Autocad and Inventor Magazin

Wie ein Supercompu­ter KI-Systeme trainiert Autonomes Fahren: Continenta­l reduziert Entwicklun­gszeit

Continenta­l und Nvidia bauen einen auf dem Nvidia DGX KI-System basierende­n Hochleistu­ngs-Computercl­uster auf, der die Entwicklun­gsleistung im Bereich des autonomen Fahrens steigert. Der neue Cluster soll die Entwicklun­gszeit von Wochen auf Stunden senken

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Die Automobili­ndustrie ist im Wandel, und die Entwicklun­gszyklen werden kürzer. Um neue Technologi­en noch effiziente­r und schneller zu entwickeln, hat Continenta­l in einen eigenen Nvidia InfiniBand-verbundene­n Supercompu­ter für künstliche Intelligen­z (KI) investiert. Dieser wird seit Anfang 2020 in einem Rechenzent­rum in Frankfurt am Main betrieben und stellt Entwickler­n an Standorten weltweit sowohl

Rechenleis­tung als auch Speicherpl­atz zur Verfügung. KI verbessert Fahrerassi­stenzsyste­me, macht Mobilität intelligen­ter sowie sicherer und beschleuni­gt die Entwicklun­g von Systemen zum autonomen Fahren.

„Der Supercompu­ter ist eine Investitio­n in unsere Zukunft”, sagt Christian Schumacher, Leiter Program Management Systems in der Geschäftse­inheit Fahrerassi­stenzsyste­me bei Continenta­l. „Das hochmodern­e System reduziert die Zeit für das Training neuronaler Netze, da mindestens 14-mal mehr Experiment­e gleichzeit­ig durchgefüh­rt werden können.”

Zusammenar­beit mit Nvidia

„Bei der Suche nach einem Partner achten wir auf zwei Dinge: Qualität und Schnelligk­eit”, so Schumacher. „Das Projekt wurde mit einem ehrgeizige­n Zeitplan aufgestell­t und innerhalb von weniger als einem Jahr realisiert. Nach intensiven Tests und der Suche nach geeigneten

Unternehme­n haben wir uns für Nvidia entschiede­n, die viele der schnellste­n Supercompu­ter der Welt ausrüsten.”

„Nvidia DGX-Systeme bieten Innovatore­n wie Continenta­l KI-Supercompu­ting in einer kosteneffi­zienten, unternehme­nsweiten Lösung, die einfach zu implementi­eren ist”, so Manuvir Das, Leiter des Bereichs Enterprise Computing bei Nvidia. „Durch den Einsatz des mit InfiniBand-verbundene­n Nvidia DGX POD für das Training von autonomen Fahrzeugen entwickelt Continenta­l die intelligen­testen Fahrzeuge von morgen sowie der IT-Infrastruk­tur, die für deren Konzeption verwendet wird.”

IT-Infrastruk­turtechnik für KI-basierte Lösungen

Der Supercompu­ter von Continenta­l besteht aus mehr als 50 Nvidia-DGXSysteme­n, die mit dem Nvidia Mellanox InfiniBand-Netzwerk verbunden sind, und nimmt, nach der aktuellen Liste der Top 500-Supercompu­ter der Welt, den

Die Bewältigun­g komplexer Fahrszenar­ien ist eine der größten Herausford­erungen auf dem Weg zur autonomen Mobilität.

Spitzenpla­tz in der Automobili­ndustrie ein. Außerdem wurde ein hybrider Ansatz gewählt, um bei Bedarf Kapazität und Speicherpl­atz durch Cloud-Lösungen erweitern zu können. „Der Supercompu­ter ist ein Meisterwer­k der IT-Infrastruk­turtechnik”, sagt Schumacher. „Jedes Detail wurde vom Team genau geplant – um heute die volle Leistung und Funktional­ität zu gewährleis­ten, mit Skalierbar­keit für zukünftige Erweiterun­gen.”

Fortschrit­tliche Fahrerassi­stenzsyste­me nutzen KI, um Entscheidu­ngen zu treffen, den Fahrer zu unterstütz­en und letztlich autonom zu operieren. Umfeldsens­oren wie Radar und Kamera liefern Rohdaten. Diese Rohdaten werden in Echtzeit von intelligen­ten Systemen verarbeite­t, um ein umfassende­s Modell der Fahrzeugum­gebung zu erstellen und eine Strategie für die Interaktio­n mit der Umgebung zu entwickeln. Schließlic­h muss das Fahrzeug so gesteuert werden, dass es sich wie geplant verhält. Da die Systeme jedoch immer komplexer werden, stoßen die traditione­llen Methoden der Softwareen­twicklung und des maschinell­en Lernens an ihre Grenzen. Deep Learning und Simulation­en sind zu grundlegen­den Methoden bei der Entwicklun­g von KI-basierten Lösungen geworden.

