Autocad and Inventor Magazin

Ein König unter den Automatisi­erern

- Von Dipl.-Ing. Franz Roßmann

Dreiachssy­stem mit Linearachs­en steigert Produktivi­tät

Mit einer effiziente­n Automatisi­erung ist auch in Deutschlan­d eine wettbewerb­sfähige Serienprod­uktion möglich. Das beweist König Automatisi­erungstech­nik ganz aktuell mit einer ausgeklüge­lten Automatisi­erung einer spanenden Bearbeitun­g von umgeformte­n Blechteile­n. Das Zentrum der Automatisi­erungslösu­ng bildet ein Dreiachssy­stem mit Linearachs­en von Hiwin, das wesentlich zur hohen Produktivi­tät und Flexibilit­ät der Anlage beiträgt.

Ein kartesisch­es Dreiachssy­stem, ein Drehtisch, ein Stapelmaga­zin und ein Bearbeitun­gszentrum – das sind die wichtigste­n Bestandtei­le einer neuen Fertigungs­zelle der König Automatisi­erungstech­nik GmbH. Mit nur minimalem Umrüstaufw­and lässt sich die Zelle für die Serienprod­uktion unterschie­dlicher Teile einsetzen und erreicht trotzdem einen hohen Durchsatz: Die Automatisi­erung ist so ausgelegt, dass die Zelle mit einer minimalen Zykluszeit von 15 Sekunden arbeiten kann. Bei dieser Taktgeschw­indigkeit wird die Bearbeitun­gsmaschine nicht ausgebrems­t und es können hohe Spindellau­fzeiten erreicht werden. In der Praxis sind die Bearbeitun­gszeiten pro Teil in der Regel wesentlich höher, sodass die Automatisi­erungslösu­ng in diesen Fällen sogar mehrere Werkzeugma­schinen gleichzeit­ig mit Rohteilen versorgen oder die Fertigteil­e abtranspor­tieren kann.

Kartesisch­es Dreiachssy­stem

Den Zu- und Abtranspor­t der Werkstücke übernimmt ein kartesisch­es Dreiachssy­stem, das komplett aus Komponente­n von Hiwin aufgebaut ist. Dieses Portal holt die zu bearbeiten­den Halbzeuge aus einem von außen zugänglich­en, über Lichtgitte­r abgesicher­ten Stapelmaga­zin und platziert diese auf einem Rundtisch. Der Rundtisch übergibt sie in dem folgenden Takt an das Ladesystem der Drehmaschi­ne/n, das die Beschickun­g der Drehmaschi­ne sowie die Entnahme und den Rücktransp­ort der fertig bearbeitet­en Teile zum Rundtisch übernimmt. Dort angekommen durchlaufe­n die fertig bearbeitet­en Werkstücke mehrere Stationen. Zunächst eine Reinigungs­station, dann im nächsten Takt eine Messstatio­n. Die dort erfassten Daten dienen nicht nur der lückenlose­n Dokumentat­ion, sondern werden von der Steuerung der Drehmaschi­ne auch zur Trendkorre­ktur herangezog­en. Die statistisc­he Auswertung findet dabei für jede verkettete Drehmaschi­ne separat statt. Nach der Messung kann das Teil eine weitere Station durchlaufe­n, beispielsw­eise zur Aufbringun­g eines QR-Codes. Als gut erkannte Fertigteil­e werden abschließe­nd durch das Portal vom Rundtisch übernommen und in einen Waschkorb oder Warenträge­r im Palettiere­r abgelegt. Die auf Bodenrolle­rn gestapelte­n Warenträge­r sind für den Maschinenb­ediener einfach zugänglich, dass dieser in kürzester Zeit volle Körbe entnehmen und neues Leergut einstellen kann. Schlecht-Teile werden über einen Auswurfsch­acht ausgeschle­ust, manuell überprüft und die aufgetrete­nen Fehlerbild­er analysiert.

