Künstliche Intelligenz in der Produktentwicklung
Experten im Gespräch
Schon längst hat die künstliche Intelligenz (KI) den Weg aus den Forschungslaboren in die Praxis angetreten. Auch in der Produktentwicklung setzt man große Hoffnungen in sie. Die Softwareanbieter reagieren mit entsprechenden Lösungen. Sechs Experten erläutern wie sich KI in der Produktentwicklung und Konstruktion nutzbringend einsetzen lässt und welche Fallstricke zu vermeiden sind.
1 Künstliche Intelligenz bedeutet für mich vor allem das Erstellen von Software-Algorithmen durch maschinelles Lernen (ML). Der Vorteil der künstlichen Intelligenz ist, dass sie in sehr großen Datensätzen schnell bestimmte Muster erkennt. Diese Mustererkennung und die effiziente Behandlung großer Datenmengen bietet eine großartige Gelegenheit, den Mensch zu entlasten, für den diese Aufgaben nur nach langer Erfahrung und unter großem Zeitaufwand zu bewältigen sind.
2 Bei der Entwicklung von Algorithmen für die Fußgängererkennung von autonomen Fahrzeugen ist in der Regel Spezialwissen erforderlich, um zum Beispiel zu bewerten, welche Parameter in einem mehrdimensionalen Datenfeld nötig sind, um ein Radarsignal eines Fußgängers von dem eines anderen Objektes zu unterscheiden. Sind genügend Messdaten vorhanden, kann ein neuronales Netzwerk leicht mit den Inputdaten trainiert werden. Ein erfolgreicher Einsatz solcher Algorithmen findet beispielsweise bei der Fehlererkennung in der industriellen Produktion statt. Es ist hier einfach, Unterscheidungen zwischen guten und schlechten Teilen zu treffen, ohne dass man sich über die genauen physikalischen Parameter, die für diese Unterscheidung notwendig sind, Gedanken machen muss.
3 Die Qualität der Lerndaten ist entscheidend, um einen sicheren Algorithmus zu programmieren. Bei der Erstellung von Lerndaten zur Erkennung von Verkehrsteilnehmern ist es zum Beispiel notwendig, dass diese auch den später verwendeten Sensoren entsprechen. Verwende ich Lerndaten auf Basis einer einfachen RGB Kamera, um Verkehrsteilnehmer zu erkennen, kann ich den dabei entstehenden Algorithmus nur eingeschränkt nutzen, wenn später die im Auto verwendeten Kamerasensoren auch den Infrarotanteil bewerten.
Ein weiterer Knackpunkt ist die Datensammlung. Werden zum Beispiel echte Fehlerbilder oder echte Fahrsituationen benötigt, um diesen Algorithmus zu trainieren, so ist es meist zeitaufwändig und teuer diese Daten zu erzeugen. Es ist dafür ein Prototyp des Fahrzeuges zusammen mit den Sensorprototypen notwendig. Hier bietet es sich an, Lerndaten synthetisch über physikalisch basierte Simulation in der frühen Entwicklungsphase unter dem Einsatz virtueller Prototypen zu erzeugen. Das ermöglicht eine agile und kostengünstige Entwicklung.
In manchen Fällen wie beim oben beschriebenen Fußgängerschutz oder bei der Steuerung von Kraftwerken verbietet sich der Einsatz von realen Messdaten sogar, da diese aus echten Unfällen entstehen müssten. Hier ist der Einsatz von physikalisch basierter Simulation zur Erzeugung synthetischer Daten alternativlos.
1 Mithilfe der künstlichen Intelligenz als einer Schlüsseltechnologie der digitalen Transformation sind wir in der Lage, die Zukunft der Fertigung zu gestalten. Dabei im Fokus: das generative Design., Diese Technologie, eine innovative Ausformung der künstlichen Intelligenz, macht es möglich, dass wir die Rechenleistung der Cloud und die Möglichkeiten des Machine Learnings bei der digitalen Produktentwicklung umfassend nutzen können. Das Resultat: Der Produktlebenszyklus wird beginnend bei der Erstellung eines Entwurfs bis hin zur Fertigung beschleunigt. Damit zahlt das generative Design als Form der KI auf die Effizienz und Innovation verschiedener Prozesse ein. Anschauliche Beispiele: Elevate, das mit generativen Design entwickelte Ultimate Mobility Vehicle-Konzeptfahrzeug, die in Kooperation mit der Briggs Automotive Company entwickelte leichtgewichtige Fahrzeug-Felge sowie der im Jahr 2019 entwickelte AI-Chair als erster von Menschen und künstlicher Intelligenz gemeinsam gefertigte Stuhl.
2 Unternehmen sind bei ihrer digitalen Transformation mit wachsenden Herausforderungen konfrontiert, die zeit -und kosteneffizient gelöst werden sollten. Vor diesem Hintergrund bewährt sich der Einsatz von KI in besonderem Maße. So macht es das generative Design in Fusion 360 möglich, KI-basiert eine Vielzahl von Konstruktions- und Lösungsansätzen zu entwerfen, die nicht nur in Gewichtsreduzierungen der einzelnen Komponenten und einer Leistungsoptimierung resultieren, sondern auch die Aspekte der Bauteilkonsolidierung und der Nachhaltigkeit bedienen. Das Ergebnis: Der Produktentwicklungsprozess wird durch KI vom Entwurf bis hin zur Fertigstellung und der permanenten Qualitätskontrolle auch nach Auslieferung schneller, effizienter und nachhaltiger. Auf sich ständig wandelnde Marktanforderungen und daraus resultierende Anpassungen während des Lebenszyklus eines Produkts kann ebenso reagiert werden, wie auf individuelle Kundenforderungen an ein Produkt, die mithilfe von KI passgenau umsetzbar sind.
3 Für eine reibungslose Transformation eignet sich ein dreischrittiges Vorgehen. Zunächst wird mit dem Ersatz analoger Analysen durch digitale Daten eine Datengrundlage geschaffen. Es folgt die Optimierung hinsichtlich durchgängiger Prozesse, um Insellösungen zu vermeiden. Schließlich folgt die Transformationsphase, die Implementierung innovativer Daten- und Prozessansätze für neue Geschäftsmodelle.
KI-Lösungen sollten als Grundlage für das Implementieren weiterer Technologien wie das generative Design angelegt werden. Zudem sollte ein effektives Datenmanagement mit ihnen einher gehen, wie es beispielsweise durch cloudbasiertes Arbeiten und Bereitstellen von Datensätzen einhergeht. Denn: Die KI ist in ihrer Arbeit immer nur so gut, wie die ihr zur Verfügung stehenden Daten. Weiterhin zentral: eine produktive Zusammenarbeit von Mensch und Maschine.
KI sollte nicht in Konkurrenz zum Konstrukteur stehen. Vielmehr übernimmt sie beispielsweise im Rahmen des generativen Designs die Rechenleistung, über die hunderte von Entwurfsalternativen für ein Produkt entstehen können. Mehr, als ein einzelner Konstrukteur – zumal mit Blick auf die Zeit – entwickeln könnte. Zudem entlastet sie den Konstrukteur von Routineaufgaben, sodass sich dieser der kreativen Ausgestaltung sowie der ästhetischen Gestaltung seiner Ideen widmen kann.
Wissenschaftlich betrachtet, ist künstliche Intelligenz ein eigenständiger Forschungsbereich. Der Hype um das Thema hat in den letzten Jahren jedoch dazu geführt, dass der gesamte Bereich