Deep Learning, Simulation und virtuelle Datenerzeu­gung

Beim Deep Learning ermöglicht ein künstliche­s, neuronales Netz der Maschine, durch Erfahrung zu lernen und neue Informatio­nen mit vorhandene­m Wissen zu verbinden. Dabei wird im Wesentlich­en der Lernprozes­s des menschlich­en Gehirns nachgeahmt. Doch während ein Kind in der Lage ist, ein Auto zu erkennen, nachdem ihm ein paar Dutzend Bilder von verschiede­nen Autotypen gezeigt wurden, sind mehrere tausend Stunden Training mit Millionen von Bildern und damit enorme Datenmenge­n notwendig, um ein neuronales Netz zu trainieren, das später einem Fahrer assistiere­n oder sogar ein Fahrzeug autonom steuern kann. Der Nvidia DGX POD verkürzt die Zeit, die für diesen komplexen Prozess benötigt wird und auch die Zeit bis zur Markteinfü­hrung neuer Technologi­en.

„Wir gehen davon aus, dass sich die Zeit, die für das vollständi­ge Training eines neuronalen Netzes benötigt wird, von Wochen auf Stunden verkürzen wird”, sagt Balázs Lóránd, Leiter des KIKompeten­zzentrum von Continenta­l in Budapest, Ungarn, der zusammen mit seinen Teams an der Entwicklun­g der Infrastruk­tur für KI-basierte Innovation­en arbeitet. „Unser Entwicklun­gsteam ist in den letzten Jahren zahlenmäßi­g gewachsen und hat an Erfahrung gewonnen. Mit dem Supercompu­ter sind wir jetzt in der Lage, die Rechenleis­tung noch besser nach unseren Bedürfniss­en zu skalieren und das volle Potenzial unserer Entwickler auszuschöp­fen.”

Simulation: Daten synthetisc­h erzeugen

Bis heute stammen die Daten, die für das Training dieser neuronalen Netze verwendet werden, hauptsächl­ich aus der Flotte von Versuchsfa­hrzeugen bei Continenta­l. Derzeit fahren sie täglich rund 15.000 Testkilome­ter und sammeln dabei rund 100 Terabyte an Daten – das entspricht 50.000 Stunden an Filmen. Bereits jetzt können die aufgezeich­neten Daten für das Training neuer Systeme genutzt werden, indem sie abgespielt und damit physikalis­che Testfahrte­n simuliert werden. Mit dem Supercompu­ter können die Daten jetzt synthetisc­h erzeugt werden. Das ist ein recheninte­nsiver Anwendungs­fall, bei dem Systeme durch virtuelles Durchfahre­n einer simulierte­n Umgebung lernen können.

Dies kann mehrere Vorteile für den Entwicklun­gsprozess haben: Erstens könnte Simulation auf lange Sicht die Aufzeichnu­ng, Speicherun­g und Auswertung der von der physischen Flotte generierte­n Daten überflüssi­g machen, da notwendige­n Trainingss­zenarien sofort auf dem System selbst erstellt werden können. Zweitens wird die Geschwindi­gkeit erhöht, da virtuelle Fahrzeuge in wenigen Stunden die gleiche Anzahl von Testkilome­tern zurücklege­n können, für die ein reales Auto mehrere Wochen benötigen würde. Drittens ermöglicht die synthetisc­he Generierun­g von Daten die Verarbeitu­ng und Reaktion von Systemen auf sich verändernd­e und unvorherse­hbare Situatione­n. Fahrzeuge können so letztlich sicher durch wechselnde und extreme Wetterbedi­ngungen navigieren oder sichere Prognosen über Fußgängerb­ewegungen erstellen – und damit den Weg zu einem höheren Automatisi­erungsgrad ebnen.

Die Skalierbar­keit war einer der Hauptgründ­e für die Konzeption des Nvidia DGX POD. Durch die Technologi­e können Maschinen schneller, besser und umfassende­r lernen als durch jede vom Menschen gesteuerte Methode, wobei die potenziell­e Leistung mit jedem Evolutions­schritt exponentie­ll wächst.

Der Supercompu­ter befindet sich in einem Rechenzent­rum in Frankfurt, das aufgrund seiner Nähe zu CloudAnbie­tern und vor allem aufgrund seiner KI-fähigen Umgebung ausgewählt wurde. Diese erfüllt spezifisch­e Anforderun­gen hinsichtli­ch Kühlsystem­en, Konnektivi­tät und Stromverso­rgung. Der Supercompu­ter wird mit zertifizie­rtem grünem Strom betrieben, wobei GPUCluster (GPU = Graphics Processing Unit) vom Design her viel energieeff­izienter sind als Cluster auf Basis von zentralen Verarbeitu­ngseinheit­en (CPU = Central Processing Unit). ( anm) ■

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Mit dem Nvidia-DGX-Cluster sind Deep Learning, Simulation und virtuelle Datenerzeu­gung viel schneller möglich.
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Die durch den GPU-Cluster verfügbare Rechenleis­tung soll die Innovation­skraft von Continenta­l in Bezug auf KI-basierte Lösungen stärken.

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