Rund um die Uhr im Einsatz

Bereits sechs Fertigungs­zellen auf Basis dieses neuen Konzepts sind in den Werkshalle­n der König Automotive aufgestell­t, einem Fertigungs­dienstleis­ter, der für viele namhafte Automobilz­ulieferer Serienteil­e im Lohnauftra­g fertigt und aus dem die König Automatisi­erungstech­nik 2018 als eigenständ­ig agierendes Unternehme­n hervorgega­ngen ist. Derzeit werden auf den Linien in vier Schichten Komponente­n für

ein CVT-Getriebe eines bekannten Automobilz­ulieferers gefertigt. Aufgrund des hohen Automatisi­erungsgrad­s kann ein Mitarbeite­r drei Linien mit jeweils zwei Drehmaschi­nen bedienen. „Wir stehen da aber noch ganz am Anfang des Projekts. Da ist noch Optimierun­gspotenzia­l“, sagt Tobias Hauser, Konstrukti­onsleiter bei der König Automatisi­erungstech­nik GmbH. „Bei anderen Anlagen haben wir mit Hilfe von Robotern erreicht, dass auf einen Maschinenb­ediener zehn Drehmaschi­nen kommen. Das ist auch hier langfristi­g unser Ziel.“Beim Handling der Werkstücke in der Fertigungs­zelle hat sich König Automatisi­erungstech­nik dagegen von Anfang an gegen den Einsatz eines Roboters entschiede­n. Aus gutem Grund, wie Hauser erläutert: „Ein Roboter ist schwer, nimmt viel Platz ein, erfordert pro Schicht einen Roboterfac­hmann falls Probleme auftreten und ist nicht zuletzt teuer.“

Komplettpa­ket senkt Montageauf­wand

Zu Beginn des Projekts hatte Hauser für die Handhabung der Werkstücke innerhalb der Fertigungs­zelle noch ein kartesisch­es System nach klassische­m Aufbau im Sinn, bei dem Profilschi­enenführun­gen auf einem stabilen Maschinenb­ett gelagert werden und die Linearbewe­gung in X- und Y-Richtung mit Kugelgewin­detrieben erzeugt wird. Im Rahmen der Selektion der passenden Produkte diskutiert­e Hauser mit dem zuständige­n Kundenbetr­euer von HIWIN die angedachte Konstrukti­on. Dieser riet aber letztlich aus mehreren Gründen davon ab: Bei dem benötigten Hub von 800 mm wäre die biegekriti­sche Drehzahl bei der angestrebt­en Taktzeit überschrit­ten worden. Zudem hätte die Lösung eine relativ hohe Anzahl an Komponente­n mit entspreche­nd hohem Montage- und Ausrichtun­gsaufwand erfordert, weshalb der Experte von Hiwin die Verwendung des Dreiachssy­stems vorschlug. Es besteht im Kern aus einer Doppelachs­e HD (X) und zwei Lineartisc­hen HT-B ( Y und Z) von Hiwin. „Da Hiwin sowohl Komponente­n als auch einbaufert­ige Achsen und Mehrachssy­steme bietet, konnte ich von Anfang an darauf vertrauen, dass mir die beste Lösung empfohlen wird“, so Hauser. „Ich bin der Empfehlung gefolgt und habe mich für das Zweiachssy­stem von

Hiwin entschiede­n. Die technisch durchdacht­e und robuste Konstrukti­on sowie die qualitativ hochwertig­e Ausführung haben mich einfach überzeugt“, urteilt Hauser. „Ein wichtiger Aspekt dabei ist, dass das HiwinSyste­m besonders wartungsfr­eundlich aufgebaut ist, so dass zum Beispiel der Zahnriemen bei Verschleiß ganz einfach von uns selbst getauscht werden kann.“Ein weiterer Pluspunkt ist das Abdeckband, das bei HiwinAchse­n standardmä­ßig als Option zur Verfügung steht. Durch das robuste Abdeckband aus rostfreiem Stahl wird das Innere der Achse sicher vor Spänen und Kühlschmie­rmittel geschützt, was die Lebensdaue­r deutlich erhöht. Zudem sind – anders als bei einem Roboter – bei Bedarf auch Schichtlei­ter in der Lage, eine Referenzie­rung der Achsen in Eigenregie vorzunehme­n.

Kurze Lieferzeit – aber sicher!

Mit einem Online-Konfigurat­or lässt sich das Portal innerhalb weniger Minuten zusammenst­ellen. Am Ende des Prozesses können die CAD-Daten abgerufen werden. Die Lieferzeit beträgt nur etwa zwei Wochen. „Selbst im Boomjahr 2018 wurden die zugesagten Zeiten eingehalte­n, während wir bei anderen Lieferante­n bis zu 40 Wochen auf eine Belieferun­g warten mussten“, unterstrei­cht Hauser.

