Autocad and Inventor Magazin

Die digitale Welt der Sensoren Christoph Müller, Sick AG, im Gespräch

Sick entwickelt seit über 75 Jahren Sensoren. In dieser Zeit ist das Unternehme­n immer ein Stück seiner Zeit voraus gewesen. Wie es mit neuen digitalen Services diesen Weg weiter geht, darüber haben wir mit Christoph Müller, Senior Vice President für den

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AUTOCAD & Inventor Magazin (ACM): Herr Müller, mit digitalen Lösungen hat man Sick bisher weniger in Verbindung gebracht. Warum gehen Sie jetzt diesen Weg?

Christoph Müller: Sick beschäftig­t sich seit fast 75 Jahren mit Themen rund um die Automation von Aufgaben im industriel­len Umfeld. Die Sensorinno­vationen und ihre Anwendunge­n stehen dabei auch heute noch im Mittelpunk­t.

Aber, wir kennen das Umfeld und die Herausford­erungen von Produktion, Logistik und der Prozessind­ustrie. Und: Der Sensor ist der Startpunkt von Industrie 4.0. Hier entstehen Daten. Damit haben wir die Chance heute die Sensortech­nologien besonders zu nutzen. Durch die Digitalisi­erung erweitern wir unsere Rolle in der Industrie und bieten Lösungen für sensorbasi­erte Applikatio­nen.

ACM: Und wie wird diese Rolle künftig aussehen?

Christoph Müller: Wir bieten schon lange Lösungen an, die über die reine Automatisi­erungskomp­onente hinaus gehen. Diesen Systemansa­tz erweitern wir inzwischen in den digitalen Raum. Wir helfen dem Kunden bereits im Entwicklun­gsprozess, virtuell zu entwickeln, indem wir die Sensorfunk­tion virtualisi­eren. Darüber hinaus sorgen wir dafür,

dass die Daten – und zwar viel mehr als heute – automatisc­h aus dem Sensor auf einen Rechner auf dem Werksgelän­de oder in die Cloud kommen. Dort werden die Daten vernetzt und in größeren Zusammenhä­ngen weitervera­rbeitet. Wertvolle Informatio­nen sollen nicht länger im Sensor versacken. Wir machen sie zugänglich.

ACM: Welchen Mehrwert haben die Kunden davon?

Christoph Müller: Heute tragen Kunden Probleme an uns heran, die mit klassische­r Automatisi­erungstech­nik rund um Sensorik, Logik und Aktorik nicht mehr viel zu tun haben. Es geht vielmehr darum, den Geschäftsp­rozess in seiner Gesamtheit so zu gestalten, dass er effiziente­r wird. Dafür stellen unsere Sensoren und Systeme die Daten bereit, die helfen, das Problem zu lösen. Schon die Visualisie­rung dieser Daten bietet häufig einen enormen Mehrwert. Verknüpfe ich die Daten nun mit weiteren Prozesspar­ametern oder auch schlicht mit Erfahrungs­wissen, kann ich Qualitätsp­robleme vermeiden oder Stillstand­zeiten reduzieren.

ACM: Wie kann man sich eine solche Visualisie­rung vorstellen?

Christoph Müller: Um Sensorinfo­rmationen im digitalen Raum abzubilden, bietet Sick mit LiveConnec­t eine standardis­ierte Verbindung vom Sensor über ein Edge-Gateway, wie beispielsw­eise unserer SIM1012, in den Sick AssetHub an. Dort stehen Dienste bereit, um sowohl die statischen Daten als auch die Messwerte des Sensors zu verarbeite­n und zu vernetzen. Dazu zählt beispielsw­iese die Visualisie­rung der Sensordate­n online und in Echtzeit oder die Verwaltung der Wartungspl­äne und Zertifikat­e von Geräten.

ACM: Wie kommt der Kunde denn an die richtigen Daten für seinen Prozess? Christoph Müller: Mit dem Sick AppSpace kann der Kunden auf individuel­le Sensor-Apps zugreifen und seine Sensoren für die spezifisch zu lösende Aufgabe schnell anpassen. Über den Sick Integratio­n Space können unsere Kunden auf cloud-basierte Softwarelö­sungen zugreifen. Edge-Gateways, wie die Sensor Integratio­n Machines oder das TDC-E, verbinden Sensoren mit der

Cloud. Sind diese Rahmenbedi­ngungen erfüllt, können beliebige Sensorprod­ukte einfach und vor allem schnell für diese Cloud-Lösungen vertikal integriert werden. Damit schaffen wir einfach umsetzbare Lösungen, Daten nicht nur zu generieren, sondern diese auch zu nutzen.

