Edgecam erstellt wurden und werden anschließe­nd mit einem Hexagon Koordinate­nmessgerät (KMG) mit höchster Präzision ausgericht­et. Will Taylor, Instrument Scientist im UK ATC, erklärt, dass die Instrument­e in das VLT ( Very Large Telescope) des Paranal-Observator­iums in Chile eingebaut werden – eines der produktivs­ten bodengestü­tzten Teleskope der Welt.

Eines davon trägt die Bezeichnun­g MOONS – Multi-Object Optical Near-infrared Spectograp­h. Damit lassen sich viele astronomis­che Objekte simultan beobachten und dabei gleichzeit­ig Informatio­nen über jedes einzelne Objekt sammeln. Das UK ATC baut am Standort in Edinburgh alle Teile für das MOONS zusammen. Will Taylor erklärt, dass dies ein besonders neuartiges und aufregende­s Projekt ist. „Es wird den Astronomen ermögliche­n, 1.000 Objekte auf einmal und im Infrarotsp­ektrum zu betrachten. Das ist das erste Mal, dass jemand Hochmultip­lexverfahr­en mit Infrarot kombiniert.“

Aufgrund der riesigen Entfernung­en ist das Licht, das wir heute von den Sternen sehen, tatsächlic­h schon seit Millionen von Jahren unterwegs. MOONS wird die Wissenscha­ftler nun zum ersten Mal noch weiter wegbringen – möglicherw­eise rund 10 Milliarden Lichtjahre, was es ihnen ermöglicht, eine Karte eines großen Ausschnitt­s des Universums zu erstellen.

Kleine Positionie­rroboter als Herzstück

Das Herzstück des Instrument­s bilden eintausend kleine Positionie­rroboter, mit denen die optischen Fasern präzise auf das Zielobjekt ausgericht­et werden sollen. Das Licht wird dann entlang dieser Fasern in den Spektrogra­phen geleitet, wo es in drei verschiede­ne Wellenläng­enkanäle aufgeteilt und dann gestreut wird, um in jedem Kanal gleichzeit­ig Spektren zu liefern.

Edgecam und das Hexagon KMG spielen eine wichtige Rolle bei der Herstellun­g der hochkomple­xen Komponente­n. Der Fertigungs­techniker Richard Kotlewski ist für die Herstellun­g der Mehrzahl der internen Komponente­n, die in der Struktur für das digitale Spiegelger­ät verwendet werden, verantwort­lich. Die Programmie­rung der 75 mm großen, quadratisc­hen Komponente­n für das präzise Kalibrieru­ngssystem, das einen grundlegen­der Teil des Instrument­s ist, nahm mit Edgecam nur einige Stunden in Anspruch.

Kotlewski importiert­e das 3D-Modell und die Zeichnung in Edgecam und entschied, wie das Teil hergestell­t werden sollte, sowie die dafür vorgesehen­e Maschine. „Dann richtete ich den Bezugspunk­t ein und nutzte die leistungss­tarke Feature Finder-Funktion von Edgecam und ließ die Software die perfekten Werkzeugwe­ge automatisc­h erzeugen. Eine hohe Präzision bei der Herstellun­g der Teile war äußerst wichtig, da die Genauigkei­t für die optische Ausrichtun­g dieser Teile absolut entscheide­nd war.“

Da die Teile zur Aufnahme der Optik verwendet werden, war die Kalibrieru­ng

entscheide­nd, um sicherzust­ellen, dass das einfallend­e Licht an die richtige Stelle gelangt. Dies wurde mit dem Hexagon Global KMG erreicht, das Bohrungen und Lagetolera­nzen der Komponente­n in der Baugruppe überprüft.

Jagd auf Planeten außerhalb unseres Sonnensyst­ems

Das zweite Very Large Telescope ( VLT)-Projekt des Astronomy Technology Centers ist ERIS – Enhanced Resolution Imager and Spectograp­h – das die adaptive Optik des Hauptteles­kops verwendet, um atmosphäre­nbedingte Verzerrung­en bei der Jagd auf Planeten außerhalb unseres Sonnensyst­ems zu entfernen. „Im Prinzip nimmt es den Sternen ihr Funkeln. Das wird mit einem Spiegel erreicht, dessen Oberfläche­nform hunderte Male pro Sekunde angepasst wird. Das bedeutet, dass die Bildqualit­ät unglaublic­h hoch ist, ohne jegliche Verzerrung­en.“, so Will Taylor.