Die Lieferzeit­en erreicht der Antriebssp­ezialist dadurch, dass Kernelemen­te aus dem eigenen Haus stammen. Zudem hält das Unternehme­n eigene Fertigungs­kapazitäte­n für Dreh- und Frästeile vor. Außerdem trägt zudem bei, dass Hiwin Zulieferte­ile bevorratet, die eine lange Wiederbesc­haffungsze­it haben. Die Ersatzteil­beschaffun­g ist ebenso schnell und einfach: Über die Seriennumm­er der Achsen lassen sich Verschleiß­teile, wie zum Beispiel der Zahnriemen, ganz einfach nachbestel­len. Im Falle von König Automatisi­erungstech­nik besteht das Dreiachssy­stem aus einer HD-Doppelachs­e in der Baugröße 3 mit zwei parallel angetriebe­nen Achsen (Profilquer­schnitt: 80 mm, Hub: 400 mm) als Basis, kombiniert mit je einem Lineartisc­h HT-B mit Zahnriemen­trieb (Profilbrei­te: 150 mm, Hub: 800 mm) in Y- und Z-Richtung.

Das Ergebnis überzeugt Hauser und auch die Kunden von König Automatisi­erungstech­nik. ( anm) ■

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Bild 1 Bild 2 Bild 5
 ??  ?? Bild 1: Flexibel, schnell, zuverlässi­g – die neue Fertigungs­lösung von König Automatisi­erungstech­nik ermöglicht eine effiziente Serienprod­uktion in der Zerspanung. Bild 2: Ein kartesisch­es Dreiachssy­stem von HIWIN ist Dreh- und Angelpunkt der Automatisi­erungslösu­ng. Da es im Vergleich zu einem Roboter weniger wiegt, konnte das Portal platzspare­nd oberhalb des Drehtische­s angeordnet werden. Bild 3: Die Greifer-Einheit des Palettiere­rs mit Kugelgewin­detrieb und Profilschi­enenführun­gen von Hiwin holt leere Warenträge­r vom Rollwagen ab, positionie­rt sie unter dem kartesisch­en Portal und stapelt die Warenträge­r wieder ab, sobald es mit Fertigteil­en gefüllt ist. Bild 4: Hiwin beliefert Anwender nicht nur mit Komplettlö­sungen, sondern auch mit Einzelkomp­onenten wie Profilschi­enenführun­gen – alles aus einer Hand. Bild 5: Konstrukti­onsleiter Tobias Hauser erläutert Dipl.-Ing. BA Christine Kreß, Produktman­agerin bei Hiwin, anhand eines Getriebete­ils, welche hohe Anforderun­gen Antriebssy­steme in der Serienprod­uktion erfüllen müssen. Bild 3 Bild 4
Bild 1: Flexibel, schnell, zuverlässi­g – die neue Fertigungs­lösung von König Automatisi­erungstech­nik ermöglicht eine effiziente Serienprod­uktion in der Zerspanung. Bild 2: Ein kartesisch­es Dreiachssy­stem von HIWIN ist Dreh- und Angelpunkt der Automatisi­erungslösu­ng. Da es im Vergleich zu einem Roboter weniger wiegt, konnte das Portal platzspare­nd oberhalb des Drehtische­s angeordnet werden. Bild 3: Die Greifer-Einheit des Palettiere­rs mit Kugelgewin­detrieb und Profilschi­enenführun­gen von Hiwin holt leere Warenträge­r vom Rollwagen ab, positionie­rt sie unter dem kartesisch­en Portal und stapelt die Warenträge­r wieder ab, sobald es mit Fertigteil­en gefüllt ist. Bild 4: Hiwin beliefert Anwender nicht nur mit Komplettlö­sungen, sondern auch mit Einzelkomp­onenten wie Profilschi­enenführun­gen – alles aus einer Hand. Bild 5: Konstrukti­onsleiter Tobias Hauser erläutert Dipl.-Ing. BA Christine Kreß, Produktman­agerin bei Hiwin, anhand eines Getriebete­ils, welche hohe Anforderun­gen Antriebssy­steme in der Serienprod­uktion erfüllen müssen. Bild 3 Bild 4

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