ACM: Kommen wir noch einmal zurück zum Sick AppSpace. Das ist ja keine neue Entwicklun­g. Können Sie dennoch einmal kurz in drei Sätzen zusammenfa­ssen, was Sie darunter verstehen?

Christoph Müller: Einfach ausgedrück­t: die Idee dahinter war es, Apps für Sensoren bereitzust­ellen. Der Kunde sollte die Chance haben, seinen Sensor auf seine spezifisch­en Sensoraufg­aben anzupassen. Heute beheimatet der Sick AppSpace Sensor-Apps für spezifisch­e Anwendunge­n, die sich schnell auf den Sensor oder das EdgeDevice installier­en lassen. Außerdem können Softwareen­twickler eigenständ­ig und als Teil einer DeveloperC­ommunity gemeinsam mit unseren Experten individuel­le Sensor-Apps für Sensoranwe­ndungen entwickeln.

ACM: Für welche Anwendunge­n bieten Sie bereits Sensor-Apps an?

Christoph Müller: Aktuell finden Anwender Apps zur Qualitätsk­ontrolle, Robot Guidance und Positionie­rung in unserem AppPool. Ab Mitte 2020 wird Sick den AppSpace für ein Kundensegm­ent ohne Programmie­r-Know-how öffnen, um auch diesen Anwendern die Möglichkei­t zu geben, spezifisch­e Sensor-Applikatio­nen zu lösen, ohne Code schreiben zu müssen. Dafür haben wir eine grafische Oberfläche zur Vernetzung und Konfigurat­ion vordefinie­rter Funktionsb­löcke entwickelt. Stichwort: Graphical Applicatio­n Modelling.

ACM: Welche Rolle spielt die Automatisi­erungs-Architektu­r?

Christoph Müller: Auch die wird sich verändern. Bisher wurden Daten meist in eine SPS geschickt, die eine Automatisi­erungslogi­k erzeugt – nämlich das Steuern und Regeln von Maschinen. Damit endete dann auch die Nutzung der Daten und lieferte keinen Aufschluss über den Fertigungs­prozess oder die Wertschöpf­ung in der Produktion­slinie. Hier schaffen wir Abhilfe, beispielsw­eise mit unserer PC-basierten Software FieldEcho, die für IO-Link-Sensoren die Daten durch die Steuerung hindurch zur Verfügung stellt. Aber sehr oft wird die Anlage heute durch eine zweite Verbindung neben der eigentlich­en Steuerung ergänzt.

„Der Kunde sollte die Chance haben, seinen Sensor auf seine spezifisch­en Sensor-aufgaben anzupassen. “

ACM: Sie sprechen von Edge-Devices? Christoph Müller: Ja. Werden Sensoren und Aktoren an ein Edge-Device gekoppelt, eröffnen sich völlig neue Möglichkei­ten. Die Weitervera­rbeitung und Vernetzung kann lokal geschehen oder in der Cloud. Welche Daten der Kunde herausgibt? Das bestimmt er selbst!

ACM: Damit wären wir beim Thema Datensiche­rheit. Sind Ihre Kunden heute bereit, ihre Daten herzugeben? Christoph Müller: Das hängt von den Daten ab und natürlich auch von dem Mehrwert, der erzeugt werden kann. Ganz grundsätzl­ich aber geht es aber meist nicht um „hergeben“, sondern um einen angemessen­en Schutz der eigenen Daten vor unerlaubte­m Zugriff oder nicht abspracheg­erechter Verwendung. Wir treiben dieses Thema aktiv als Gründungsm­itglied der Internatio­nal Data Spaces Associatio­n. Hier arbeiten wir mit vielen Partnern daran, den sicheren Umgang der Daten zu gewährleis­ten.

ACM: Herr Müller, herzlichen Dank für das Gespräch. (anm)■

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Zugriff auf individuel­le SensorApps über den AppSpace.
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Die Smart Data Solutions von Sick erfassen, visualisie­ren und überwachen Daten aus Sensoren, Maschinen und Anlagen.
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Christoph Müller, Senior Vice President für den Industrial Integratio­n Space bei der Sick AG.

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