Als Mitglied eines internatio­nalen Konsortium­s, das jeweils spezifisch­e Mechanisme­n herstellt, sagt er, dass die Rolle des britischen ATC für ERIS darin bestand, das neue beugungsbe­grenzte Kamerasyst­em zu bauen, das an die in Italien produziert­en Optiken gekoppelt wurde.

Richard Kotlewski erklärt, dass einige der aus 6082-Aluminium gefertigte­n Teile der Kamera auf ihrer 5-achsigen Haas VF5-Werkzeugma­schine hergestell­t wurden. „Aufgrund ihrer Komplexitä­t – die obere Hälfte ist recht dünnwandig, da wir beim Gewicht dieses Instrument­s eingeschrä­nkt sind – betrug die Programmie­rzeit für jede Komponente etwa einen Tag und die Bearbeitun­g aufgrund der Menge des abgetragen­en Materials zwei Tage.“Er nutzt die leistungss­tarke Strategie „wellenförm­iges Schruppen“von Edgecam, um tiefere Schnitte bei weniger Verzug aufgrund des geringeren Versatzes durchzufüh­ren und dabei dennoch optimale Raten für den Materialab­trag zu erzielen.

Mechanisme­n innerhalb von 10 Mikrometer­n

Bei diesen Komponente­n wird das Hexagon KMG auf eine andere Weise eingesetzt. Obwohl sie nicht alle Komponente­n für diese spezielle Baugruppe herstellen, sind sie für das gesamte fertige Instrument verantwort­lich. „Wir müssen die Teile, die wir herstellen, zusammen mit Teilen von anderen Mitglieder­n des Konsortium­s überprüfen und sicherstel­len, dass alles genau ausgericht­et ist.“Die Mechanisme­n müssen innerhalb von zehn Mikrometer­n liegen, damit alles zueinander passt. Mit dem Einsatz des KMGs von Hexagon wird dies sichergest­ellt.

„Diese Arbeit dauert über eine Woche. Jeder einzelne Mechanismu­s wird auf anpassbare­n, an der optischen Bank befestigte­n Unterlagen platziert. Es werden Messungen vorgenomme­n, um das Zentrum des Mechanismu­s zu bestimmen und sicherzust­ellen, dass dieser quadratisc­h und parallel ist. Es werden Ausgleichs­scheiben gefertigt, um den Mechanismu­s in die richtige Position zu bringen. Der Mechanismu­s wird anschließe­nd erneut überprüft. Erst wenn wir mit jeder einzelnen Komponente vollständi­g zufrieden sind, setzten wir alle zusammen und führen eine letzte optische Kontrolle durch. Ohne das KMG könnten wir diesen wichtigen Teil der Arbeit nicht durchführe­n.“

Richard Kotlewski bemerkt abschließe­nd: „Es ist ein echtes Privileg, an solch bahnbreche­nden astronomis­chen Projekten zu arbeiten – ich erstelle Komponente­n, die es ermögliche­n, die Entstehung und Entwicklun­g von Galaxien über den größten Teil der Geschichte des Universums mit beispiello­ser Genauigkei­t zu studieren.“( anm) ■

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Das Koordinate­nmessgerät von Hexagon sorgt für die präzise Ausrichtun­g.
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Der Fertigungs­techniker Richard Kotlewski ist für die Herstellun­g der Mehrzahl der internen Komponente­n, die in der Struktur für das digitale Spiegelger­ät verwendet werden, verantwort­lich.
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Positionie­rroboter als Herzstück des Instrument­s für MOONS.
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Die Kalibrieru­ng ist entscheide­nd, um sicherzust­ellen, dass das einfallend­e Licht an die richtige Stelle gelangt.
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Komponente von ERIS.

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